Dark World I. Tillmann Wagenhofer

Dark World I - Tillmann Wagenhofer


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oft gestellt, aber meine Mutter versicherte es mir. Also glaube ich es eben, auch wenn der Unterschied zwischen uns doch so offensichtlich ist.“ „Äh…ja…oder?“, stotterte Maddy, während sie verbissen versuchte, einen Unterschied zwischen den beiden zu erkennen, von der Größe einmal abgesehen. „Klar“, meinte Fix völlig unbekümmert. „Ich bin um so vieles schöner als der Kerl da.“ Jetzt stand Maddy der Mund offen, aber kein Wort brachte sie noch heraus. Bis Fix laut loslachte. „Nur ein Scherz, Kleine. Keine Bange, ich mag vielleicht so aussehen, aber ich bin nicht bescheuert. Kümmere du dich um deinen Begleiter, wir sehen nach den Sklaven. Hm, ich würde sagen, hier gibt’s auch ein wenig Beute zu machen“, überlegte der Gestrafte laut und machte sich auf den Weg in Will’s Zelt. Maddy schüttelte ihr Erstaunen ab, ging wieder neben Roter Speer auf die Knie. Der junge Tribal lächelte mühsam. „Du…hast…einem Gestraften…geholfen? Ich…hab’ mich wohl…in dir getäuscht. Verzeih’ mir“, brachte er gepresst hervor. Maddy schüttelte den Kopf, erwiderte aber das Lächeln. „Nein. Ich war diejenige, die an eine Welt…an eine Menschheit geglaubt hat, die es gar nicht gibt. All die Menschen, die mich erzogen, die mich trainiert haben, die mir große Worte um die Ohren gehauen habe von wegen Ehre und Anstand…keiner von ihnen hätte das für mich getan, was du vorhin gewagt…und erlitten hast. Sie hätten mich umgebracht oder sie hätten zugesehen, wie man mich zu Unrecht hingerichtet hätte. Nun retten mich ein Stammeskrieger und zwei Gestrafte – kein Orden, keine Kirche.“ Sie sah ihn ernst an, wusste, was ihre nächsten Worte bedeuteten. Es war ihr egal. „Und kein Feuer“, sagte sie, fast heiser, woraufhin Roter Speers Augen größer wurden. Er ahnte, was es für eine Ordenskriegerin bedeutete, dies auszusprechen. Plötzlich strich sie vorsichtig durch das Haar des jungen Mannes, das so schwarz war wie ihres. „Das Feuer hat mir nicht geholfen…es ist schwach. Vielleicht hat es auch gar keine Kraft, außer zu zerstören. Erst, als ich…zu deinem Herrn der Himmelswiesen gebetet habe, starb der Slaver direkt vor meinen Augen. Er war es, der mich gerettet hat, sonst wäre ich…es wäre zu viel gewesen, verstehst du?“ Dieses offene und sehr intime Geständnis erstaunte Roter Speer. Er spürte die Hand des Mädchens, die sein Haar streichelte. „Bleib’ am Leben…bitte. Es ist…wie ich sagte: Ich habe niemanden mehr, meine Familie wurde nicht lange nach meiner Geburt ermordet. Freunde, Kameraden…zu keinem von ihnen kann ich zurück, ich habe sie alle verloren“, erzählte sie tonlos. Langsam schloss der junge Tribal die Augen, woraufhin Maddy die Tränen herunterliefen. "Bleib' bei mir", hauchte sie.

      In manchen Bereichen ähnelt die Geschichte der Welt nach den Alten - oder der Dunklen Welt, wie wir Gelehrte der Kirche sie aufgrund ihrer Verderbtheit nennen, Verderbtheit, die überall außerhalb der Territorien der Kirche und der Städtefürsten herrscht - einem sehr lange zurückliegenden Zeitalter. Die Angaben dazu wurden von den Alten verfasst und sind teilweise stark widersprüchlich. Dies liegt, meiner bescheidenen persönlichen Meinung zufolge, daran, dass wir die Jahreszahlen einander oft nur schwer zuordnen können. Viele sind mit einem "n. Chr." hinterlegt, andere mit einem "Anno Domini", wieder andere mit einem "ab urbe condita". Da die meisten der Aufzeichnungen moderner Art - was man an dem Material erkennen kann, auf welches geschrieben wurde und an der Druckqualität - irgendwann im Jahre "2074 n.Chr." enden, es keine neuer datierten Niederschriften oder Drucke der Alten gibt, müssen wir davon ausgehen, dass 2074 nach einem wichtigen Ereignis die Alten aufgrund ihrer zum Feuer schreienden Sünde und Ungerechtigkeit, ihrer Arroganz und Gier, durch die Ewige Flamme vernichtet wurden.

      Die Kultur, welche in den fünf Städten aus der Dunkelheit trat, dürfte, geschichtlich betrachtet, eine Mischung aus jenen Zeitaltern sein, welche die Alten die "Antike" und das "Mittelalter" nannten und die zeitlich vor ihrer eigenen Epoche existierten. Leider werden die Bücher, welche detailliert über diese Zeiten berichten, von der Inquisition als "möglicherweise verderblich" eingestuft, was nur sehr hohen Kirchenhäuptern Zugang zu diesen Schriften erlaubt. Freundlicherweise wurde durch das Erste Konzil eine Reihe von Fakten herausgegeben, welche wichtige Teile der damaligen Gesellschaften exakt wiedergeben. Es ist begeisternd zu sehen, dass auch zur damaligen Zeit mutige Krieger, die ebenso wie heute Ritter genannt wurden, unter dem Glauben an das Licht der Flamme für Ordnung und Gerechtigkeit sorgten, bis sie von den Alten, die die Helligkeit und das Licht hassten, verfolgt und fast ausgerottet wurden.

      Begeisternd ist jedoch insbesondere, wie sehr sich die Architekten und Baumeister von Eternal Flame und anderen Stadtzentren der fünf Großen Städte an die Bilder und Aufzeichnungen sowie die Pläne hielten, die sie durch das Erste Konzil erhalten hatten. Säulengänge, in Stein gehauene Verzierungen, große Treppen zu den Palästen und Kathedralen hinauf, Mosaiken, welche wichtige Stationen im Leben von Magnus Adams und anderen Helden des Feuers erzählen, kunstvolle Statuen, die auf großen Sockeln thronen. Dann die Basilika des Ersten Konzils, jenes unglaublich riesige Kunstwerk, rund und sich in den Himmel ausstreckend, mit mehreren gewaltigen Säulengängen, die leicht versetzt übereinander liegen, jedes andere Bauwerk überragend. Selbst die Arena, jener Ort, an dem Verbrechern, Ketzern und Kreaturen der Dunkelheit im Lichte des Feuers gerichtet werden - ein Hort, der dieser Welt Ruhe und Ordnung garantiert.

      (Aus dem Tagebuch eines Jünger-Dieners von Konzilsbischof Burden, 1156 nach dem Großen Feuer)

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