Licht und Schatten. Jutta Hinzmann

Licht und Schatten - Jutta Hinzmann


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Kuss. „Und du Jens, freust du dich nicht?“ „ Doch Schwiegerpapa, bestimmt. Aber so viele Überraschungen, die muss ich erst einmal verdauen. Aber bis morgenfrüh denke ich, habe ich es kapiert.“ Johanna hat plötzlich keine Ruhe mehr. „Oh Mama, da muss ich jetzt Koffer packen und was viel wichtiger ist. Ich muss meiner besten Freundin absagen. Wir hatten vor, in den nächsten Tagen nach Schwerin ins Kaffee zu gehen. Nun schaut nicht so. Ist schließlich meine Freundin und unter Frauen, da will man halt allein reden. Mama! Sag doch was. Stimmt, oder?“ „ Ja ja mein Kind, du hast recht. Nun geh schon.“ Völlig aufgelöst verschwindet Johanna nach oben. Jens nimmt die Sache gelassen. „ Da kann ich wohl meine Frau für heut vergessen. Sag an Papa, hast du Lust mit mir eine Runde auf dem See zu drehen?“ Vater Bernd überlegt nicht lang. „ Warum nicht, bis Mittag hat es noch Zeit, na dann komm. Mutter? Geht das in Ordnung?“ Mutter Ingrid lächelt. „ Haut schon ab. Ich werde inzwischen die Reste von gestern aufwärmen. Aber Nachmittag unternehmen wir zusammen etwas. Schließlich verreisen unsere Kinder für 14 Tage.“ „Oh mein Gott, was sind schon 14 Tage. Die werden wir in trauter Gemeinsamkeit genießen.“

      Für Johanna will die Nacht kein Ende nehmen. Ihr Mann schläft sorglos. Heut würden sie auf Hochzeitsreise gehen. Ohne die Eltern wären sie die 14 Tage Urlaub zu Haus geblieben. Leise entschlüpft sie dem ehelichen Bett. Liebevoll schaut sie zu Jens. Der aber schläft. Johanna kann nicht mehr schlafen. Das Reisefieber hat sie gepackt. Vorsichtig, auf leisen Sohlen geht sie zum Fenster. Die Sonne lacht und die Vögel zwitschern ihr Morgenlied. Behutsam öffnet sie das Fenster. „Ach tut das gut“, tief atmet sie die frische Luft ein. Im Hof sieht sie den Trabant stehen. Jetzt ist es ihr Auto. Die Eltern sind einfach klasse denkt sie. Plötzlich steht Jens hinter ihr. „ Hallo mein Engel, du kannst wohl nicht mehr schlafen?“ Johanna dreht sich um, funkelt ihn an und sagt einfach nur, „Nee!“ „Dann wollen mir mal einpacken, frühstücken und ab geht es in den Urlaub, mein Engel“ Johanna liebt ihren Jens über alles. Er hat Verständnis und nichts bringt ihn aus der Ruhe. Seiner Frau liest er förmlich jeden Wunsch von den Augen ab. Johanna sieht in eine glückliche Zukunft. „Lasst es euch gut gehen, passt auf euch auf. Bis dann.“ Die Eltern winken ihren Kindern zum Abschied. Mit einer Träne im Auge hakt sich Mutter Ingrid bei ihrem Mann ein und sie gehen ins Haus zurück.

