Das Geheimnis des Stiftes. Janine Zachariae

Das Geheimnis des Stiftes - Janine Zachariae


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10. Platz

      Buchpaket im Wert von 50 Euro

      Thema:

      Superhelden

       1. »Herzlichen Glückwunsch, Du hast gewonnen!«

      Ich weiß nicht, wie das passieren konnte, aber ich hatte tatsächlich gewonnen und mein Buch wurde zum Sieger gekürt. Der Vertrag flatterte kurz vor den Sommerferien zu mir, eigentlich zu meiner Tante, aber das ist ja ähnlich. Ich fühlte mich wie ein Zauberer, der seinen ersten Brief aus einer berühmten Zauberschule erhalten hatte.

      *

      »Herzlichen Glückwunsch Marinette Strike, wir freuen uns, Dir mitteilen zu können, dass Du bei unserem Gewinnspiel den ersten Platz belegt hast.

      Es haben hunderte von junge Menschen mitgemacht, weshalb wir etwas länger zum Auswerten benötigt hatten, als ursprünglich beabsichtigt.

      Dein Buch wird noch vor der ›Frankfurter Buchmesse‹ veröffentlicht.

      Es wird eine offizielle Preisverleihung geben, zu der wir Dir die nötigen Daten in diesem Schreiben beifügen.

      Fahrkarte, Ticket und VIP Ausweis wirst Du vorfinden.

      Liebe Marinette, wir haben uns sehr über Deine Geschichte gefreut und wünschen Dir viel Erfolg damit.

      Dein Buch ›Das mysteriöse Mädchen: Die unsichtbare Retterin‹ wird als Jugendbuch des Sommers‹ im Juni erscheinen.

      Was uns aufgefallen ist: Du bist nicht im Social Media zu finden.

      Vielleicht möchtest Du das ja ändern, so kannst Du Dein Buch ebenfalls etwas promoten.

      Wenn Du Hilfe benötigst oder Fragen hast, kannst Du Dich jeder Zeit an unseren Fachmann für Social Media wenden. Eine Visitenkarte ist ebenfalls im Paket vorhanden.

      Nun wünsche ich Dir ganz viel Spaß und Freude an Deinem ersten Buch.

      Alles Liebe wünscht Dir,

      Will.«

      *

      Nachdem ich diesen Brief gelesen habe, musste ich mir eingestehen, nicht mehr hinterm Mond leben zu können. Das nötige Mobiltelefon hatte ich, warum also nicht tatsächlich einen solchen Schritt wagen?

      Für dieses Buch habe ich ein Pseudonym benutzt und den Nachnamen meiner Tante Hayley verwendet.

      Ich konnte nicht riskieren, dass meine Mutter etwas davon erfährt oder der Postbote es wieder mitnimmt, da nicht mein richtiger Name darauf zu lesen ist.

      Meiner Tante erzählte ich, dass ich auf eine Überraschung für meine Mutter warte und es deshalb nicht zu uns geschickt werden soll. Mir ist durchaus bewusst, dass man nicht lügen darf, aber in diesem Fall hatte ich keine andere Wahl und ich weiß, dass es nur eine Ausrede ist, aber ihr werdet noch herausfinden, wieso ich das machen musste.

      Ich mag Hayley, sie ist eine tolle Tante, auch wenn sich unsere Ansichten manchmal unterscheiden. Es gab schon Zeiten, da bin ich verweint zu ihr und habe darüber gesprochen, dass ich einfach nicht wahrgenommen werde und das es an meinem Aussehen liegen würde.

      Sie aber sagte jedes Mal: »Das ist besser so, glaube mir. Du bist ein hübsches Mädchen, aber ich bin froh, dass du so ein stilles und unscheinbares Leben führst.«

      Trotz all meiner Bemühungen und Argumentation ließ sie sich nicht von diesem Satz abbringen, weshalb ich es mittlerweile nicht mehr anspreche. Es hat einfach keinen Sinn.

      Deshalb konnte ich ihr nicht die ganze Wahrheit erzählen, oder mein Buch zeigen. Sie hätte es nicht verstanden. Sie hätte die Freude nicht mit mir geteilt, sondern es eher als nichtig betrachtet. Was es aber nicht ist. Ich habe ein Buch geschrieben und das vor meinem 19. Lebensjahr. Das Preisausschreiben fand bereits 2016 statt, als ich 18 war. Einsendeschluss war im Dezember.

      Hayley ist die Schwester meines Vaters, kurz bevor er verschwunden war, ist sie in unsere Nähe gezogen.

