Geliebter Prinz. Billy Remie

Geliebter Prinz - Billy Remie


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      »Natürlich nicht«, versicherte Prinz Karic.

      Der Heiler verließ die dunkle Kammer, in der nur zwei winzige Kerzen leuchteten und spärlich Licht spendeten.

      Nachdem die Tür hinter ihm zugefallen war, verschränkte der blauäugige Kronprinz die Arme vor der Brust und senkte unsicher seinen Blick. »Wie ... ähm, geht es Euch?«

      Desiderius antwortete grinsend: »Ziemlich gut. Was auch immer er mir gegeben hat, ich habe mich noch nie besser gefühlt.«

      Und das war die Untertreibung seines Lebens. Um genau zu sein fühlte es sich an, als schwebte er. Sein Körper war betäubt, fühlte sich aber nicht taub an. Die Pelze, in die sein nackter Körper eingehüllt war, fühlten sich wundervoll streichelnd an. Außerdem war sein Verstand von einer leichten Nebelschicht überlagert und ließ ihn dauerhaft schmunzeln. Es fühlte sich beinahe so an wie damals, als er zu Besuch bei einem Stamm des Waldvolkes an einer Pfeife gezogen hatte, die man ihm am Lagerfeuer gereicht hatte.

      Der Kronprinz schnaubte amüsiert.

      Dann wurde sein Blick jedoch wieder ernst und er deutete mit einem Kopfnicken auf die Bettkante. »Darf ich?«

      Desiderius wollte rüber rücken, um zu zeigen, dass er nichts dagegen hatte, aber er konnte seinen Körper beim besten Willen um kein Stück bewegen. Also nickte er: »Aber natürlich, Majestät.«

      »Lasst das doch endlich«, lachte der Kronprinz, als er sich setzte. »Mein Vater, der König, wird so genannt, aber ich möchte für Euch einfach nur Karic sein.«

      »In Anbetracht der Tatsache, dass Ihr schon bald meine kleine Halbschwester ehelicht, bin ich ganz froh darüber, dass ich Euch nicht mit solchen Floskeln in den königlichen Hintern kriechen muss«, erwiderte Desiderius amüsiert.

      Der Kronprinz lächelte milde, als er versicherte: »Ich werde sie gut behandeln, seid unbesorgt.«

      »Das will ich Euch auch geraten haben«, warnte Desiderius drohend.

      Der Kronprinz schluckte schwer, als er den Blick zu ihm hob.

      Desiderius zwang sich, sich aufzusetzen und brachte im Schein des flackernden Kerzenlichts sein Gesicht ganz nahe an das des Kronprinzen heran. Mit leiser Stimme drohte er: »Denn eines wollen wir mal klarstellen, ob Kronprinz oder nicht, wenn Ihr meine Schwester nicht glücklich macht oder ihr sogar wehtut, seid Ihr ein toter Mann.«

      Lange forschte der Kronprinz in Desiderius’ Augen. Doch Desiderius hielt diesem Blick stand und machte deutlich, dass er nicht mehr scherzte.

      Plötzlich lächelte der Prinz. »Ihr seid der einzige Mann, der es wagt, einem Prinzen zu drohen.«

      »Wenn ich eine Eurer Schwestern heiraten sollte, würdet Ihr das gleiche zu mir sagen, mein Prinz«, sagte Desiderius etwas versöhnlicher.

      »Und deshalb respektiere ich Euch«, erwiderte der Prinz.

      Überrascht blinzelte Desiderius den Prinzen an. Er wusste nicht, was er sagen sollte. War es üblich, sich nach einem solchen Kompliment zu bedanken? Oder musste er es erwidern?

      Desiderius wusste es nicht, deshalb tat er nichts dergleichen. Außerdem wusste er nicht, ob er den Prinzen respektierte, er kannte ihn ja nicht gut genug. Und er war kein Heuchler.

      Der Kronprinz verengte plötzlich seine Augen und schmunzelte listig. »Ich bin froh, dass Ihr von selbst meine Geschwister angesprochen habt, aber es sind nicht meine Schwestern, um die ich mich sorgen muss, habe ich recht?«

      Desiderius’ Miene wurde hart und kalt. »Was immer Ihr denkt, zu wissen ...«

      Der Kronprinz hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen und lächelte ihn dann mit einem milden Gesichtsausdruck an. »Nur keine Sorge, Desiderius, nicht jeder in Nohva teilt die Ansichten der menschlichen Kirchengesetze. Nicht einmal die Menschen.«

      »Aber der König führt sie durch«, warf Desiderius dem Kronprinzen vor. Er ließ sich wütend zurückfallen und sah mit unnachgiebiger Miene den Prinzen an, als er erwiderte: »Wie ich bereits sagte, was immer Ihr glaubt, zu wissen, ist falsch, mein Prinz.«

      »Das sieht mein Bruder aber anders«, gab der Kronprinz eisern zurück. »Er hat mir nämlich von Euch erzählt. Von der Nacht in dem Bordell.«

      Fassungslos blinzelte Desiderius den Kronprinzen an. Wexmell hatte seinem Bruder also von der Nacht erzählt? Warum tat dieser dumme Junge nur so etwas?

