Pinocchio. Carlo Collodi

Pinocchio - Carlo Collodi


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niesen. Wer es wußte, merkte ihm gleich die innere Rührung an.

      Nach dem Niesen setzte der Direktor wieder sein wildes Gesicht auf und fuhr den Bengele an:

      »Laß das Heulen! Ich bekomme Magenweh von deinem Jammern; schon drückt mich's wieder ...« – Hatzi, hatzi! mußte er noch zweimal niesen.

      »Gesundheit!« sagte Bengele.

      »Dankschön! – Leben deine Eltern noch?« fragte Feuerschlund.

      »Der Vater, ja! Die Mutter habe ich nie gekannt.«

      »Was für ein Elend wäre es für deinen Vater, wenn ich dich jetzt ins Feuer geworfen hätte. Armer Vater, du tust mir leid ...« hatzi, hatzi, hatzi, dreimal mußte er niesen.

      »Gesundheit!« sagte Bengele.

      »Dankschön! – Eigentlich muß ich dir aber auch leid tun. Schau da, ich habe kein Holz mehr, um den Hammel fertig zu braten, und du hättest gerade guten Dienst getan. Aber jetzt habe ich Mitleid mit dir und es ist nichts mehr zu machen. Ich will dafür einen von meinen Schauspielern aufs Feuer legen. – Heda! Gendarmen!«

      Gleich erschienen zwei lange Holzgendarmen; sie trugen einen altmodischen Helm auf dem Kopf und schwangen ihre Säbel.

      Mit rauher Stimme sagte der Direktor:

      »Faßt den Kasperle, bindet ihn und legt ihn hier auf das Feuer. Mein Hammel muß gar werden!«

      Denkt euch den Schrecken des unschuldigen Kasperle! Seine Beine knacksten zusammen, und er fiel stracks auf die Nase.

      In diesem fürchterlichen Augenblick warf sich Bengele dem Direktor zu Füßen, weinte und flehte:

      »Erbarmen, Herr Feuerschlund!«

      »Herr Feuerschlund?« gab dieser barsch zurück.

      »Erbarmen, Herr Direktor!«

      »Direktor?«

      »Erbarmen, Herr Hofrat!«

      »Hofrat?«

      »Erbarmen, Herr Geheimerat!«

      »Geheimerat?«

      »Erbarmen, Exzellenz!«

      Beim Titel Exzellenz verzog der Direktor sofort den Mund zu einem feinen Lächeln; er wurde plötzlich artig und zugänglich und sagte zu Bengele:

      »Nun, mein Lieber, was ist dein Begehr?«

      »Ich bitte um Gnade fürs Kasperle.«

      »Hier gilt keine Gnade mehr. Dich habe ich geschont, also muß ich einen andern aufs Feuer legen. Mein Hammel muß gar werden.«

      »Dann« – stolz richtete sich Bengele auf und warf seine Mütze weit von sich wie ein Held – »dann kenne ich meine Pflicht. Vorwärts, Gendarmen, bindet mich und legt mich auf die Glut! Kasperle, mein aufrichtigster Freund, soll nicht meinetwegen sterben!«

      All die hölzernen Leutchen jammerten laut; die beiden Gendarmen weinten wie kleine Kinder.

      Feuerschlund blieb anfangs hart und unerbittlich; er schien so gefühllos und kalt wie ein Eisklotz. Aber dann faßte ihn langsam die Rührung, er mußte vier-, fünfmal niesen, nahm den Bengele zärtlich in seine Arme und sprach:

      »Du bist ein braver Hampelmann! Komm her und gib mir einen Kuß!«

      Bengele kletterte wie ein Eichhörnchen an dem Bart des Direktors hinauf und drückte ihm einen festen Kuß auf die Nasenspitze.

      »Also bin ich begnadigt?« fragte Kasperle mit kaum hörbarem, dünnem Stimmchen.

      »Begnadigt!« sagte Feuerschlund, seufzte und schüttelte den Kopf:

      »Es geht nicht anders! Heute abend muß ich meinen Hammel halb roh essen. Aber einandermal! Es soll mir keiner so wieder kommen!«

      Die Kunde von der Begnadigung trieb die hölzernen Schauspieler alle auf die Bühne. Sie zündeten sämtliche Lichter an wie bei einer Festvorstellung, hüpften und tanzten und waren lustig bis tief in die Nacht hinein.

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