      Sicherlich seid ihr über das Wort ›verschwunden‹ gestolpert, oder? Aber es stimmt: Mein Dad ist verschwunden.

      Nicht zu finden.

      Spurlos.

      Wieso, weshalb, warum weiß ich wirklich nicht. Aber plötzlich war er nicht mehr da. Einfach so.

       2. Der Tag, an dem der Vater verschwunden ist

      

      Ich war zehn Jahre alt und weiß noch alles ganz genau.

      Am 14. Oktober 2007 hatte ich Geburtstag und mein Vater schenkte mir einen unvergesslichen Tag. Obwohl er normalerweise wenig Zeit hatte, verbrachten wir den 14.10. immer zusammen. Das war unsere Tradition seit meinem ersten Geburtstag, was viele Fotos bestätigten. An diesem Tag unternahmen wir etwas ganz Besonderes und Einmaliges. Nur wir zwei. Meine Mutter hatte mich sonst immer, da gehörte dieser Tag nur ihm.

      An diesem Sonntag, im Jahr 2007, machten wir uns bereits um vier Uhr am Morgen los und fuhren in eine andere Stadt, weit weg von unserer.

      Ich war total aufgeregt, weil ich nicht wusste, wohin es dieses Mal gehen würde, doch als wir schließlich Frankfurt passierten, hatte ich bereits eine Ahnung.

      Es war ein Traum. Meine erste Buchmesse überhaupt und das mit meinem Vater zusammen. Er wollte mich überraschen und das ist ihm geglückt. Wir suchten uns einen Parkplatz nicht weit vom Messegelände, da wir früh dran waren, war es kein Problem und er überreichte mir einen Plan mit allen Veranstaltungen und Ausstellern.

      »Wann hattest du Zeit gehabt, dir all das zurechtzulegen?«, fragte ich ihn verblüfft und er zuckte mit den Achseln, zwinkerte mir zu und sagte, ganz ernst:

      »Für dich, mein Schatz, nehme ich mir immer Zeit, auch wenn ich nicht so oft da bin oder da sein werde, so bist du ständig in meinen Gedanken.«

      Ich schluckte und unterdrückte die Tränen, die sich ankündigten und studierte den Plan.

      Er hatte alles markiert, was mir gefallen könnte, und zwischenzeitlich war genug Zeit vorhanden, um uns einfach umzuschauen. Ich schwebte im achten Bücherhimmel, falls es den gibt. Wir blieben fast bis zum frühen Abend und mein Vater kaufte mir so unfassbar viele Bücher, dass ich für ein halbes Jahr Lesestoff hatte. Hinterher waren wir Essen und im Kino. Es war der schönste Tag meines Lebens. Nicht nur bis dahin, sondern bis heute.

      Ich schlief schließlich im Auto ein, und als ich am nächsten Morgen wach wurde, hörte ich plötzlich meine Mutter laut telefonieren. Es waren Herbstferien und doch war ich relativ früh aufgewacht. Ich schlich aus meinem Zimmer und versteckte mich hinter einer Tür.

      »Hayley, ich weiß nicht, wo er ist. Ich habe schon überall angerufen. Er war gestern mit Melanie unterwegs, ... ja, wie immer. Irgendwann muss er wieder aufgestanden sein. NEIN, ich weiß nicht, wo er hin ist. Deshalb ruf ich dich doch an ... Er hatte nichts erzählt. Wir wollten heute etwas Schönes unternehmen, da Mel Ferien und Paul noch ein paar Tage frei hat. ... Natürlich hab ich im Büro nachgeschaut ...«

      Ich rutschte an der Wand nach unten, winkelte meine Beine an, umklammerte sie und vergrub meinen Kopf in meinen Armen. Kurz danach wurde aufgelegt und meine Mutter fand mich. Sie sagte nichts, sondern setzte sich zu mir und hielt mich fest.

      Es war nicht das erste Mal, dass er plötzlich verschwunden war.

      Aber noch nie hörte sich meine Mutter so hysterisch an.

      Später, als sie weitere Telefonate geführt hatte, ging ich in Dads Büro und habe mich etwas umgeschaut.

      Als Erstes fiel mir auf, dass die Tür aufgebrochen wurde und der Schlüssel im Inneren noch steckte. Es gibt nur ein kleines Fenster in diesem Raum, welches mit einer Leiter zu erreichen ist. Öffnen konnte mein Vater es, wenn er einen Hebel betätigte.

      Doch es war so winzig, dass nicht mal ein Schlangenmensch


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