      Das Ostseebad Boltenhagen ist ein beliebtes Ausflugziel der Ostdeutschen, stets gut besucht und einfach schön. Das junge Paar ist nach zwei Stunden Autofahrt am Ziel. Schnell und unkompliziert finden sie das Quartier. Im Ferienheim werden sie ohne viel Federlesen eingewiesen. Dann sind beide doch überrascht. Irgendjemand hat geplaudert. Auf ihrem Zimmer steht ein Strauß Rosen und eine Glückwunschkarte vom FDGB- Ferienheim zur Hochzeit. „Deine Eltern haben und wirklich lieb, diese vielen unerwarteten Überraschungen“, zärtlich küsst Jens seine Frau. In Eile werden die Koffer abgestellt und das Badezeug eingepackt und ab geht es zum Strand. „ Oh wie herrlich! 14 Tage lang nur sonnen, ins Wasser gehen, faul sein. Man Jens ich bin überwältigt.“ Johanna streckt sich auf dem Badetuch aus und lässt sich von der Sonne verwöhnen. Weit kann man auf das Meer hinausschauen. Jens setzt sich neben seine Frau, zieht die Knie an und schaut aufs Meer. Lang beobachtet er das Treiben auf dem Wasser. „ Du Johanna, wenn wir wollten könnten wir hier über das Meer abhauen.“ Erschrocken über die Worte ihres Mannes sitzt sie in Sekunden neben ihm. „Wie, was, was hast du gesagt????“ Entsetzt über das eben gehörte, starrt Johanna ihren Liebsten ungläubig an. „ Das meinst du nicht ernst, oder doch?“ Jens muss über das entsetzte Gesicht seiner Ehefrau herzlich lachen. „ Oh Gott, so habe ich das nicht gemeint. War nur ein Scherz. Ich lass dich nicht allein und setzte dich auch keiner Gefahr aus, ich schwöre!“ Johanna entspannt sich wieder. Sie hat noch nie über Republikflucht nachgedacht. Ihr geht es gut hier und sie hat alles, was sie sich wünscht. „ Mach das nie wieder, hörst du. Damit soll man nicht scherzen.“ Jens beruhigt seine Frau und legt sich zu ihr auf die Decke. Nun tut es ihm leid, dass er seine Frau so in Angst versetzt hat. Jens und Johanna fahren nach Wismar, für beide bis dahin eine unbekannte Stadt. Andere Tage wandern sie die Küste entlang, soweit sie dürfen. Gehen ins Kino, schlecken jeden Tag. Und doch vergeht die Zeit wie im Flug. Lieben sich jede Nacht und Johanna wird schwanger. Schneller als gedacht sind beide wieder daheim. Mama Ingrid ist unendlich glücklich, ihre Tochter wieder in die Arme zu schließen. „Und wie war es? Habt ihr schöne Tage verbracht, da oben an der Ostsee?“ Johanna kommt nicht mehr dazu, auf die Frage der Mutter zu antworten, ihr ist plötzlich fürchterlich schlecht. Sie hat nur ein Ziel, die Toilette. Mama Ingried schmunzelt nur.

