Federträger. Yves Holland
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Yves Holland
Federträger
Ein Fantasy-Roman
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Inhaltsverzeichnis
KAPITEL 1 Die Steppe der Freien Reiter
KAPITEL 4 Die Dünen von Kanda‘al / Im Bauch der Erde
FEDERTRÄGER
Coverbild: Anja Klukas; www.anja-klukas.de – herzlichen Dank!
Personen
Fandor Ellson, Findelkind
Prakh von Wolff, oberster Clanführer der Freien Reiter
Ira von Wolff, seine Frau
Thorn, Larsso, Mjörk, seine Söhne
Urso, Stellvertreter von Prakh
Fas, ein Clanführer der Freien Reiter
Pitar, sein Stellvertreter
Olerich von Grünberg, Stadtherr von Grünberg
Malvin und Malvea, seine beiden Zwillingskinder
Brom von Bordur, Erster Wachmann der Stadtgarde
Sadraigh von Bordur, sein Bruder
Der Abt im Kloster El Om
Bruder Pak, Erster Gelehrter im Orden der Bewahrer
Bruder Timme, Erster Kampfmeister
Bruder Rufus
Novize Huson
Vortrak der Uralte, ein Seher
Die Elfenkönigin
Gramlodawik von Arlok, der Schwarze
Patak-Ghira, der weiße Milan
Ordalik, der alte Rabe
Sahuk Ellraun, Weise der Ellisi
Naumar Elfhar, Heilerin der Ellisi
Kilmar Ellwin, Sängerin der Ellisi
Tensik Elflan, Jäger der Ellisi
Usumba von den Usuru, dem Volk der Weber
M’r’welik, Oberbefehlshaber der schwarzen Truppen
KAPITEL 1 Die Steppe der Freien Reiter
Patak-Ghira stieß einen lauten, langgezogenen Schrei aus. Der weiße Milan war sehr zufrieden mit sich. Er hatte seine Aufgabe erfüllt. Lautlos breitete er seine mächtigen Flugschwingen aus und stieß sich elegant vom Boden ab. Die Steppe unter ihm wurde schnell weiter, je höher er sich in den Himmel schraubte. In alle Richtungen breitete sie sich aus, und der Wind, hier oben stärker und wesentlich kälter als noch vor wenigen Sekunden am Boden, zauste an seinem prächtigen Gefieder. Weit im Norden sah Patak-Ghira mit seinen messerscharfen Augen einen einzelnen Reiter auf einem der typischen kleinen, sandbraunen Steppenpferde langsam einen Bach entlangreiten. Der imposante Vogel, weißer als frisch gefallener Schnee, schrie noch einmal ein weithin hörbares „Ghirrr“ aus, als er auf dem Wind dahingleitend in Richtung Norden weite Kreise zog.
Der Reiter, verloren klein in der grün-braunen Steppe, hielt sein Pferd an und suchte den wolkenlosen Himmel ab. Er beschattete seine Augen und drehte sich im Sattel, um den schönen Vogel zu bewundern.
Patak-Ghira bewegte mit einer Lässigkeit, von den Menschen seit jeher bewundert und beneidet, zweimal seine Flügel kraftvoll auf und ab und gewann rasch an Höhe. Der Reiter hatte ihn schon lange aus den Augen verloren, als Patak-Ghira, der ihn noch eine Weile begleitete, endlich abdrehte und die Geschichte ihrem Schicksal überließ.
Aufzeichnungen aus dem Buch der Geschichte von Thorn Jhaerhune von Wolff:
Der Tag, an dem Fandor Ellson gefunden wurde, war der 11. Mars des Jahres 512 von Arloks Herrschaft, und es war ein denkwürdiger Tag. Mein Vater, Prakh von Wolff, Oberster Clanführer der Freien Reiter, ritt durch die östliche Steppe - wie er es immer tat - um zu jagen und zu kundschaften, als er Fandor, oder besser gesagt ein kleines Bündel im Gras, auf einer Anhöhe liegen sah. Niemand sonst war zu sehen, und Fandor lag still da und schaute neugierig meinem Vater entgegen.
Man findet nicht alle Tage ein Neugeborenes im Gras, gebettet in Moos und mit einer kleinen silbernen Flöte an einer silbernen Kette um den winzigen Hals. Aber so war es damals an jenem 11. Mars.
Mein Vater suchte den ganzen Tag in der Steppe nach den Eltern des Kleinen, aber es tauchte niemand auf, und als der Abend sich dämmernd in die Ebene schlich und die Temperaturen empfindlich zurückgingen, da nahm er ihn mit sich, eine seltsame Trophäe für einen Freien Reiter, der es sonst gewohnt ist, Gunas zu jagen und Hasen und anderes Wild.
„Du bist tot!“ – „Bin ich nicht!“ ächzte Fandor kirschrot im Gesicht aus dem Schwitzkasten hervor. Thorn lachte laut. „Doch, das bist du, und zwar schon mindestens dreimal.“
Leicht angesäuert machte sich Fandor mit einem Ruck frei, rollte sich unter Thorn hervor und stand hastig auf. Gesicht und Nacken, eben noch rot vor Luftmangel und Anstrengung, änderten die Farbe eine Nuance ins Dunklere – nunmehr allerdings vor Zorn und Scham. Er ärgerte sich. Niemals würde er es lernen, so wie die anderen Jungen zu kämpfen! Er konnte es einfach nicht. Er war ein Versager. Er würde sich wahrscheinlich eher selbst in einem Kampf töten, als anderen auch nur den Hauch eines Kratzers zuzufügen, und das wussten alle. Voller Unmut zog er die Stirn in tiefe Querfalten.
„Komm schon, Findel, schmoll nicht. Wir üben es eben so lange, bis du es kannst.“ Thorn von Wolff beobachtete seinen Bruder aufmerksam und legte ihm beschwichtigend und aufmunternd die Hand auf die Schulter, doch Fandor schüttelte sie ab. „Nenn mich nicht so, ja?“, brauste er auf.
„Ist ja schon gut. Lass uns den Ausfallschritt nochmal üben, in Ordnung? Dieses Mal hast du es schon viel besser gemacht als vorhin“, schwindelte Thorn, der weiterkämpfen wollte. Flink sprang er auf und schwang das Holzschwert, dass es nur so durch die Luft sirrte. Eine träge dahinsummende Hummel konnte dem ungezielten Hieb gerade noch ausweichen und brummte verärgert, während sie auf der Suche nach dem nächsten Blütenkelch in Schräglage durch die Luft schlingerte. Thorn, dem dies natürlich völlig entgangen war, mähte ungestüm mit seinem Schwert ein Feld von Margeriten ab und