Die Pferdelords 09 - Die Nachtläufer des Todes. Michael Schenk

Die Pferdelords 09 - Die Nachtläufer des Todes - Michael Schenk


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Pferdevolkes sichtbar waren, erschienen die nachfolgenden zunehmend in einem eintönigen Graubraun.

      Arkarim wandte sich halb im Sattel. „Erster Beritt hinter den zweiten zurückfallen“, befahl er.

      Nedeam nickte. Es war nur gerecht, dass die Reiter abwechselnd den Staub der anderen zu schlucken bekamen. Arkarim kümmerte sich um das Wohl seiner Männer, und das zeichnete einen guten Scharführer aus. Ebenso wie die Tatsache, dass er kein Sonderrecht für sich in Anspruch nahm. Der Scharführer ließ sich ebenfalls zurückfallen, und Nedeam folgte seinem Beispiel.

      Während der vordere Beritt wartete, zog der andere an ihm vorbei. Llaranya, die mit einigen Schwertmännern am Ende der Formation gesprochen hatte, kam an Nedeams Seite, und dieser musste unwillkürlich lächeln. Sie war wie die anderen auch mit Staub gepudert, nur ihr elfischer Umhang, der aus einem besonderen Material gewebt war, strahlte in seinem frischen hellen Blau. Ihre Augen blitzten, während sie die Wasserflasche vom Sattelhorn nahm und sich den Mund ausspülte.

      „Gelegentlich vermisse ich die grünen Wälder meines Volkes“, gestand sie ein. „Dieser Staub ist grässlich. Er kriecht unter die Kleidung und knirscht zwischen den Zähnen.“

      „Wir sind bald in der Nordfeste“, tröstete Arkarim. „Dort werdet Ihr ein erfrischendes Bad nehmen können, Hohe Frau.“

      Nedeam bemerkte bei diesen Worten eine gewisse Wehmut in den Augen des Scharführers und konnte sich den Grund dafür sehr gut denken. Als die Clans des Pferdevolkes noch gegeneinander gekämpft hatten, da war es den Ersten Schwertmännern, im Gegensatz zu den anderen Schwertmännern, gestattet worden, sich mit einem Weib zu verbinden und eine Familie zu gründen. Dies war keine Geste guten Willens der einstigen Pferdefürsten gewesen, sondern hatte einen ganz pragmatischen Hintergrund. Auf diese Weise versicherte sich der Herr einer Mark der bedingungslosen Treue seines Ersten Schwertmannes, denn er hielt dessen Familie als Geisel. Die anderen Schwertmänner hingegen sollten nicht durch sorgenvolle Gedanken an ihre Liebsten abgelenkt werden. Diese Zeiten waren vorbei, doch die Tradition hatte sich gehalten. Während Nedeam als Erster Schwertmann eine Frau haben durfte, war dies den anderen versagt. Wollten sie ein Weib ehelichen, mussten sie den Dienst beim Pferdefürsten aufgeben. Einige der Männer, unter ihnen auch Arkarim, konnten ihre geliebten Frauen daher nur heimlich treffen. Nedeam empfand dies als Ungerechtigkeit und hoffte darauf, dass das Pferdevolk diese alte Sitte bald aufgab. Aber es war schwer, sich gegen die alten Bräuche aufzulehnen. Zu tief waren sie im Bewusstsein der Menschen verankert.

      Llaranya lächelte den Scharführer an. „Danke für Eure Freundlichkeit, guter Herr Arkarim. Ich hoffe doch sehr, dass ein solches Bad uns alle erfrischen wird.“

      Arkarim bemerkte den Blick, den Nedeam ihm zuwarf. „Ich werde einmal nach dem guten Herrn Allruk sehen“, meinte er und zog sein Pferd herum. „Nicht dass er uns so kurz vor dem Ziel doch noch vom Pferd fällt.“

      Nedeam folgte dem Kampfgefährten und Freund mit den Blicken und sah dann seine Elfin an. „Die grünen Wälder“, sagte er nachdenklich. „Vermisst du die Wälder oder die Wesen deines Volkes?“

      Sie legte die Hand über seine. „Sei unbesorgt, Nedeam, du weißt, dass ich dich von Herzen liebe. Ja, manchmal sehne ich mich nach dem Klang der Wälder und nach den Stimmen der elfischen Häuser. Doch mein Herz ist nicht einsam, Nedeam, und wenn ich mich den feinsinnigen Gedanken der Elfen hingeben möchte, so habe ich Lotaras und Leoryn und das elfische Haus in der Hochmark. So klein es auch sein mag“, fügte sie auflachend hinzu.

      „So, so, feinsinnige elfische Gedanken“, brummte er. „Das hört sich so an, als könntest du mit mir keine feinsinnigen Gedanken austauschen.“

      Sie strich über seine Hand. „Du vermagst dein Schwert vortrefflich zu schwingen, doch im Schwingen der Worte bist du weniger gewandt.“

      „Ich bin ein Pferdelord und kein elfischer Philio… Phil…“

      „Philosoph“, half sie aus. „Ich liebe dich dennoch.“

      Sie beugte sich im Sattel zu ihm und ihre Lippen trafen sich, was Nedeam wieder mit der Welt versöhnte. Für eine Weile ritten sie Hand in Hand nebeneinander.

