Mauern der Macht. Ralf Häcker
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Ralf Häcker
Mauern der Macht
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Es ist Sommer, Gott sei Dank Sommer. Ich bin froh wieder hier zu sein, auch wenn nichts mehr so ist, wie es früher einmal war. Auf unserer Terrasse atme ich die frische, klare Luft, genieße den Blick in den, mit ein wenig weißem Dunst unterlegten, blauen Himmel. Warmer Wind trägt mir Vogelstimmen zu und es klingt, als wollten sie mir Vertrautes zurückgeben.
Geboren bin ich in Franklinton. Das liegt gut 80 Meilen nördlich von New Orleans, direkt an der Grenze von Louisiana zu Mississippi. Dort ist es meistens warm und feucht. Außerhalb unserer, durch Klimaanlagen gekühlten Häuser nimmt uns die hohe Luftfeuchtigkeit in einen ständigen Schwitzkasten. Hitze und Staub sind stete Begleiter und der Geruch ist von Schweiß geprägt. Wir lieben dieses Gefühl von Weite und Klebrigkeit, von Freiheit und Musik, genauer gesagt, von Blues. Der Blues macht unser Lebensgefühl hörbar, er berauscht und übergibt uns einer angenehmen Melancholie, oftmals untermalt von Whisky. Man trinkt ihn, weil er zu uns gehört und um zu genießen, nicht um zu betäuben.
Fast eine Ewigkeit sehnte ich mich wieder zurück in dieses vertraute zu Hause. Viel zu lange musste ich ihm fernbleiben, aushalten in einer schäbigen Zweizimmerwohnung in einer mir fremden Welt, am äußersten Stadtrand von Moskau.
Ganze fünf Monate, seit Mitte November, war ich von meinem zu Hause weg gewesen, war meiner Heimat so unendlich fern. Damals glaubte ich, mir macht all das nichts aus; die fremden Menschen, die zermürbende Kälte, diese mir unverständliche Sprache. Ich hatte beschlossen, den tiefsten Süden Amerikas zu verlassen, um ihr nahe zu sein. Ihr, Dr. Tatjana Smirnow, 31 Jahre alt, schlank, athletisch gebaut und von auffallender Schönheit. Ihre schwarzen kurz geschnitten Haare wirkten auf ihre dunklen Augen wie abgestimmt und ließen sie beinahe ein wenig frech erscheinen.