      Karl

      „Pressen, pressen, ja so ist gut und noch einmal tief Luft holen! Sie haben es gleich geschafft, ich sehe schon das Köpfchen So nun noch einmal anstrengen und pressen. Ja so ist richtig. Da ist ja das Baby. Wunderbar Frau Haiser. Haben sie gut gemacht. Einen Moment bitte, ich schaue mal eben. Sie haben einen kleinen Jungen.“ Johanna sinkt erschöpft ins Kissen zurück. Die Tränen laufen und Johanna findet die Bremse nicht. „ Es ist alles in Ordnung Frau Haiser. Sie müssen nicht weinen.“ Der Doktor lächelt die junge Mutter an. „ Ich weine vor Freude Herr Doktor. Ist mein Kind gesund?“ „Nun mal nicht so schnell mit den Pferden! Eins nach dem anderen. Die Schwester wiegt jetzt den Kleinen und ich muss ihn abhorchen. Danach wird er gewaschen, gewickelt und dann bekommen sie ihren Sohn. Wie soll er denn heißen? Haben sie einen Namen?“Johanna will aufstehen, doch ermattet fällt sie ins Kissen zurück. „ Meine liebe Frau, sie haben gerade entbunden, also liegen bleiben. Meine Frage können sie liegend ebenso gut beantworten. „ Karl, Karl soll er heißen.“ „ Gut, ist doch ein richtiger deutscher Name. Schön Frau Haiser.“ Kurz darauf erscheint eine Krankenschwester mit einem schreienden Säugling. „So Frau Haiser, ist ein Prachtkerl ihr Karl. Er bringt fast 4000gr auf die Waage und misst 53cm. Für ihre Größe, oder für sie kleinen Zwerg ist das hier eine Meisterleistung.“ Langsam und behutsam legt sie der jungen Mutter das Kind in den Arm. Stolz betrachtet Johanna ihren Karl. Dafür, dass er eben gerade die große weite Welt betreten hat, findet sie, hat er schon sehr viele lange schwarze Haare auf dem Kopf. Seine Händchen sind zu Fäusten geballt, gähnend sucht Karl die wärmende Brust der Mutter. Fragend schaut Johanna zur Schwester. „Und nun?“ Die Schwester lacht, „ Und nun will der Kleine die Brust. Eigentlich legen wir hier die Neugeborenen erst im Krankenzimmer an, aber ich zeig es ihnen gleich.“ Johannas Mama hat viel von ihrer ersten eigenen Geburt erzählt, aber jetzt und hier, hat sie alles vergessen. Ein bisschen schämt sie sich. „Oh sie brauchen nicht rot werden! Es gibt Muttis, die nach der zweiten und dritten Geburt hilflos scheinen. Bei ihnen ist es die erste Geburt. Ich zeige ihnen, wie sie ihr Kind anlegen müssen. Später werden die Hebammen auf Station ihnen alle Fragen beantworten.“ Dankbar lässt sich die junge Mutti von der netten Schwester belehren. „Vor allem gute Frau immer die Ruhe bewahren. Ihr Kind wird es ihnen später danken.“ Nach sieben Tagen im Storchennest des Stadtkrankenhauses, darf Johanna nach Haus. Jens steht vor dem Krankenhaus und wartet seit Stunden hier. Er hat wohl eine ganze Schachtel Zigarettenaufgeraucht. So sehr quält in die Wartezeit. Na endlich, eine Krankenschwester winkt ihm zu. „ Ihre Frau ist jetzt fertig, sie können sie mit nach Haus nehmen. Und junger Mann! Beim nächsten Kind, bitte nicht vor 10oo Uhr, ja?“ Jens versteht die Mahnung augenblicklich nicht. Er ist voll konzentriert auf seinen Engel und seinem Sohn. Im Betrieb musste er ordentlich einen auf seinen Sohn ausgeben. Die nächsten 14 Tage bewilligte ihm sein Meister Urlaub. Familie Haiser Senior erwartet mit Ungeduld ihren ersten Enkel. Die ganze alte Dorfstraße nimmt Teil an dem Ereignis in Haisers Haus. Während des Krankenhausaufenthaltes von Johanna haben Ehemann und Vater Haiser ein Himmelbett für Karl gebaut. „ Bis zum Sommer kann Karl sicher im Himmelbett schlafen, dann bauen wir ein Doppelstockbett und machen uns an das Kinderzimmer.“ Opa Haiser macht sich halt richtig Gedanken um seinen Enkelsohn. Doch nun heut soll Johanna Karl erst einmal ankommen und sich erholen. „Mama, ich war doch nicht krank. Ich war schwanger und das ist ein Zustand aber keine Krankheit.“ Mama Haiser, oder nun Oma Haiser ist aufgeregt, wie bei ihrer ersten und einzigen Geburt. „Ach Kind gib mir mal meinen Enkel und du schaust der, weil nach oben.“ Jens nimmt seine Frau an die Hand, „ Komm, ich will dir etwas zeigen. Lass Oma den Kleinen, kann sich gleich an der Oma sein gewöhnen. Neugierig, was sie oben erwartet, folgt sie ihrem Mann. Vorsichtig schiebt Jens seine Frau in ihr Schlafzimmer. Natürlich fällt das Himmelbett mit seinen zartblauen Vorhängen sofort ins Auge. Den


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