Die Chroniken von Eskandria. Marcel Kircher
Mann mit Halbglatze, weißem Hemd und schwarzem Wams trat an den Verkaufstresen.
„Einen recht schönen Tag die Herrschaften. Womit kann ich dienen?“, grüßte er uns. „Vielleicht ein schickes Breitschwert für den bärtigen Soldaten? Oder einen Dolch aus dordischen Stahl für den anderen Herrn dieser Runde? Und für die Dame ein schickes mit Edelsteinen besetztes Messer aus dem Stahl gefertigt, der in den Mienen von Camadouran gewonnen wird?“
„Nein Danke“, antwortete Rodge. „Wir …“
„Meine Preise sind die besten im gesamten Umkreis. Nirgendwo werden die Herrschaften besser verarbeitete Waffen zu diesen unschlagbaren Preisen finden“, unterbrach ihn der Besitzer des Geschäfts. „Und für Neukunden gibt es besonders gute Preisnachlässe.“
„Vielen Dank, der Herr“, wandte ich ein. „Wir haben ein anderes Anliegen bei dem Ihr uns vielleicht behilflich sein könnt.“
„Und das wäre?“ Die Neugier des Besitzers war geweckt.
„Galluria ist doch bekannt als Stadt der Drachentöter“, erklärte ich. „Und wie es sich ja herumgesprochen hat, ist das Bündnis von Drachen und Menschen erneuert worden. Nun läuft seit einigen Tagen der graue Drache, der das Schloss auf den Hügeln bewacht gewissermaßen Amok. Ich, beziehungsweise wir möchten nun dem Drachen entgegentreten. Könnt Ihr uns da behilflich sein?“
Die freundliche Miene des Besitzers veränderte sich. Sie wurde nachdenklich. „Seit Jahrhunderten, mit dem Ende der letzten Drachentöter haben wir die Herstellung von diesen Waffen und Rüstungen eingestellt. Sie sind sehr teuer und es rentiert sich nicht sie in diesen Tagen herzustellen. Jedoch …“ Er nahm eine Pause zum Nachdenken. „Jedoch müsste ich mal in den Unterlagen etwas nachsehen. Kleinen Moment.“
Der Mann verschwand in den hinteren Geschäftsräumen. Angespannt warteten wir auf seine Rückkehr. Nach einer gefühlten Ewigkeit kehrte der Besitzer zurück. In seinen Händen ein sehr vergilbtes Stück Pergament.
„Dachte ich es mir doch“, meinte er freudestrahlend und legte das Schriftstück auf den Tresen. „Mein Ururgroßvater verkaufte vor 300 Jahren die letzte Drachentöter Rüstung. Und zwar an einen Sir Alphor.“
„300 Jahren?“, entfuhr es Tamina. „Gibt es denn irgendwas, was ihn hätte ein längeres Leben führen lassen oder zumindest Erben?“
„Längeres Leben? Ihr beliebt zu scherzen, junge Dame“, erwiderte der Besitzer lachend. „Aber ich kann Euch sagen, wo sich die Ausrüstung befindet?“
„Wenn die sich hier im Laden befindet, fresse ich einen Besen“, murmelte ich kaum hörbar. „Und wo befindet sich die Ausrüstung, werter Herr?“
„Eine sehr gute Frage und eine sehr einfache Antwort.“ Der Besitzer lächelte. „Auf dem städtischen Friedhof. Es ist ein Heldengrab. Das einzige Heldengrab des Totenackers.“
„Das sollte wohl zu finden sein“, entgegnete ich höflich. „Wir danken Euch für Eure Zeit und die sehr hilfreiche Auskunft. Und wenn es uns wieder nach Galluria verschlagen sollte, werden wir Euer Angebot sehr gerne annehmen.“
„Stets zu Diensten. Viel Erfolg bei euren Bemühungen die Drachenangriffe aufzuhalten.“
Wir verließen das Ladenlokal und sammelten uns vor dem Hof. Neugierig blickten Tamina und ich auf Rodge.
„Nun, schlauer Anführer? Was tun wir nun?“, fragte ich.
Rodge lächelte. „Anführer? Das ehrt mich. Ich würde vorschlagen, dass wir uns Werkzeug in Form von Spaten und einem Brecheisen besorgen und heute Nacht diesem Sir Alphor einen Besuch abstatten und ihn von seiner sinnlosen Grabesbeigabe befreien.“
Ich schluckte. „Ist ja ganz toll. Um einen irre gewordenen Drachen zu besänftigen, betreten wir mitten in der Nacht einen Friedhof und öffnen auch noch ein Grab. Das wäre ein cooler Stoff für einen Gruselfilm.“
„Angst, Drachenprinz?“, fragte Rodge.
„Angst nicht. Eher Respekt“, entgegnete ich. „Schließlich sind ja alle richtig tot und die Wiedergänger sind ja auch ausgerottet.“
„Von diesen Punkten hast du keine Gefahr zu erwarten“, meinte Tamina zuversichtlich.
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