reif für die Insel. Torsten Stau
daheim nach Montecatini Terme
Der erste Tag ist eigentlich immer der anstrengendste, denn es gilt, viele Kilometer abzureißen, und um rechtzeitig zum Abendessen am Reiseziel anzukommen, muss man zu früher oder sehr früher Stunde abreisen. Genau genommen begann die Reise schon am Dienstag um 23:45 Uhr an der Sparda-Bank am Hauptbahnhof, was für mich den Vorteil hatte, dass ich mit dem Bus dorthin fahren konnte und kein Taxi brauchte. Da Koblenz der letzte Zustiegshalt war (der Bus kam aus Jülich über Köln und Bonn) und es bei Trendtours gewöhnlich keine zugewiesenen Plätze gibt, musste ich mir einen freien Platz suchen. Zu meiner Überraschung war die letzte Reihe noch frei und ich schnappte mir den Platz ganz rechts, wo ich ungestört in der Ecke sitzen konnte, aber beim Aussteigen natürlich immer lange zu warten hatte. Der Bus war nicht ganz voll, und ich teilte mir die fünf Plätze mit zwei ebenfalls in Koblenz zugestiegenen Frauen, die auf der Reise mehr Rotwein konsumierten als ich seit Weihnachten.
Die Fahrt verlief so zügig, dass wir schon zur Frühstückszeit am Gotthardtunnel waren und unser Tagesziel Montecatini Terme schon am Nachmittag vor dem Eintreffen unseres Reiseführers erreichten, so dass die Termine für Abendessen, Frühstück und Weiterfahrt erst herausgefunden werden mussten. Immerhin ergab sich dadurch die Gelegenheit, sich noch ein wenig in dem reizvoll gelegenen Kurort umzuschauen. Ich hätte gern eine Rundfahrt mit einer dieser Touristen-Bimmelbähnchen gemacht, die es ja fast überall gibt, aber der Fahrer war (vielleicht wegen der schlechten Auslastung seiner Bahn) schlecht gelaunt und konnte oder wollte auch meinen Geldschein nicht wechseln.
Donnerstag, 29. September: von Montecatini Terme über Florenz und Siena nach Chianciano Terme
Inzwischen haben wir den Reiseführer kennengelernt, der uns bis Messina begleiten soll. Das war ein richtig armes Würstchen, was aber weniger an ihm selbst lag als an der Situation, in die man ihn gebracht hatte. Er ist seit Jahren Reiseführer in Breslau und Krakau, macht aber jedes Jahr vier Wochen Praktikum in Italien, um das Land kennenzulernen. Dass er unsere Reise betreuen soll, hatte er erst wenige Tage vorher erfahren, das Reiseprogramm und eine Teilnehmerliste hatte er jedoch nicht bekommen. Süditalien kannte er noch nicht, keine Straßen, Umgehungen, Rastplätze, Toiletten, Hotels, Geheimtipps etc. Außerdem war er kränklich wie der Busfahrer, mit dem er sich überhaupt nicht verstand. Sie konnten sich nur auf das Navi und den Augenschein verlassen, sowie Informationen beim Reiseveranstalter, den Hotels und den Begleitern anderer Busse zusammentelefonieren. Das konnte einfach nicht gutgehen – und ging es auch nicht…
So war bereits der Zeitansatz für die Fahrt nach Florenz zu knapp gewählt, sodass wir den Treffpunkt mit unserem Stadtführer zu spät erreichten und dieser die Führung sowie die anschließend übliche Freizeit etwas kürzen musste. Ich konnte damit insofern leben, als dass ich in der Altstadt von Florenz ja schon zwei Führungen mitgemacht hatte und dadurch die wesentlichen Sehenswürdigkeiten bereits kenne, wenn auch mit Ausnahme des Doms nur von außen.
Dafür waren wir pünktlich an unserem zweiten Ziel, der mit Florenz traditionell verfeindeten Stadt Siena, die für mich neu und somit das erste Highlight der Reise war. Die dortige Führung gestaltete sich recht anstrengend, nicht nur weil die Temperaturen merklich angestiegen waren, sondern auch weil man, um von der von den Florentinern errichteten Festung und der Dominikanerbasilika (in der man leider nicht fotografieren durfte) zum weithin sichtbaren Dom zu gelangen, ein sich durch das Stadtgebiet ziehendes Flusstal erst umgehen und dann überqueren muss. Mit dem Dom hat es eine besondere Bewandtnis: um den in Florenz zu toppen, beschloss man, ihn als Seitenschiff stehen zu lassen und im rechten Winkel dazu ein riesiges neues Hauptschiff anzubauen. Einen Teil der Außenmauern schaffte man sowie das große Eingangsportal im Rohbau, das nun ebenfalls weithin sichtbar über der Stadt steht und sogar bestiegen werden kann. Dann kam die Pest, und das Vorhaben wurde nie wiederaufgenommen.
