Die Dämonen. Roland Enders

Die Dämonen - Roland Enders


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auf Bredos statt, der aber vereitelt werden kann. Der ‚besorgte’ Gadennyn lädt daraufhin einige der Lords zu einer geheimen Versammlung ein und berichtet ihnen, was Pratts Geheimdienst angeblich über den Rabenbund herausgefunden hat. Er schlägt vor, schon jetzt einen Nachfolger für Bredos, der keinen leiblichen Erben hat, zu wählen, falls dieser einem Anschlag zum Opfer fallen sollte, damit der Rabenbund im darauf folgenden Chaos nicht die Macht übernehmen könne. Er selbst stehe für die Königswürde aber nicht zur Verfügung. Die Fürsten misstrauen sich gegenseitig so sehr, dass sie dennoch Gadennyn gegen dessen vorgeblichen Widerstand zum Thronfolger wählen.

      Natürlich kommt es so, wie es Gadennyn und Pratt eingefädelt haben: Pratt setzt einen Attentäter auf Bredos an, und dieser hat Erfolg. Die fingierten Beweise deuten auf einige der Fürsten des Hauses der Lords hin: die, welche Gadennyn nicht zum Geheimtreffen eingeladen hatte. Sie werden verhaftet und hingerichtet. Die übrigen Lords krönen Gadennyn zum König. Der schmiedet jetzt an seinem Plan, die nördlichen Länder des alten Königreichs zu erobern, aber ihm fehlt die äußere Bedrohung, um eine Armee zu rekrutieren. So begnügt er sich vorläufig damit, die Grenzkräfte zu verstärken und eine Bürgerwehr gegen die angeblichen Anhänger des Rabenbundes zu gründen.

      Gother erreicht nach seiner Flucht die Hauptstadt und berichtet dem König von der erfolgreichen Beseitigung seines Widersachers Nunoc Baryth. Gadennyn ist erfreut, aber auch beunruhigt. Er hat das nagende Gefühl, mit Traigar, Duna und den Schwarzen Kämpfern, die er alle noch im Kloster des Ordens in Vulcor hoch im Norden vermutet, könnten ihm neue, gefährliche Gegner erwachsen. Er benutzt wieder die Macht der Gestaltswandlung, mit der er schon einmal eine dämonische Kreatur erschaffen hat, angeblich vom Schwarzen Abt entsandt, um ihn zu töten. Jetzt verwandelt er Raubtiere einer Menagerie in Bestien und setzt sie auf Traigar, Duna und die Schwarzen Kämpfer an.

      Der Winter ist hereingebrochen. Das Schwarze Heer wächst und wächst und zieht weiter nach Süden. Eine der Bestien erreicht es, doch Traigar tötet sie. Er kann seine magische Kraft, die früher unkontrolliert ausbrach und die er kaum seinem Willen unterwerfen konnte, jetzt besser beherrschen, seit er meditiert und in der Transzendenz die Leere gefunden hat, einen Ort jenseits von Raum und Zeit, in der er direkten Zugriff auf die magische Macht hat.

      Gormen Helath, Spin, Boc und Cora ziehen unterdessen auf der Suche nach Zpixs durch die Ostlande und durchqueren dabei das Land der ‚Drachen’, Riesenreptilien, die Sauriern gleichen. Eine Begegnung mit einem Königsdrachen endet beinahe mit ihrem Tod. Dank Gormen Helaths magischer Fähigkeiten überleben sie die Episode.

      Gadennyn hat inzwischen von der Schwarzen Armee erfahren, die nach Süden Richtung Koridrea zieht. Diese Bedrohung spielt ihm in die Karten: Er kann nun – unterstützt vom Haus der Lords und von der Bevölkerung –ein eigenes Heer aufstellen. Dank der Ressourcen des Landes wird es ein viel größeres und schlagkräftigeres sein, mit gut ausgebildeten und bewaffneten Soldaten. Es plant, Traigars Armee zu vernichten und dann die anderen Länder des ehemaligen Königsreichs zu erobern.

      In der Hauptstadt findet das Winterturnier statt, an dem auch Gother teilnimmt. Er siegt Runde um Runde und steht am Ende schließlich einem jungen Kämpfer namens Orec gegenüber. Orec trägt einen tiefen Hass auf Adlige und Ritter in sich, da er in der Burg eines Ritters Jahre im Verließ verbrachte, zu Unrecht angeklagt und bestraft, weil er sich den Zorn des Sohnes und der Töchter des Burgherrn zugezogen hatte. Orec zieht seitdem als Turnierkämpfer durch die Lande und tötet in seinen Duellen die Blaublütigen und die Ritter. Gother ist zwar kein Ritter, aber der Vasall des Königs, und deshalb tötet er ihn ebenfalls ‚unbeabsichtigt’ in einem fairen Zweikampf, wie es scheint. Gadennyn lässt ihn festnehmen und verwandelt ihn ebenfalls in eine seiner Kreaturen, die er auf Traigar ansetzt. Er verleiht ihm aber noch eine besondere Fähigkeit, die der magischen Kraft des jungen Magiers widerstehen kann.

      Buch 2: ‚Die neue Macht’ endet damit, dass der König Orec ausschickt, um Traigar zu töten.

