Goldköpfchen Gesamtausgabe (Alle 13 Bände). Magda Trott

Goldköpfchen Gesamtausgabe (Alle 13 Bände) - Magda Trott


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sie auch einen Packen dieser Zeitungen nahm und damit losging? Sie brauchte ja gar nicht viel Geld, sie wollte nur der Mutti etwas Schönes kaufen. Etwas, was ihr so recht große Freude machte.

      Schließlich war der Entschluß gefaßt, Bärbel lud den Arm voller Zeitungen, lief hinaus auf die Straße und rief laut:

      »Zeitungen gefällig!«

      Einige Vorübergehende blieben stehen; das kleine Mädchen ließ sich nicht stören, es stürmte mit seiner Last weiter und immer weiter. In einem Vorgarten sah sie drei Männer sitzen.

      »Zeitungen gefällig!«

      »Das ist doch das Bärbel«, sagte der eine.

      Man winkte das Kind heran. »Was hast du denn zu verkaufen, kleines Mädchen?«

      Bärbel hielt dem Fragenden ein Blatt hin. »Das kostet Geld.«

      Er schaute das Blatt an und sagte lachend: »Wie kommst du denn zu den Zeitungen?«

      »Wir müssen Geld verdienen. Die Mutti hat ein Zwilling gebracht, und da will Bärbel der Mutti etwas schenken, damit sie Freude hat.«

      Die drei Herren flüsterten zusammen, dann fragten sie Bärbel aufs neue.

      »Wieviel willst du denn haben?«

      Da wußte die Kleine nun freilich nicht, was sie sagen sollte. »Ich will der Mutti was kaufen.«

      »Was willst du ihr denn kaufen?«

      Bärbel verdrehte entzückt die Augen, hob sich auf die Zehenspitzen und flüsterte dem sich zu ihr Herniederneigenden überglücklich ins Ohr:

      »Sirup.«

      »Für die Mutti?«

      »Ja.«

      »Na, da brauchst du ja nicht allzuviel Geld. Da will ich dir zehn Pfennige geben, dafür bekommst du Sirup.«

      Bärbel drückte dem überraschten alle Zeitungen in den Arm, nahm den Groschen und eilte in die Apotheke zurück.

      »Wanda, gib mir einen Topf!«

      »Wozu denn?«

      »Ach, Wanda, gib mir nur schnell einen Topf!«

      Die Köchin gab einen Milchtopf vom Brett herunter, und Bärbel eilte beglückt davon, hin zum Kaufmann. Emil hatte sich hier sehr oft Sirup gekauft und dadurch den Neid Goldköpfchens erregt. Sie hatte zwar jedesmal mit dem Finger hineinstippen dürfen, mehr aber hatte ihr der Knabe nicht abgegeben.

      Nun hielt sie dem Kaufmann den Topf und das Geld hin und verlangte strahlend, er möge ihr für das ganze Geld Sirup geben.

      »Na, viel gibt es da nicht.«

      Als Bärbel die geringe Menge sah, war sie recht niedergeschlagen.

      »Bärbel bringt dir noch eine Zeitung«, flüsterte sie, »dann gibst du noch mehr.«

      »Zeitungen kannst du mir immer bringen, Bärbel, Papier kann ich immer brauchen, Papier zum Einpacken habe ich immer nötig.«

      »Krieg’ ich dafür Geld?«

      »Freilich, – für jedes Pfund einen Pfennig.«

      Bärbel wußte nun freilich nicht, wieviel ein Pfund sei. Es ließ seinen Topf beim Kaufmann stehen, eilte zurück zur Apotheke und trug aufs neue ein Paket Zeitungspapier davon.

      Der Kaufmann träufelte daraufhin noch einen Löffel Sirup in den Topf; und stolz nahm Goldköpfchen das Gefäß mit dem kostbaren Inhalt in beide Arme.

      Nun zur Mutti!

      Noch niemals hatte Bärbel ein so stolzes Gefühl im Herzen gehabt wie heute. Sein Gesichtchen strahlte, als es mit dem Topf das Schlafzimmer betrat und ans Bett der Mutter eilte.

      »Weil du dem Vati das Zwilling geschenkt hast, schenkt dir Bärbel auch was!«

      Bärbel hielt den Topf hin, und interessiert schaute Frau Wagner hinein.