Natürlich besuchten wir auch die Piazza del Campo, wo zweimal im Jahr das berühmte mörderische Pferderennen, der Palio, stattfindet. Mörderisch ist durchaus angebracht, denn allein seit 1970 sind 50 Pferde an den Folgen verendet, und auch viele Reiter kamen nicht ungeschoren davon. Letzterer bedarf es jedoch nicht unbedingt, denn die Pferde dürfen auch ohne Reiter gewinnen, sofern sie noch die Insignien ihrer Contrade (Stadtteil) tragen; und das ist nicht selten vorgekommen. Um diesen Bericht nicht zu sehr aufzublähen, verweise ich auf den lesenswerten Wikipedia-Artikel, der erklärt, was es mit dem Palio und den Contraden auf sich hat und wie das Ganze funktioniert, das übrigens nicht der Touristen wegen veranstaltet wird. In diesem Jahr gab es die Sensation, dass die zuvor 27 Jahre lang sieglose Wolf Contrade beide Rennen gewann, was in 700 Jahren erst 17mal vorgekommen ist! Sie hatten übrigens zweimal dasselbe Pferd zugelost bekommen.
Unser nächstes Hotel in Chianciano Terme fand unser Navi problemlos, aber zu dieser Jahreszeit wird es ja schon so früh dunkel, dass mir der nette kleine Balkon am Zimmer leider nichts mehr nützte. An diesem Ort hatte ich bereits auf einer früheren Reise einmal übernachtet, aber ich müsste erst nachschauen, wie das Hotel heißt und wo es liegt. Dieses hier wird mir jedenfalls in Erinnerung bleiben durch die zum Abendessen servierte Pasta alla Wodka! Natürlich geht der Alkoholgehalt bei der Zubereitung weitgehend verloren, sodass ich beim Essen weder lustig noch betrunken werden konnte, aber man schmeckte deutlich, dass in der Tomaten-Speck-Soße reichlich Wodka drin war. Und ich weiß, was Wodka ist, schließlich war ich vor langer Zeit mal zwei Jahre mit einer Russin liiert…
Freitag, 30. September: von Chianciano Terme über Rom nach Gragnano
Unser nächstes Ziel lag direkt auf dem Weg: die Hauptstadt Rom. Meinen Bericht kann ich kurz halten, denn der Besuch hat mir nichts Neues gebracht. Die meiste Zeit sind wir im Bus herumgefahren, wobei man viel sehen aber bekanntlich wenig fotografieren kann. Die wenigen zu Fuß besuchten Sehenswürdigkeiten wie der Trevi-Brunnen (natürlich habe ich auch wieder zwei Münzen auf die vorgeschriebene Weise hineingeworfen), die Spanische Treppe und die Piazza del Populo hatte ich schon bei meinem letzten Besuch gesehen und fotografiert. Die Führung war insofern ein bisschen anstrengend, weil unsere Stadtführerin wie ein Wasserfall geredet und gelacht hat.
Wir verließen Rom so früh, dass wir annahmen, heute rechtzeitig im nächsten Hotel zu sein. Aber da hatten wir die Rechnung ohne den Reiseführer und das Navi gemacht, denn es folgte Katastrophe Nr. 2! Es sollte irgendwo hinter Neapel in die Nähe der von mir ja auch schon einmal besuchten Halbinsel Sorrent gehen, aber die Adresse war so ungenau, dass das Navi nicht helfen konnte. Offenbar war schon das Auffinden des Zielorts Gragnano ein Problem, denn wir sind im Raum Neapel seltsam hin und her gefahren und hatten den Vesuv mal rechts, mal links, mal hinter, mal vor uns, als ob er uns verfolgen würde. Nach späterer Aussage des Fahrers sind wir wohl mehr als hundert Kilometer zuviel gefahren! Im schließlich erreichten Ort selbst fragten wir zwei Passanten, aber deren Antworten stimmten offensichtlich weder hinsichtlich Richtung noch Entfernung, und natürlich kann man mit einem Bus nicht überall leicht wenden. Eine Frau führte uns schließlich mit dem Auto hin. An dem großen, hell erleuchteten Hotel waren wir übrigens vorbeigefahren, und viele von uns hatten es gesehen, aber da wir den Namen unseres Hotels nicht gesagt bekamen, wussten wir nicht, dass es dieses ist. Es ist rätselhaft, wieso die Herren hinter der Windschutzscheibe dies und anderes nicht sehen konnten! Das Hotelpersonal war merklich angepisst ob der durch uns verursachten Überstunden und hatte es sehr eilig, die drei Gänge zu servieren und zwischendurch bereits die Getränke abzukassieren.
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