      Im Land der Xinghi

      Der Ort der ewigen Verdammnis konnte kaum schlimmer sein als der Dschungel: eine düstere, modrige und feuchte Welt. Armdicke Schlingpflanzen hingen von den Bäumen herab und wanden sich wie Schlangen über den Boden, mannshohe Wurzeln und dichtes Unterholz machten ihn fast undurchdringlich. Die einzige Möglichkeit, den Urwald mit den Pferden zu durchqueren, boten Wildwechsel, manche von ihnen breit wie Karrenwege. Sie zogen sich kreuz und quer durch den Wald, ein Netz natürlicher Straßen. Es schien, als hätten Riesen die Pflanzen in diesen Schneisen niedergetrampelt, die Äste bis in zwölf Fuß Höhe abgebrochen, das Laub bis hinauf zur doppelten Mannshöhe abgeerntet und die Rinde von den angrenzenden Stämmen geschält. Bald begegneten sie ihnen: seltsamen und Respekt einflößenden Tieren, die die breiten Wildpfade ausgetreten hatten. Die Geschöpfe erreichten fast die Höhe einiger der Pflanzenfresser im Drachenland, besaßen lange, schlauchartige Nasen, riesige Stoßzähne, die wie nach oben gekrümmte Hauer hervorragten, Ohren, so groß wie das Fell einer Basstrommel und haarlose, dicke, graue Schwarten. Gormen hatte solche Tiere einmal in einem illustrierten Buch gesehen. Sie würden Alafanten genannt und hätten ihren Lebensraum in den Südlanden, hieß es da. Die vier Reiter trafen einmal auf eine Herde von dreizehn Tieren – Jungtiere, Kälber und ihre Mütter – und ein anderes Mal auf einen gewaltigen Einzelgänger, der sie wütend anstarrte, einen trompetenartigen Ruf ausstieß und mit den fächerartigen Ohren wedelte. Beide Male verdrückten sie sich schnell durch schmale Seitenpfade oder brachen sich einen Weg ins Unterholz, um den dickhäutigen Alafanten den Weg freizumachen.

      Cora fragte sich, ob es eine gute Idee sei, die Pfade der großen Tiere zu benutzen. Was wäre, wenn die Reiter ihnen einmal nicht rechtzeitig ausweichen könnten? Dann würden sie wohl überrannt und in den aufgeweichten Boden gestampft werden! Aber es gab offenbar keine andere Möglichkeit, durch den dichten Urwald nach Südwesten voranzukommen. Wie konnte sich Spin überhaupt so sicher über die Richtung sein? Das dichte Blätterdach verbarg das Firmament. Weder der Sonnenstand am Tag noch die Sternzeichen in der Nacht konnten ihm als Anhaltspunkte zur Bestimmung der Himmelsrichtung dienen. Aber der Waldläufer führte sie unbeirrt durch das Labyrinth der Wildwechsel.

      Den großen Strom, der die Ostlande von Süden nach Norden durchquert und dabei weiter nördlich über die Klippe in die Große Kluft stürzt, hatten sie weit hinter sich gelassen, aber den Weg, auf dem sie auf der Hinreise gekommen waren und der durch den lichteren Wald führte, in dem das inzwischen wohl verlassene Dorf der Ostlingsfrauen um Horlu stand, fanden sie nicht, und so schlug Spin vor, nach Südwesten zu reiten, wo sie durch das Land der Xinghi kommen mussten.

      Nun schlugen sie sich seit Tagen durch diesen Urwald, den sie zu hassen gelernt hatten. Auch in dieser Region herrschte noch der Winter. Das Wetter zeigte sich jedoch viel milder als westlich der Berge oder im hohen Norden. Die Temperaturen glichen denen in Koridrea im Herbst. Es fiel kein Schnee, aber es regnete unablässig. Der kalte Regen durchnässte ihre Kleidung. Eine dicke, feuchte Nebelschicht lag auf der Erde, begrenzte ihre Sicht auf zehn bis zwanzig Schritte, manchmal weniger, und die hohe Feuchtigkeit der Luft machte das Atmen schwer. Boc hatte sich einen Schnupfen geholt und fing jetzt auch noch an zu husten. Er hatte ein wenig Fieber. Cora kochte ihm dreimal täglich einen heißen, gräßlich schmeckenden Sud aus getrockneten Heilpflanzen, die sie in ihrer umfangreichen Apotheke bei sich führte.

      Die dicht belaubten Baumkronen schützten sie zwar vor den Wolkenbrüchen, aber das stetige Rieseln von oben, das von dem im Laubdach gesammelten Nass stammte, fühlte sich viel unangenehmer an als ein kurzer, frischer Regenguss. Nicht nur Wassertropfen fielen auf sie herab, auch Zecken, die sich im stetigen Tröpfeln geschickt verbargen. Die Menschen suchten ihre Körper und die ihrer Reittiere mehrmals täglich nach den Plagegeistern ab. Cora hatte sie schon an den unmöglichsten Stellen entdeckt. Sie fragte sich, wie die ekelhaften Tiere immer einen Weg durch ihre dicke Kleidung fanden. Wenigstens gab es um diese Jahreszeit keine Stechmücken. Mit denen hatten sie ja auf der Hinreise zu kämpfen gehabt, als sie einen anderen Dschungel – (oder war es derselbe an einer anderen Stelle gewesen?) – durchquert hatten.

      Heute lagerten sie in einer kleinen Lichtung, die Mensch und Tier gerade genug Platz zum Ausruhen bot. Müde und abgespannt saßen sie um das dampfende und


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