Skrupellos II - Baby Farm. Nicole Le

Skrupellos II - Baby Farm - Nicole Le


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nächste Treffen ist. Dann gehst Du hin und lernst neue Leute kennen. Das ist überhaupt eine gute Idee. Du kannst auch einen Kurs machen. Zum Beispiel einen Kochkurs, oder Sprachkurs, wenn Du magst. Solange Du Zeit genug für Deine Arbeit hier hast, ist alles kein Problem.“

      „Lucy strahlte. Okay, Madame Josie, ich werde gleich mal im Internet nachsehen. Vielen Dank. Ich sage Ihnen dann morgen Bescheid.“

      Josie lächelte sie an und ging zurück in ihr Zimmer.

      Kapitel 3:

      Die 15-jährige Lisha wurde mit ihrer kleinen Schwester Yola und ihrem Bruder Osaro verschleppt. Man hatte ihnen die Augen verbunden und sie an den Händen gefesselt. Sie stolperten hinter den Männern her, die sie unsanft hinter sich herzogen.

      Lisha hörte Yola hinter sich leise weinen. Sie sprach besänftigend mit ihr, dabei hatte sie selber Angst. Ihr Vater war tot, ihr Haus in Brand gesteckt. Was mit ihrer Mutter passiert war, wusste sie nicht. Aber sie machte sich große Sorgen, dass auch sie tot war. Lisha, fühlte sich innerlich kalt und abgestorben. Sie hatten von den Gräueltaten der Boko Haram gehört. Viele Nachbardörfer waren bereits überfallen worden. Die Überlebenden munkelten, dass die Jungen zu Soldaten ausgebildet und die Mädchen als Sex-Sklavinnen benutzt oder verkauft wurden. Lisha machte sich nicht viele Hoffnungen, dass sie das Ganze unbeschadet und lebend überstehen würde. Sie hatte Angst vor dem, was noch kommen würde. Und das Schlimmste, sie würde ihre kleine Schwester nicht beschützen können. Der Gedanke an das, was die Männer ihnen antun konnten, ließ ihren Mund trocken werden und ihr Herz schlug schnell und voller Angst. Lisha begann zu beten. Es war das Einzige, was ihr einfiel, um nicht verrückt zu werden. Und sie forderte ihre Geschwister auf, es ihr gleich zu tun. Sie begannen das Vaterunser leise vor sich hin murmelnd, während sie durch den Staub stolperten.

      Der Mann mit den Goldzähnen kam näher, lief direkt neben Lisha. Er sah sie lüstern an. Sie konnte ihn nicht sehen, nur riechen. Sein büffelartiger Schweißgeruch ließ sie fast würgen. Sie versuchte nur durch den Mund zu atmen, doch seine Anwesenheit und körperliche Nähe verschlugen ihr fast den Atem vor Angst.

      Er griff ihr an den Po und kniff so fest zu, dass ihr ein erschrockener Schrei entwich. Yola weinte lauter und Osaro begehrte auf.

      „Lass meine Schwester in Ruhe, oder ich…“ er verstummte resigniert. Jemand schlug ihm hart ins Gesicht.

      „Oder was?“ fragte ein Mann und lachte dann.

      Lisha, Yola und Osaro waren nicht die Einzigen aus dem Dorf, die von den Männern entführt wurden. Mit ihnen waren es etwa 20 andere Kinder und Jugendliche, die gefesselt und mit verbundenen Augen von den Männern weggebracht wurden.

      Die Sonne ging auf, Lisha konnte die Sonnenstrahlen in ihrem Gesicht spüren. Es würde heiß werden. Sie hatte jetzt schon starken Durst. Sie wusste nicht, wie lange sie bereits gelaufen waren, es kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Die staubigen Straßen vom Anfang hatten sich in steinige Wege verändert. Und es ging leicht bergauf. Sie stolperten über die Steine und rissen sich durch die aneinander geketteten Fesseln gegenseitig zu Boden. Ihre Knie waren blutig, der Mund staubtrocken. Lisha, betete ununterbrochen, Osaro und Yola waren verstummt. Hin und wieder hörte Lisha ihre kleine Schwester weinen, doch meistens war sie stumm. Die anderen Kinder weinten auf, wenn sie hinfielen und sich Knie und Ellenbogen auf den spitzen Steinen aufschlugen, sonst waren auch sie stumm und verängstigt.

      Lisha versuchte sich zu erinnern, wo die Sonne im Dorf aufging. Anscheinend wanderten sie Richtung Osten. Maiduguri lag im Osten. Die Hochburg der Boko Haram-Kämpfer. Sie waren nicht weit entfernt von dem Ort Chibok. Dort waren vor kurzem erst mehr als zweihundert Mädchen aus einer katholischen Schule entführt worden. Es war bekannt, dass die Mädchen als Sex-Sklavinnen gehalten wurden. Entweder von den Kämpfern selbst oder sie wurden weiterverkauft, um die Machenschaften des IS, des Islamischen Staates, zu finanzieren.

