Dekadenzia. Thomas Häring
aber kurz vor dem Ende gelang denen dann doch noch der scheinbar erlösende vermeintliche Siegtreffer. Aber noch kürzer vor dem Ende folgte nach einem Eckball der überraschende Ausgleich, so daß es in die Verlängerung ging. Dort bekamen die Bayern einen Foulelfmeter zugesprochen, den sie verschossen, weshalb es ins Elfmeterschießen ging. In jenem führten die Münchner bereits mit 3:1, um am Ende dann doch noch mit 3:4 zu verlieren. Es war unglaublich, aber wahr! Sie hatten das Spiel tatsächlich vergeigt und waren danach am Boden zerstört. Aber ein Jahr später kehrten sie hochmotiviert zurück und holten sich das Triple! Daran kann man erkennen, daß es in erster Linie darum geht, aus bitteren Niederlagen die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Wer das DFB-Pokalhalbfinale zwischen dem FC B und dem BVB verfolgte, der erinnerte sich womöglich an das Spiel gegen Chelsea. Wieder dominierten die Bayern, führten verdient mit 1:0, kassierten irgendwann den Ausgleich und vergaben Chancen en masse. Letzten Endes ging es wieder ins Elfmeterschießen, wo zwei Bayern-Spieler am Elfmeterpunkt wegrutschten und so endete jenes Elfmeterduell mit sage und schreibe 0:3, so etwas sah man auch nicht alle Tage. In der Champions League war ebenfalls im Halbfinale Endstation, der FC Barcelona erwies sich als eine Nummer zu groß. Nun wird es also darauf ankommen, welche Schlüsse die Verantwortlichen aus den bitteren Niederlagen ziehen werden.
Borussia Dortmund dagegen steht plötzlich super da und alles scheint bestens, auch wenn der langjährige Erfolgstrainer seinen Abschied verkündet hat. Von Platz 18 noch auf Platz 7 in die Europa League Quali hochgeschossen, das war schon eine sehr beachtliche Leistung, aber wer die verunsicherte Mannschaft in der Vorrunde spielen und dilettieren gesehen hat, dem überkam schon fast das Mitleid. Es kommt eben immer darauf an, wieder aufzustehen, wenn man hingefallen ist und nicht liegenzubleiben.
Borussia Mönchengladbach mag da als wunderbares Beispiel für jene These dienen. Vor ein paar Jahren schon mit mehr als einem Bein in der zweiten Liga, gerade noch die Reißleine gezogen, sich mit Ach und Krach in die Relegation gerettet, jene auch gerade so überstanden und plötzlich in der Champions League dabei, da sieht man doch mal wieder, was im Fußball eigentlich alles möglich ist und genau das ist ja das Schöne daran. Genauso der FC Augsburg. Vor wenigen Jahren nach der Vorrunde mit sage und schreibe neun Punkten am Tabellenende, dann eine starke Rückrunde mit dem damit verbundenen Klassenerhalt und nach einer starken Saison im Vorjahr nun noch besser, auch wenn man hinzufügen sollte, daß die Schwaben genauso viele Spiele gewonnen wie verloren haben, was mal wieder zeigt, wie ausgeglichen die Liga doch ist, wenn man mal von den vier Mannschaften an der Tabellenspitze absieht. Alles ist möglich, aber das halt auch in beide Richtungen, wie zum Beispiel der VfB Stuttgart und der Hamburger SV in den letzten Jahren immer wieder am eigenen Leib schmerzvoll erfahren müssen. Die TSG 1899 Hoffenheim zum Beispiel hat sich vor Kurzem auch erst gerade so gerettet und spielt seitdem wieder munter mit.
Fußball ist mehr als nur ein Sport, eine Leidenschaft, ein Hobby. Fußball ist Psychologie, Taktik, Strategie. Der Mann mit dem Matchplan, Thomas Tuchel, wird als Trainer in die Bundesliga zurückkehren und zwar wird er beim BVB die Nachfolge von Jürgen Klopp antreten. Die Zeiten der Feuerwehrmänner schienen vorbei zu sein, aber abgestiegen sind ausgerechnet die beiden Vereine, die ihre Trainer nicht feuerten. Was ist davon zu halten? Drei Jahre lang dominierten die Bayern aus München die Bundesliga, aber wird das auch so bleiben? Pep Guardiola ist zweifellos ein phantastischer Trainer, aber auch andere Leute verstehen was vom Fußball und mit der Mannschaft, die der FC Bayern zur Verfügung und auf dem Rasen stehen hat, wären sicherlich auch viele andere Trainer Deutscher Meister geworden. Es geht also wie immer um mehr, aber nachdem die Deutschen 2014 Fußballweltmeister geworden sind, ist es natürlich nicht ganz einfach, sich neue Ziele zu setzen, wenngleich es da natürlich die Europameisterschaft gibt, die 1996 zuletzt gewonnen wurde. Mittlerweile scheinen die Bayern nicht mehr die Einzigen zu sein, die sich teure Spieler leisten können und das macht natürlich Hoffnung. In den letzten fünf Jahren wurden nur zwei verschiedene Mannschaften Deutscher Meister und so etwas sorgt natürlich schon für einen gewissen Spannungsabfall sowie gepflegte Langeweile. Aber man sollte es guten Mannschaften nicht vorwerfen, daß sie ihre Spiele gewinnen, denn die Anderen haben es schließlich selbst in der Hand, ebenfalls besser zu werden und mitzuhalten. Bei den beiden feststehenden Absteigern Freiburg und Paderborn handelt es sich um sehr sympathische Teams, die den Abstieg wohl am ehesten verkraften werden können, denn sie gehören zu den Top 30 des Landes und viel mehr können, wollen und werden sie wohl auch nicht erreichen. Der SC F war ja vor Kurzem sogar in der Europa League, was aber dazu geführt hatte, daß man deswegen in der Bundesliga in arge Abstiegsnöte geriet, von daher bleibt abzuwarten, wie sich das alles beim FC Augsburg entwickelt. Und sonst? Trainerwechsel ohne Ende, der VfB Stuttgart zum Beispiel begann die Saison mit dem ehemaligen Meistertrainer Veh, um sich dann am Ende doch wieder vom Retter Stevens in der Liga halten zu lassen. In Hannover hielt man am Trainer fast bis zum Untergang fest und in Hamburg durfte eigentlich fast jeder mal Trainer spielen, bis man sich kurz vor Schluß dann doch noch für einen Profi entschied. In Europa machten die deutschen Vereine keine gute Figur, sie schieden relativ frühzeitig aus, nur der FC Bayern München schaffte es bis ins Halbfinale der Königsklasse, ansonsten sah es da eher mau aus. Es wird sich zeigen, wie sich das Ganze weiterhin entwickelt. Auch die deutsche Nationalmannschaft hat nach der gewonnenen WM noch nicht richtig Tritt gefaßt, von daher dümpelt alles im Ungefähren so vor sich hin.