      Prinz Karic senkte die Stimme, als er sagte: »Hört zu, ich bin nicht hier, um Euch Angst einzujagen oder um Euch zu drohen, und ganz bestimmt nicht, um mich einzumischen-«

      »Dann lasst es«, zischte Desiderius und schnitt dem Kronprinzen damit das Wort ab.

      Der Kronprinz senkte einatmend seinen Blick. Es widerstrebte ihn, dass man ihm nicht zuhören wollte, doch er blieb ganz ruhig. »Ich verurteile Euch nicht.«

      »Wenn, dann wäre es mir gleich«, gab Desiderius trocken zurück. »Wisst Ihr was, ich glaube, ich werde jetzt doch müde ... «

      Wenn der Kronprinz nicht bald gehen und das Gespräch beenden würde, wusste Desiderius nicht, ob er sich beherrschen könnte. Er hatte furchtbare Angst, weil mittlerweile zu viele Prinzen von seinen Vorlieben wussten. Das könnte tödlich sein ...

      »Desiderius, ich kann verstehen, dass Ihr Angst habt, aber ich möchte, dass Ihr wisst, dass ich auf Eurer Seite bin«, sagte der Prinz so schnell, dass man ihm nicht ins Wort fallen konnte. »Und ich wollte Euch nur sagen, dass ich weiß, in welche Schwierigkeiten das Verhalten meines Bruders Euch bringen kann und ich wollte Euch versichern, dass ich mit ihm spreche und versuche, ihn von Euch fernzuhalten ... wenn Ihr das denn wollt. Mir ist nämlich nicht entgangen, dass er Euch nachläuft und Ihr damit sehr unglücklich seid.«

      So könnte man das auch ausdrücken, dachte Desiderius. Aber er war eher deshalb unglücklich, weil er den Kleinen von sich stoßen musste, statt darauf einzugehen.

      Desiderius mahlte verbissen mit den Zähnen.

      Prinz Karic senkte erneut seine Stimme, als fürchtete er, die Wände könnten Ohren haben, und flüsterte Desiderius zu: »Ihr habt Recht, der König sieht sich leider gezwungen, den Menschen in Nohva das Recht zu gewähren, nach Ihren Regeln und Gesetzen zu urteilen. Ihr habt ja keine Ahnung, wie viele ungerechte Hinrichtungen wir schon miterlebt haben, nur, weil die Menschenmenge auf den Straßen protestierte und einen Aufstand anzettelte, bis der König die Hinrichtung genehmigte. Frauen und Männer ungerechtfertigt verbrannt, geköpft, erhängt und viergeteilt. Nur weil sie ... liebten.«

      »Was wollt Ihr eigentlich von mir, Prinz Karic?«, fragte Desiderius verwundert, als er bemerkte, dass der Prinz mit Tränen in den Augen an ihm vorbei sah. Schreckliche Erinnerungen mussten sich gerade vor seinem inneren Auge abspielen.

      Hinrichtungen waren grauenhaft, das wusste auch Desiderius, der die ein oder andere mit angesehen hatte. Es waren mehr, als ihm lieb war, aber sicher weniger als der Prinz hatte mit ansehen müssen, weil Menschen es von ihm erwarteten.

      »Ich glaube, Ihr zögert, Euer Erbe anzunehmen, weil Ihr Angst habt, entdeckt zu werden«, antwortete Prinz Karic. »Ich bin ehrlich, ich möchte Euch als einen Verbündeten wissen, nicht Euren Bruder. Und damit wir einst aufeinander zählen können, möchte ich Euch ein Versprechen geben, Desiderius.«

      »Kein Versprechen aus Eurem Munde könnte meine Zweifel tilgen«, warf Desiderius ein, der keine gelogenen Worte hören wollte. Er gab nichts mehr auf Versprechen, da noch nie jemand ein Versprechen eingehalten hatte. Desiderius hatte es satt, enttäuscht zu werden.

      »Ich werde die Gesetze in Nohva ändern«, beschloss Prinz Karic mit stolz erhobenem Kinn und feierlicher Stimme. »Zu Gunsten aller Liebenden. Jeder sollte frei entscheiden dürfen, wen er als Gefährten wählt oder bei wem er Leidenschaft sucht. Wenn ich König bin, wird sich einiges ändern.«

      Desiderius verzog gerührt die Mundwinkel, weil er erkennen musste, dass alle Prinzen furchtbar naiv waren. »Bei allem Respekt, mein Prinz, aber wenn Ihr das tut, werden die


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