GEN CRASH. Peter Schmidt
Kopf machten nicht den Eindruck, als wenn er mit sich handeln ließe. Handeln kann man nur mit jüngeren Verkäufern, am ehesten mit denen, die manchmal zur besten Geschäftszeit ihren Laden abschließen und auf einen Sprung hinüber ins Rotlichtviertel gehen, um sich eine Live-Show anzusehen.
"Zweihundertfünfzig – wir gehen auf keinen Fall höher als zweihundertfünfzig", versuchte er mich zu beruhigen. "Für einen alten Spittelmann ist das ein Spottpreis."
"Spittelmann? Nie gehört den Namen."
"Spittelmann ist im Kommen."
"Also gut, packen Sie's ein", murmelte ich gedankenverloren.
"Bitte?" Er blieb stehen, den Türgriff in der Hand und äugte zum mir herüber, als sei ich nicht ganz bei Trost.
"Hab nur geübt."
"Na gut, Konzentration jetzt …"
Er drückte die Tür auf, und irgendwo tief drinnen in den Spinnweben bimmelte die obligatorische Klingel für alte Leute. Jeder faire Geschäftsmann mit Sinn für zeitgemäße Ladenausstattung hätte sich längst eine elektronische Türglocke zugelegt. Ich will nicht knickrig erscheinen, aber diese alten Leutchen hängen an ihren Habseligkeiten wie die Insassen eines Altersheims. Er würde fünfhundert verlangen und nach vielem Hin und Her auf vierhundert heruntergehen, das spürte ich, so wahr mir Gott helfe.
"Also bitte, Adrian …"
Seine Stimme klang noch ungeduldiger als die Margrits, wenn ich nach Feierabend in meinem Arbeitszimmer Zeitungsausschnitte sortierte. Ich folgte Beil zögernd zur Stätte der Hinrichtung. Es war eine Ladenkasse aus purem Messing, metallgewordenes Ornament. Die elfenbeingefassten Tasten sahen wie kleine Folterwerkzeuge aus. Obenauf lag ein Stapel unbezahlter Rechnungen. Ich nahm an, dass sie unbezahlt waren. Mag sein, dass ich meinen geizigen Tag hatte oder dass ich fürchtete, ausgeraubt zu werden. Vielleicht war alles nur eine fixe Idee. Aber irgendwie lag der Geruch von Nepp und Kommerz in der Luft.
"Addi – was ist los mit dir?"
Er stieß mich an. Es war, als wenn ich aus meiner Trance erwachte.
Sie hatten das Bild gemeinsam aus dem Fenster geholt (eine manuelle Meisterleistung), und Bormann hielt es jetzt in den gewölbten Händen wie einen kostbaren Schatz. Er hatte eine Stange mit Drahtzug und Zange benutzt, während Beil ihm sekundierte, indem er mit der Linken den Glasturm voller Tablettendöschen und mit der Rechten eine abgeschlagene Schaufensterpuppe hielt. Die Puppe war aus gestrichenem Gips und trug den Kopf Kaiser Wilhelms II., sein Helm dagegen schien von einem deutschen Wachtmeister der Jahrhundertwende zu stammen.
"Ein echter Spittelmann", sagte der Alte. "Eitempera auf Holz. Sie können sicher sein, dass es noch in vierhundert Jahren …"
"Hm, ja. Wie viel?"
"Vierhundert."
"Nein, ich meine den Preis."
"Das ist der Preis, mein Herr."
Beil zwinkerte mir aufgekratzt zu, seine Wangen leuchteten wie nach dem Genus von zuviel Glühwein. Er war das glücklichste Geburtstagskind in der Stadt, und dort gibt es weiß Gott noch ein paar andere Glückliche.
"Zweihundert. Das ist mein äußerstes Angebot."
"Also gut, zweihundert." Er sah mich aus seinen treuen, leicht wässrigen Altmänneraugen an. Sein Lächeln war so unmerklich, dass man es auch als gute Laune deuten konnte. Ich biss mir auf die Unterlippe. Ich war ihm leichter in die Falle gegangen als ein blutiger Anfänger, und dabei hatte ich das unangenehme Gefühl, dass mich auch seine winzigen Leberflecken und Sommersprossen um die Augen arglos anlächelten.
"Also gut, packen Sie's ein."
"Ein echter Spittelmann. Sie werden's nicht bereuen."
"Ich weiß, Spittelmann ist im Kommen."
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