      Von diesen zweihundert Geiseln, war es einigen Mädchen gelungen zu fliehen, ein paar wurden auch freigelassen, weil sie krank waren. Lisha klammerte sich an die Hoffnung, eine Gelegenheit zur Flucht zu finden.

      Yola stürzte und blieb liegen. Sie war zu schwach und zu dehydriert um weiterzulaufen. Panik breitete sich in Lisha aus. Was, wenn die Männer sie einfach erschossen, weil sie nur Ballast war und das Weiterkommen der Gruppe behinderte? Sie forderte Yola leise auf, aufzustehen und weiterzugehen.

      Der Mann mit den Goldzähnen trat zu ihr und leckte ihr übers Gesicht. Lisha versuchte sich wegzudrehen. Er stank und es ekelte sie derart, dass sie erschauerte. Er griff nach ihrer Brust und kniff hart in ihre Brustwarze. Sie schrie auf. Doch er lachte wieder nur.

      Er befahl seinen Männern, den Gefangenen etwas zu trinken zu geben und sie in den Schatten unter den spärlichen Bäumen zu bringen. Er telefonierte danach, doch Lisha konnte nichts verstehen.

      Kurz darauf hörte sie in der Ferne Motorengeräusch. Hoffnung keimte auf. Vielleicht wurden sie entdeckt und gerettet. Doch sie konnte ja nicht ahnen, dass es die Jeeps und Lastwagen der Boko Haram Kämpfer waren, die auf dem Weg waren, sie einzusammeln.

      Kapitel 4:

      Chioma wurde nach Stunden von der Polizei gefunden und in das Krankenhaus in Abuja gebracht. Die Polizisten befragten sie. Wollten wissen, warum sie als Einzige das Massaker überlebt hätte. Chioma wusste es nicht. Traumatisiert stammelte sie immer wieder etwas von ihren Kindern und ihrem toten Mann vor sich hin. Ihre Verletzungen waren so stark, dass man ihr ein starkes Schmerzmittel und Beruhigungsmittel verabreicht hatte. Sie war unbrauchbar als Zeugin, konnte den Polizisten nicht mehr erzählen, als dass es Boko Haram Kämpfer waren, die anscheinend die Jugendlichen des Dorfes entführt und die Alten abgeschlachtete hatten.

      Selbst die Polizei war machtlos. Die Kämpfer kamen immer nachts. Die Überfälle waren gut vorbereitet und organisiert. Die meisten Übergriffe dauerten weniger als eine Stunde. Und die abgelegenen Dörfer waren in dieser kurzen Zeit kaum von der Polizei zu erreichen, geschweige denn zu beschützen.

      Chioma wurde untersucht. Ihr Körper war derart geschunden, dass sie operiert werden musste. Ihr Unterleib war verletzt, man konnte die inneren Blutungen nicht stillen. Die anderen Verletzungen würden abheilen, doch die Seele, war so traumatisiert, dass sie lange brauchen würde, um wieder einigermaßen in Takt zu kommen. Der Chef der Abteilung beschloss, James in Lagos anzurufen. Er sollte sich dieser Frau annehmen. Schließlich hatte er Erfahrung im Rekonstruieren von Körperteilen. Chiomas Unterleib war so verletzt, dass es einen erfahrenen Operateur brauchte, um ihn einigermaßen wiederherzustellen.

      Chioma dachte an ihre Kinder. Sie betete, dass es ihnen gut gehen würde. Dass sie ihre Liebsten irgendwann wieder in ihre Arme schließen konnte. Sie weinte lautlos, als man sie in den Operationssaal brachte.

      Doktor James Eckhard beeilte sich, als er aus dem Taxi ausstieg, welches ihn vom Flughafen zur Klinik brachte. Das Elend und die Gewaltbereitschaft der Menschen erschreckten ihn immer noch. Er hatte gehofft sein Job würde ruhiger werden, doch es schien, als würden ihn die Gräueltaten der Menschheit verfolgen und er dürfte immer den Dreck wegkehren. Im Aufzug telefonierte er mit der leitenden Oberschwester. Die Patientin sei bereits im Vorbereitungsraum. Er hatte also nicht mal Zeit für einen Kaffee. Er hatte zwar schon Operationen gehabt, bei denen er die Genitalien wiederherstellen musste, doch es hatte es sich fast ausnahmslos um eine freiwillige Geschlechtsumwandlung gehandelt.

      Er schmiss seine Tasche in den Aufenthaltsraum und zog sich um. In grüner OP-Kleidung machte er sich auf den Weg zum Operationssaal. Er dachte an seine Familie, an Sarahs Operation, an die fragenden Augen seiner Frau. Er wünschte sich, dass alles wieder ruhig und normal ablief in seiner Familie. Als er den Job in Abuja annahm, sagte man ihm beim Vorstellungsgespräch, dass er hauptsächlich dafür eingestellt würde, die anderen Ärzte auszubilden. Er hatte nicht damit gerechnet, gleich zu Anfang wieder mit einem Gewaltverbrechen konfrontiert zu werden. Er wusch sich die Hände und schlüpfte in den Kittel und die Handschuhe, welche man ihm hinhielt.

      Als er an den Operationstisch trat, sah er mit Schrecken,


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