Der Bürgergeneral. Johann Wolfgang von Goethe

Der Bürgergeneral - Johann Wolfgang von Goethe


Скачать книгу

      EDELMANN. Wer denn?

      RÖSE. Fräulein Karoline, die neulich mit der alten Tante hier zum Besuche war.

      EDELMANN. Daher habt ihr euren Argwohn? Wie ihr fein seid!

      GÖRGE. Ich dächte doch, so etwas ließe sich einsehen.

      RÖSE. Es ist recht schön, daß Sie sich auch verheiraten.

      GÖRGE. Man wird ein ganz anderer Mensch. Sie werden's sehen.

      RÖSE. Jetzt gefällt mir's erst zu Hause.

      GÖRGE. Und ich meine, ich wäre da drin im Hause geboren.

      RÖSE. Und wenn der Vater die Zeitungen liest und sich um die Welthändel bekümmert, da drücken wir einander die Hände.

      GÖRGE. Und wenn der Alte sich betrübt, daß es draußen so wild zugeht, dann rücken wir näher zusammen und freuen uns, daß es bei uns so friedlich und ruhig ist.

      EDELMANN. Das Beste, was ihr tun könnt.

      RÖSE. Und wenn der Vater gar nicht begreifen kann, wie er die französische Nation aus den Schulden retten will, da sag ich: »Görge, wir wollen uns nur hüten, daß wir keine Schulden machen.«

      GÖRGE. Und wenn er außer sich ist, daß man allen Leuten dort ihre Güter und ihr Vermögen nimmt, da überlegen wir zusammen, wie wir das Gütchen verbessern wollen, das wir von dem Lottogelde zu kaufen gedenken.

      EDELMANN. Ihr seid gescheite junge Leute.

      RÖSE. Und glücklich.

      EDELMANN. Das hör ich gern.

      GÖRGE. Sie werden's auch bald erfahren.

      RÖSE. Das wird wieder eine Lust auf dem Schlosse werden!

      GÖRGE. Als wie zu Lebzeiten Ihrer seligen Frau Mama.

      RÖSE. Zu der man immer lief, wenn jemand krank war.

      GÖRGE. Die einem so guten Spiritus auflegte, wenn man sich eine Beule gestoßen hatte.

      RÖSE. Die so gute Salben wußte, wenn man sich verbrannt hatte.

      EDELMANN. Wenn ich heirate, will ich mich nach einem Frauenzimmer umsehen, die ihr ähnlich ist.

      GÖRGE. Die ist schon gefunden.

      RÖSE. Ich denk's. Sein Sie nicht böse, gnädiger Herr, daß wir so vorlaut sind.

      GÖRGE. Wir können's aber nicht abwarten –

      RÖSE. Sie so glücklich zu sehen als uns.

      GÖRGE. Sie müssen nicht länger zögern.

      RÖSE. Es ist verlorne Zeit.

      GÖRGE. Und wir haben schon den Vorsprung.

      EDELMANN. Wir wollen sehen.

      GÖRGE. Es tut freilich nichts, wenn unser Junge ein bißchen älter ist als der Ihrige; da kann er desto besser auf den Junker achthaben.

      RÖSE. Das wird hübsch sein, wenn sie zusammen spielen. Sie dürfen doch?

      EDELMANN. Wenn sie nur schon da wären. Ja! – meine Kinder sollen mit den eurigen aufwachsen, wie ich mit euch.

      RÖSE. Das wird eine Lust sein!

      GÖRGE. Ich sehe sie schon.

      Dritter Auftritt

      Die Vorigen. Märten am Fenster.

      MÄRTEN. Röse! Röse! Wo bleibt das Frühstück?

      RÖSE. Gleich! Gleich!

      MÄRTEN. Muß ich schon wieder warten! Das Fenster zu.

      RÖSE. Den Augenblick!

      GÖRGE. Mach nur, Röse.

      RÖSE. Da werd ich ausgeschmält.

      EDELMANN. Daran ist der Kuß schuld, über dem ich euch ertappte. Ich vergaß auch darüber mein Wildpret.

      GÖRGE. Ihre Freundlichkeit ist schuld, gnädiger Herr!

      RÖSE. Jawohl. Ich vergaß darüber den Vater.

      GÖRGE. Und ich Wiese, Acker und Krautland.

      EDELMANN. Nun denn jedes auf seinen Weg.

      Unter wechselseitigen Begrüßungen an verschiedenen Seiten ab, und Röse ins Haus.

      Vierter Auftritt

      Märtens Stube, mit einem Kamin, einigen Schränken, einem Tisch mit Stühlen. An der Seite ein Fenster. Gegenüber eine angelehnte Leiter.

      Märten. Röse.

      MÄRTEN. Röse, wo bist du?

      RÖSE. Hier, Vater.

      MÄRTEN. Wo bleibst du?

      RÖSE. Der gnädige Herr kam gegangen, und wie er so gut ist, schwatzte er mit uns.

      MÄRTEN. Und mein Kaffee?

      RÖSE auf den Kamin deutend. Steht hier.

      MÄRTEN. Das seh ich. Aber die Milch?

      RÖSE. Ist gleich warm. Geht nach dem Schranke, öffnet ihn mit einem Schlüssel des Bundes, das sie anhängen hat, nimmt Rahm heraus und setzt ihn in den Kamin.

      MÄRTEN indessen. Röse, das ist nicht hübsch!

      RÖSE beschäftigt. Was denn, Vater?

      MÄRTEN. Daß du mich ganz und gar über Görgen vergissest.

      RÖSE wie oben. Wieso?

      MÄRTEN. Mit ihm hast du geplaudert; für ihn hast du gesorgt.

      RÖSE. Auch, Vater. Ich hab ihm ein Butterbrot gegeben.

      MÄRTEN. Für ihn allein sorgst du.

      RÖSE. Nicht doch! Für Euch so gut wie für ihn.

      MÄRTEN. Und doch versprachst du mir, wenn ich dich heiraten ließe –

      RÖSE. Sollte alles bleiben vor wie nach.

      MÄRTEN. Hältst du nun Wort?

      RÖSE. Gewiß. Hier ist der Kaffee.

      MÄRTEN. Bist du alle Morgen gleich bei der Hand wie sonst?

      RÖSE. Hier ist die Milch. Sie läuft wieder nach dem Schranke.

      MÄRTEN. Und muß ich nicht auf alles warten?

      RÖSE. Hier die Tasse! der Löffel! der Zucker! Wollt Ihr auch ein Butterbrot?

      MÄRTEN. Nein, nein. – Du bleibst mir die Antwort schuldig.

      RÖSE auf das Frühstück deutend. Hier steht sie.

      MÄRTEN. Es mag gut sein. Erzähle mir etwas.

      RÖSE. Ich muß fort.

      MÄRTEN. Schon wieder?

      RÖSE. Görgen die Suppe bringen, der mag den Kaffee nicht.

      MÄRTEN. Warum ißt er sie nicht zu Hause?

      RÖSE. Er will erst was arbeiten. Auf dem Krautlande hat er eine Laube gebaut, da machen wir ein Feuerchen an, wärmen die Suppe und verzehren sie miteinander.

      MÄRTEN. So geh hin! Es ist doch nicht anders.

      RÖSE. Wie meint Ihr?

      MÄRTEN. Vater und Mutter verlaßt ihr und folgt dem Manne nach.

      RÖSE. So soll's ja sein.

      MÄRTEN. Geh nur.

      RÖSE. Zu Mittag sollt Ihr ein gut Essen haben; ich sage nicht was.

      MÄRTEN. Schon recht.


Скачать книгу