Invasion. Lars Burkart

Invasion - Lars Burkart


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Rest des Teams weitergeben und sich selbst und ihr Material in Gefechtsbereitschaft versetzen.

      Ich sah den dreien dabei zu, wie sie eilig mein Zelt verließen und lächelte. Auf mein Team konnte ich mich verlassen.

      „Hast du eine Ahnung, was uns auf EK-12 erwartet?“

      Ich sah Jim einen Augenblick schweigend an. Warum fragte er mich das? Ich war doch auch noch nie dort gewesen. Alles, was ich wusste, wusste ich von der Aufklärung. Dennoch wollte ich ihm etwas sagen.

      „Verschiedene Klimazonen von polar bis tropisch, Berge und Wüsten, ein gigantischer Ozean, und im Landesinneren große Seen und Flüsse.“ Ich sah ihm an, dass es nicht die Art Antwort war, die er erwartete.

      „Es gibt ein paar Tiere dort, vorwiegend kleinere Nager, aber auch größere, etwa in der Größe von Schäferhunden. Ansonsten Insekten. Nur wenig, worum wir uns Sorgen machen müssen.“

      „Das war’s?“

      „Das war’s.“

      EK-12. Ein etwas nichtssagender Name für einen Planeten, der unsere Zukunft werden sollte. In den letzten zweihundertfünfzig Jahren war die Erde ausgebrannt. Die Bodenschätze sind nahezu erschöpft, Trinkwasser gibt es kaum noch und Nahrung … na ja, sie wissen ja, wie es aussieht. EK-12 ist unsere letzte Hoffnung.

      Gerüchten zufolge soll er uns nicht nur Bodenschätze und Nahrung liefern, sondern in naher Zukunft auch als neuer Wohn- und Lebensraum zur Verfügung stehen. Angeblich sollen in den Schubläden der Erdregierung bereits Pläne zur Evakuierung der Erde liegen. Nun denn, darum zerbreche ich mir nicht den Kopf. Meine Aufgabe und die meines Teams ist es, EK-12 zu assimilieren. Ihn also genauestens auszukundschaften und geeigneten Lebensraum zu finden.

      Vor zwei Jahren sind unsere ersten Kundschafter da gelandet. Und fortan wurde alles auf der Erde daraufhin ausgerichtet, dort eine dauerhafte Kolonie zu schaffen. EK-12 scheint dafür hervorragend geeignet: Viermal so groß wie die Erde, Lebensraum im Überfluss, Wasser, Sauerstoff und Wärme.

      Nennen wir das Kind beim Namen: Die Erde liegt im Sterben, und EK-12 ist der letzte Rettungsanker für die Menschheit. Ich glaube also, dass an den Evakuierungsgerüchten was dran sein könnte. Dennoch ist es nicht meine Aufgabe, mir darüber den Kopf zu zerbrechen.

      „Du solltest dich noch ein bisschen hinlegen und schlafen“, sagte ich zu Jim. Damit drehte ich mich zu meinem Arbeitstisch und studierte die Batterie an Karten, die darauf ausgebreitet dalagen.

      Jim seufzte verächtlich. Als ob er die nächsten Wochen und Monate nicht genug schlafen würde! Dann drehte er sich um und verließ mein Zelt.

      Endlich war ich allein. Allein mit meinen Gedanken. Der Wüstenwind knatterte an der Zeltplane. Ich war froh über das Geräusch. Ich hätte es nie jemandem gestanden, aber ich hatte Angst. Nicht vor EK-12 oder davor, was er für uns bereithielt. Nein, ich fürchtete mich vor meiner Position, vor der Verantwortung. Die Grundausbildung lag keine zwölf Monate hinter mir, und jetzt hatte ich bereits so einen Auftrag an Land gezogen. Andere warteten ihr ganzes Leben auf eine solche Chance, und ich bekam sie nach gerade mal einem Jahr. Und ich durfte nicht scheitern.

      In dieser letzten Nacht auf der Erde schlief ich so gut wie gar nicht.

      Punkt vierhundert zündeten die Triebwerke, und der Shuttle beförderte mich und meine Kameraden in den Orbit. Insgesamt bestand mein Team jetzt aus vierundzwanzig Soldaten – es waren mir noch einige zugeteilt wurden. Aber das erfuhr ich erst zehn Minuten vor dem Start.

      Trotz der frühen Stunde waren wir alle hellwach. Wenn Sie sich nun fragen, warum ein junger, vergleichsweise unerfahrener Soldat wie ich ein Kommando auf einer so wichtigen Mission bekommt, kann ich nur sagen: Es war als Erkundungsmission gedacht. Eine erste Mission, der noch weitere, ungleich schwierigere folgen sollten. Dass es letztlich so schwierig werden würde, dass wir alle diese Scherereien erlebt haben, damit konnte keiner rechnen.