      „Feinsinnige Worte.“ Nedeam seufzte leise. „Mich plagen schwere Gedanken, meine Liebe.“

      Sie drückte seine Hand leicht. „Du trägst große Verantwortung für die Hochmark. Gerade jetzt, da die Herrin der Mark, die Hohe Dame Larwyn, erkrankt ist.“

      „Der Tod ihres Gemahls Garodem, der Verrat und Mordversuch durch ihren Sohn Garwin und dann die Sorge um die Mark …“ Nedeam nickte betrübt. „Das bedrückt sie sehr und zehrt an ihrer Kraft.“

      „Es ist die Eigenheit von euch Menschen, mit der Zeit dahinzugehen und zu verwelken.“

      Er erwiderte ihren Blick. „Ich weiß, was du für unsere Liebe auf dich nimmst.“

      Llaranya lächelte sanft. „Wenn die Zeit einmal gekommen ist, werde ich von jenen Augenblicken zehren, die wir gemeinsam erlebten.“

      Ihre Hand legte sich auf den Umhang über ihrer Brust und Nedeam wusste, dass sie dort jene Kette berührte, die er ihr erst vor Kurzem geschenkt hatte. Die Umhänge der Pferdelords wurden mit dem Symbol des Pferdevolkes verschlossen. Es hatte die Grundform eines Hufeisens und seine Enden zeigten zwei nach außen blickende Pferdeköpfe. Diese Spangen waren gut handtellergroß und bestanden aus reinem Gold. Zwei lederne Schlaufen waren in den Umhängen vernäht, die über die Pferdeköpfe geschoben wurden und den Umhang geschlossen hielten. An Llaranyas Umhang hatte die Spange die Form eines Baumes und verkörperte so ihre Abstammung vom elfischen Haus des Urbaums. Sie hatte die Spange niemals ausgetauscht, und Nedeam konnte das gut verstehen, war es doch eine Erinnerung an ihren Ursprung. So hatte er mit eigener Hand eine goldene Kette mit einem kleineren Symbol des Pferdevolkes für sie angefertigt. Er hatte nicht das handwerkliche Geschick eines Kunstschmiedes, doch es war eine Gabe der Liebe und Llaranya trug sie seitdem über ihrem Herzen. Die Unsterbliche hatte einst lange gezögert, sich ihrer Gefühle zu dem sterblichen Nedeam hinzugeben, denn der Pferdelord würde altern und eines Tages von ihr gehen. Dass sie dies dennoch auf sich nahm, war ein Zeichen ihrer innigen Liebe.

      Immerhin hatte das Schicksal ihnen zur Seite gestanden. Als Nedeam einst mit einem Grauen Magier kämpfte und diesen mit Llaranyas Hilfe bezwang, da hatte das Wesen im Todeskampf einige seiner Fähigkeiten auf den jungen Pferdelord übertragen. Nedeams Wunden heilten nun wesentlich schneller als bei einem gewöhnlichen Menschen, und die Kreatur hatte ihm einen Teil ihrer Langlebigkeit vermacht. Hinzu kam die Fähigkeit, anhand einer magischen Aura die Stimmungen eines Lebewesens zu erkennen. Leider besaß Nedeam nicht das Können, diese Gaben zu kontrollieren, doch für ihn und die Elfin war es ein willkommenes Geschenk, welches ihnen zusätzliche Jahre des Glücks versprach. Obwohl er nun achtunddreißig Jahre zählte, wirkte er körperlich wie ein Dreiundzwanzigjähriger.

      Dennoch war das Thema dem Ersten Schwertmann der Hochmark unangenehm, und er versuchte, das Gespräch wieder in andere Bahnen zu lenken.

      „Immerhin scheinen die Marken nun etwas Ruhe zu finden.“ Er entzog ihr seine Hand und zählte auf. „Die Grenze hier oben im Norden ist nun durch die Nordfeste geschützt. Der Pass von Merdoret im Osten, der durch die Weißen Sümpfe führt, wird von Pferdefürst Bulldemut und seinen Pferdelords bewacht. Ich hörte, dass man gelegentlich Lederschwingen über den Bergen sieht. Feedana und ihre Schwingen werden dazu beitragen, dass die Orks des Schwarzen Lords nicht in die Ostmark einmarschieren. Wenn sie es versuchen, dann werden sie wohl über den Süden vordringen müssen.“

      „Über das Reich von Alnoa“, stimmte Llaranya zu. „Es ist stark und wird sich zu wehren wissen.“

      „Und es steht nicht alleine. Das Pferdevolk wird ihm zu Hilfe eilen, wenn die Zeit gekommen ist.“

      Die Elfin blickte nach Osten, obwohl dort nichts außer der steil aufragenden Felswand des Passes zu sehen war. „Es ist schade, dass der Winterfeldzug gegen Cantarim scheiterte.“

      „Ohne die Ränke des verfluchten Garwin wären wir und die alnoische Gardekavallerie mit großer Macht aufgetreten.


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