Das Lächeln von Kleopatra. Albert Morava

Das Lächeln von Kleopatra - Albert Morava


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      Albert Morava

      Das Lächeln von Kleopatra

      oder die Wahrheit über eine Hochzeit

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1 Das Mondschaf

       2 Pogrom

       3 Lermontov

       4 Die Braut

       5 Die Sommerweihe

       6 Kleopatras Lächeln

       7 Eine Reise ins Glück

       8 Sie kam aus Samarkand

       9 Einen Tag zu spät

       10 Die Wahrheit über eine Hochzeit

       Impressum neobooks

      1 Das Mondschaf

      Der Winter verabschiedete sich mit heftigen Regenfällen, auf die kurze Sonnenabschnitte folgten. Die Luft roch bereits nach Frühling; irgendwann sichtete man über den Dächern der Studentenkolonie die ersten Schwalben und es war soweit. Der Frühling kam.

      Nachdem Tamara plötzlich aus seinem Leben verschwunden war, tröstete Jan sich mit Bücherlesen und gelegentlichen, kleinen Liebschaften, die zu nichts führten. Insgeheim hoffte er auf eine neue Wende in seinem Leben, das ihm jetzt eregnislos und grau schien. Gelegentlich spielte er auch wieder Gitarre und träumte davon, in einem der vielen Prager Kellertheater als Sänger oder Schauspieler - und sei es auch nur mit einer kleinen Nebenrolle - unterzukommen.

      Ein beliebtes und auch durch Fernsehprogramme landesweit bekanntes Theater nannte sich Semafor; ein kleines Kellertheater direkt am Wenzelsplatz, geschickt gemanagt von zwei Prager Künstlern, die mit der Quadratur des Kreises im sozialistischen Ambiente umzugehen wussten. Mit staatlicher Unterstützung wurde die kleine Bühne vollständig renoviert und technisch auf den letzten Stand der damaligen Zeit gebracht.

      Der wohl prominenteste Gast aller Zeiten war der afroamerikanische Trompetenspieler und Sänger Louis Armstrong genannt Satchmo, der seine musikalische Karriere als Jungmusiker in den Freudenhäusern von New Orleans der Dreißiger Jahre begann. Satchmo hatte Glück und war damals schon durch seine - mit aufreizend rauher Stimme vorgetragenen - Gesänge weltberühmt. Im Semafor war er wohl nur zum Spaß aufgetreten, nicht wegen Geld.

      In diesem Theater bewarb er sich einmal - vor seiner Ankunft in Prag - als Sänger. Der Mann, der ihn damals am Klavier begleitete, und noch keine Vierzig war, hatte gerade noch sechs Jahre zu leben. Diie Gunst der Regierung währte nicht lange und einer der Gründer - der musikalische Vater des Theaters - starb später an Gasvergiftung. Man munkelte von Selbstmord.

      Jan sang unvoreingenommen ein paar eigene, recht einfache Kompositionen mit tschechischen Texten, sämtlich im verpönten Stil der schwarzen amerikanischen Stars jener Zeit, wobei er gefühlsmäßig alles gab.

      Die Jury ließ ihn nach dem Auftritt wissen, er habe Talent, mit dem er viel Geld verdienen könnte. Die Voraussetzung für eine Mitwirkung im Theaterteam wäre allerdings der ständige Aufenthalt in Prag. Doch damals hatte Jan keine Unterkunft in Prag. Daran scheiterte letztendlich auch die Vision einer Sängerkarriere.

      Seinen Eltern gefiel diese Initiative nicht; sie war kaum mit seinen Plänen vereinbar, Anglistik an der Karlsuniversität zu studieren.

      "Sänger sein ist keine richtige Existenz. Da kannst du gleich zum Zirkus gehen", meinte seine Mutter, obwohl es ihr andererseits schmeichelte, dass Jan Talente zuerkannt wurden.

      Nach seiner Ankunft in Prag hätte Jan einen zweiten Versuch mit Semafor versuchen können. Dies hätte jedoch bedeutet, dass er seine übrigen Interessen und vor allem auch das Studium hätte aufgeben müssen, bevor er es begonnen hatte. Den Traum, irgendwann als Akrobat mit einem Zirkus herumzuziehen, träumte er als fünfjähriges Kind, doch jetzt war der Zirkustraum ausgeträumt und der Kommentar seiner Mutter zeigte seine Wirkung. Außerdem bot Prag viel Neues und er wollte sich nicht sofort in einer Richtung festlegen.

      Der Theaterimpuls war nicht stark genug. Nichtsdestoweniger war der Wunsch nach einer echten Herausforderung unterschwellig immer da - so wie die Frage nach dem Sinn und dem Ziel des Lebens.

      Auch die kalifornischen Beatniks bissen sich damals an diesem Thema fest; Jack Kerouac schrieb seine Dharma Bums und Jindra, Jans Freund und eruierter Lebenskünstler spreizte einmal im Gespräch mit Jan seine Arme auseinander, als wollte er die ganze Welt umarmen und verkündete::

      "Zen !....Der Weg ist das Ziel."

      Doch die Philosophie des Zen-Buddhismus war mehr als alles Andere nur eine literarische Modeerscheinung. Später hielt auch Jan sich für einen Dharmabummler und fühlte sich angezogen von der fernöstlichen Philosophie und Kultur.

      ******

      An einem Morgen zwischen Neujahr und dem Dreikönigstag wurde Jan durch den Geräuschpegel des Remington geweckt, der aus irgendwelchen Gründen doppelt so stark war als sonst. Kurz darauf schien es, dass jemand das Nebenzimmer betreten hatte, das Nat, der Mediziner, zu der Zeit allein bewohnte.

      Jan hörte dumpfe, unklare Geräusche und eine Frauenstimme; tuschelnd und undeutlich sprach sie, mit gelegentlichem Lachausbrüchen. Jemand schien dort das Fenster aufzumachen, - die Fensterrahmenhalterung quietschte -, und dann wieder zuzumachen.

      Jan schaute auf seinen Wecker. Es war zehn Uhr morgens, Nat rasierte sich diesmal später als sonst. Das Fenster im Nebenzimmer quietschte wieder, was Jan dazu brachte, das Fenster in seinem eigenen Zimmer anzusehen. Er stand auf und schob die vergilbte Gardine zur Seite; das Fenster war vollständig beschlagen - wie ein Spiegel im gut beheizten Badezimmer mit dampfender Badewanne. Mit dem Zeigefinger machte er einen horizontalen Strich auf der beschlagenen Glasscheibe, dann von der Mitte der Linie ausgehend einen senkrechten Strich. Ein T - wie Tamara. Und er schrieb: Tamara. Allein, Tamara gab es nicht mehr.

      Mit dem Ärmel seines Schlafanzugs wischte er ein kleines Stück Beschlag am oberen Fensterteil weg und sah durch. Draußen herrschte dichter Nebel, der sich nur langsam lichtete; einige graue Krähen hüpften vor dem Fabrikeingang herum, auf der Suche nach Nahrung.

      An der Tür klopfte es und Nina, die Putzfrau, trat herein, mit einem trockenen Wischtuch in der Hand.

      "So ein Nebel", sagte sie. "Trotzdem wird jetzt das Fenster geputzt".

      "Der Nebel kommt aus Russland ", meinte Jan.

      "Unsinn! Nur bei uns in der Ukraine kommt der Nebel aus Russland. In Prag kommt der Nebel aus Deutschland."

      "Von der Meteorologie her mag es stimmen ", gab Jan zu und runzelte leicht die Stirn.

      Trotz


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