      »Ist das Sirup?«

      »Gelt, Mutti, nun haben wir eine rechte Freude!«

      »Soll ich den Sirup haben, Goldköpfchen?«

      »Ja, Mutti, nur einmal lecken möchte ich dran.«

      »Das ist sehr lieb von dir, mein Kind, da freut sich die Mutti sehr darüber.«

      Bärbel stippte mit dem Fingerchen in den Sirup und hielt ihn der Mutter hin.

      »Koste mal.«

      »Aber, Kind, du betropfst ja die Decke!«

      »Koste mal, Mutti«, drängte die Kleine.

      »Dazu braucht man doch einen Löffel.«

      »Ich hol’ dir einen!«

      Schon war das Kind aus dem Zimmer, stürmte in die Küche und verlangte einen Löffel.

      Die stark beschäftigte Köchin reichte dem Kinde einen großen Holzlöffel, mit dem Bärbel zur Mutter zurückkehrte.

      »Nu komm her, Mutti!«

      Schon war der Löffel in den Topf gesteckt, und rasch mußte Frau Wagner zugreifen, um eine größere Schmutzerei zu verhüten.

      »Die Mutti wird nachher essen. – Woher hast du denn den Sirup?«

      »Ich hab’ Zeitungen verkauft. Ein Mann hat mir Geld gegeben.«

      Noch dachte sich Frau Wagner nichts Schlimmes dabei; aber als Bärbel berichtete, daß es von jetzt ab jeden Tag der Mutti einen Topf mit Sirup bringen werde, und daß auch das Zwilling etwas abbekommen könne, fragte sie genauer und erfuhr, auf welche Weise sich das Kind Geld verdient hatte.

      Sie vermochte nicht zu zürnen. Sie hörte aus jedem Wort des Kindes das heiße Verlangen, der Mutter eine Freude zu machen; aber Frau Wagner nahm sich vor, den Gatten darauf aufmerksam zu machen, damit die kleine Zeitungsverkäuferin ihren neuen Beruf wieder einstelle.

      »Leck’ doch nur ganz wenig daran«, bettelte Bärbel immer wieder. Es blieb Frau Wagner schließlich nichts anderes übrig, als tatsächlich ein wenig von dem Sirup zu genießen.

      »Du hast’s gut«, sagte Goldköpfchen, »du kannst nun jeden Tag einen Sirup essen, und dann kriegst du immer was geschenkt, wenn du einen Zwilling bringst.«

      »Die Zwillinge sollen erst groß werden, Bärbel, vorläufig wollen wir keine mehr.«

      »Ach nee, Mutti, wir haben genug! Wenn sie nur nicht immerzu schreien wollten. – Was wollen sie denn eigentlich?«

      »Das Schreien klingt deiner Mutti wie Gesang in den Ohren.«

      »Soll ich auch schreien, Mutti?«

      Frau Wagner wurde von den vielen Fragen dadurch erlöst, daß sich auf dem Hofe ein Leierkasten hören ließ.

      Bärbel stürzte ans Fenster, schlug in der Hast an den Topf mit dem Sirup, der fiel zu Boden, und die dicke, klebrige Flüssigkeit ergoß sich auf den Bettvorleger.

      »Ach, mein schöner Sirup!«

      Lina beseitigte zwar den Schaden ziemlich rasch; aber in Bärbels Herzen blieb doch ein Stachel zurück; die Mutti hatte den schönen Sirup nun nicht essen können. So nahm sich die Kleine vor, noch viel mehr zu kaufen, damit die Mutti immerzu Sirup essen könne.

      Im Augenblick hatte Bärbel neue Interessen. Gemeinsam mit Emil und Bruder Joachim sammelte sie für den Leierkastenmann die Geldstücke auf, die ihm zugeworfen wurden. Als schließlich nichts mehr kam, eilte das Kind zum Onkel Provisor und quälte ihn so lange, bis er noch zweimal Geldstücke aus dem Fenster warf. Bärbel wollte zwar noch mehr erzwingen, aber Senftleben weigerte sich. Ebenso erging es ihr bei Lina und Wanda.

      »Da könnten wir viel geben. Bald singt einer, bald spielt einer, die Leute verdienen ohnehin viel zu leicht ihr Geld.«

      Und als nun gar Emil den Gedanken zum Ausdruck


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