      Im Orbit gilt Erdstandardzeit. Gleich nach unserer Ankunft auf dem Weltraumbahnhof bestiegen wir den Raumkreuzer, legten uns in unsere Stasekammern, und als um Mitternacht Erdstandard der Kreuzer zu EK-12 startete, schliefen wir bereits tief und fest.

      Unser Flug zu EK-12 war mit fünf Monaten berechnet worden. Fünf Monate im Hyperraum. Das entsprach ungefähr einer Entfernung von 2.500 Lichtjahren. Wir wären also 2.500 Jahre lang unterwegs gewesen, wenn wir mit Lichtgeschwindigkeit gereist wären. Zum Glück sind diese Zeiten vorbei. Wie haben das die ersten Entdecker damals nur geschafft? Jahrelange Einsamkeit, und wenn sie nach Jahrzehnten auf die Erde zurückkamen, war da nichts mehr so, wie sie es kannten. Ein dreifaches Hoch auf das Reisen im Hyperraum! In fünf Monaten schon würden wir im Orbit von EK-12 sein. Na ja, und fünf Monate Schlaf hatten doch auch was für sich, oder?

      Kapitel 2

      Phase Eins

      EK-12

      Ich stellte meine Aufwachfunktion so ein, dass sie mich weckte, wenn die Bremsphase beendet war und wir uns im Anflug auf EK-12 befanden.

      Nun, sie tat ihren Dienst. Meine Kameraden schliefen noch in ihren Stasekammern, als ich mich vor der einzigen Scheibe im Schiff platzierte und dem Planeten entgegensah. Das Schiff flog völlig autark; nur einen Piloten gab es, aber der schlief ebenso, denn es war jemand aus meinem Team. Wenn es während der Flugphase zu einem Ereignis gekommen wäre, das der Flugcomputer nicht hätte beherrschen können, wäre er geweckt worden.

      Da es aber zu keinem Zwischenfall gekommen war, war ich der einzige an Bord, der wach war. Ich stand allein da, lauschte hinein in die Stille und starrte in das schwarze All. EK-12 war schon gut zu erkennen; momentan hatte er bereits die Größe eines Medizinballs.

      Es war mucksmäuschenstill. Ich genoss es. Wer wusste, wann ich das nächste Mal so für mich allein sein konnte?

      Ungefähr eine Stunde stand ich da und sah zu, wie der Planet Form und Farbe annahm. Allmählich begriff ich, warum er so etwas wie den Rettungsanker der Menschheit darstellte. Allerdings machte mich das auch wieder nervöser.

      EK-12 verfügte über eine Tages- und eine Nachtzone. Dass er viermal so groß war wie die Erde, erwähnte ich ja bereits. Da war aber noch viel mehr. Er hätte ihr großer Bruder sein können: Es gab reichlich Wasser, einen gigantischen Ozean, Flüsse und Seen. Mehrere Klimazonen. Pole, die mit Eis bedeckt waren. Wüsten am Äquator. Und dazwischen grüne Zonen. Sein Anblick war unglaublich.

      Dann schwenkte das Schiff in den Orbit. Es war für eine Landung konzipiert. Es hatte alles an Bord, was wir zum Überleben brauchten. Das alles mit einem Shuttle runterzubringen, hätte viel zu lange gedauert. Deswegen war von den Missionsplanern entschieden worden, das komplette Raumschiff landen zu lassen.

      Ein kurzer Ruck, dann ging es stetig nach unten.

      Nur Minuten später tauchten wir ein in die Atmosphäre.

      Dieselbe Schwerkraft wie auf der Erde. Auch die Luft hatte dieselbe Zusammensetzung.

      Als wir das Raumschiff verließen, atmeten wir einige Male tief ein und aus. Unsere Landezone lag am Fuße eines gewaltigen Gebirges. Zum einen hatten wir so die Berge im Rücken, und zum anderen vor uns eine riesige, flache Ebene.

      Falls es doch zu etwas Unvorhergesehenem kommen sollte, bräuchten wir uns nur in eine Richtung zu verteidigen. So der Plan. Aber ich machte mir keine Sorgen deswegen. Nach Aussagen unserer Aufklärungstrupps sollten die größten Tiere hier die Größe von Rehen haben. Nicht sehr furchteinflößend, wie ich fand.

      Wir hätten unter der Erde nachsehen sollen.

      Die ersten Tage und Wochen verliefen ohne Zwischenfall. Wir beförderten unsere Wohneinheiten aus dem Bauch des Raumschiffs, bauten ein paar Pflanzen an, Kartoffeln und Mais, um zu sehen, wie unsere heimischen Pflanzen auf EK-12 gediehen und um etwas zu Spachteln zu kriegen.

      In regelmäßigen Abständen schickte ich Erkundungstrupps los. Vorwiegend in die Ebene, die sich viele hundert Kilometer


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