Deswegen an dieser Stelle vor dem morgigen Tag der Entscheidungen ein kurzer Abstecher in die zweite Bundesliga. Dort kämpfen Darmstadt, Karlsruhe und Kaiserslautern um den Aufstieg, wohingegen Sandhausen, Greuther Fürth, St. Pauli, 1860 München, der FSV Frankfurt und Aue den Abstieg in die 3.Liga verhindern wollen. Der FSV Frankfurt hat deswegen sogar einen Spieltag vor dem Ende noch seinen Trainer gefeuert, was sich lohnen könnte und würde, falls man tatsächlich die Klasse hält oder in die Relegation geht. Aalen ist schon abgestiegen, während Ingolstadt als erster Aufsteiger bereits feststeht. In der 2.Bundesliga tummeln sich viele Vereine, die es nur für ein Jahr in die 1.Liga geschafft hatten, wie zum Beispiel Düsseldorf, Braunschweig und Fürth, aber auch Teams wie Karlsruhe und Kaiserslautern, die fast jedes Jahr vorne mitspielen, ebenso Emporkömmlinge wie Leipzig und der Sensationsaufsteiger aus Darmstadt, der den Durchmarsch schaffen kann. Auch mit der Saison in der 2.Liga werde ich mich demnächst noch näher auseinandersetzen, aber erst einmal bleibt abzuwarten, wie das Ganze endet.
Der Vollständigkeit halber soll noch erwähnt werden, daß Regensburg und Unterhaching aus der 3.Liga absteigen, genauso wie wahrscheinlich Dortmund II, außer eine Mannschaft bekommt die Lizenz nicht. In die 2.Liga aufsteigen werden Bielefeld und Duisburg, Kiel kann es noch über die Relegation schaffen. Ja, für die bayerischen Mannschaften geht eine turbulente Saison zu Ende. München und Ingolstadt jeweils Meister, Augsburg phantastischer Fünfter, Nürnberg als Absteiger aus der 1.Liga im Niemandsland und Fürth sowie 1860 München kurz vor der 3.Liga. Besonders bemerkenswert ist das Ganze natürlich bei der Spielvereinigung Greuther Fürth, denn die wäre 2014 in der Relegation gegen den HSV ein Jahr nach dem eigenen Abstieg beinahe wieder aufgestiegen, aber die Franken nutzten die Gunst der Stunde nicht und so wurden sie am Ende in der 2.Liga förmlich durchgereicht. Es kann eben alles ganz schnell gehen im Leben und im Fußball sowieso. Eben noch der große Held und schon ganz plötzlich unten durch.
Früher bekamen die Trainer Vierjahresverträge unterschriftsreif vorgelegt, heutzutage stellt man sie mal eben für fünf Spiele ein, so ändern sich die Zeiten. Retter Stevens hat keine Lust mehr auf den VfB Stuttgart und verabschiedet sich deshalb nach erfüllter Mission, Retter Frontzeck dagegen scheint Blut geleckt zu haben und wird wohl bei Hannover 96 weitermachen. Aber schauen wir uns das Ganze mal vollkommen objektiv an: In dieser Saison hätte man als Team ungeschlagen sein und trotzdem absteigen können und zwar dann, wenn man 34mal unentschieden gespielt hätte und so auf exakt 34 Punkte gekommen wäre. Schon irgendwie verrückt, oder? Nicht ohne Grund wurde angefügt, daß sich die geretteten Vereine mehr über den Nichtabstieg gefreut haben, als die Bayern aus München über ihre 25.Deutsche Meisterschaft. Alles irgendwie absurd. Da spielt man eine grottenschlechte Saison und läßt sich dann dafür feiern, daß man gerade noch so die Klasse gehalten hat. Andererseits hat so ein Abstieg ja durchaus seine Vorteile, vor allem für den Fan. In der Liga eins drunter gewinnt der eigene Verein nämlich höchstwahrscheinlich wieder öfter, von daher bringt das auch Erfolgserlebnisse mit sich. Auf Dauer kann es schließlich durchaus ermüdend