Kreaturen des Todes, 1. Band. Walter Brendel

Kreaturen des Todes, 1. Band - Walter Brendel


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eine Frau die so hingerichtet wurde. Das war schon sehr seltsam, wirklich ungewöhnlich, dass eine Frau unter solchen Umständen erschossen wird. Das ist eher eine Form der Abrechnung unter kriminellen Männern.

      Die Polizisten untersuchen den Tatort, Das Opfer saß noch auf dem Fahrersitz und war von mehreren großkalibrigen Geschossen getroffen worden und sofort tot. Der etwa 50jährigen Frau war direkt in den Kopf geschossen worden. Schnell ist die Polizei von Augenzeugen umringt, die eine regelrechte Hinrichtung beschreiben und das am helllichten Tag.

      Ein Mann auf einem Motorrad hielte an und ging seelenruhig auf den Renault der Frau zu. Er trug einen Helm. Der Mann zog eine Waffe aus seiner Lederjacke, er schoss etwa sechs Mal und ging völlig ruhig und ohne Eile zu seinem Motorrad zurück. Danach fuhr er davon. Offensichtlich ist der Schütze ein Profi, darauf deutet sein ruhiges und gelassenes Vorgehen hin. Man muss schon sehr abgebrührt sein, um an einer roten Ampel ein Opfer auf diese Weise zu erschießen.

      Alles deutete auf einen Auftragsmord hin. Am Tatort liegen keine Patronenhülsen und es gibt keine Reifenabdrücke. Der Mörder ist extrem vorsichtig, um keine Spuren zu hinterlassen. Die Identifizierung des Opfers hat jetzt Priorität. Wer ist diese Frau? Gibt es einen Hinweis, der ihr tragisches Ende erklären könnte?

      Möglichweise lebte sie mit einen Kriminellen zusammen, einen Bandenmitglied und war selbst in etwas verwickelt. Im Auto finden die Polizisten die Handtasche des Opfers, mit ihren Ausweis und Papieren.

      Das Opfer war Anne-Marie Allaix, eine Lehrerin auf dem Weg zu ihrer Arbeit. Sie war Lehrerin für Sozialkunde an einem Gymnasium im Norden der Stadt und Mutter eines 19jährigen Sohnes. An diesen Tag hatte sie Prüfungsaufsicht. Die 47jährige Lehrerin ist geschieden. Ihr Profil passt so gar nicht in das Bandenschema, von dem die Polizei ausgeht. Sie hatte überhaupt keine Verbindung zur Unterwelt. Es konnte also keine Abrechnung sein. Sie ging jedem Morgen zur Arbeit, kam abends wieder. Sie hatte einen Freund und kümmerte sich um ihr Haus.

      Das Opfer Anne-Marie Allaix

      Sie spielte nicht, trank nicht und ging nicht aus. Auch über ein ausschweifendes Sexleben war nichts bekannt. Eine absolute durchschnittliche Frau und Bürgerin. Auf der einen Seite gab es das absurd brutale Verbrechen, auf der anderen Seite eine ganz normale Frau. Das passte einfach nicht zusammen.

      Die Polizisten sind ratlos. Wer hat diese harmlose Person umgebracht? Die Ermittler fahren zur ihrer Arbeitsstelle. Die Schule liegt in einem Gebiet, in dem es häufig zu Gewalttaten kommt. Der Mord geschah nahe der Schule. Es schien, als habe der Mörder alles ausgekundschaftet, und sie bei der letzten roten Ampel vor dem Gymnasium aufgelauert. Es konnte also jemand von der Schule gewesen sein. Eventuell ein Kollege, mit dem sie Streit hatte, vielleicht hatte sie auch einen Schüler eine runtergehauen oder war mit einem Elternteil aneinandergeraten.

      Die Ermittler verhören Schulleiter, Lehrer und Schüler. Danach wirkt Anne-Marie Allaix noch normaler. Sie wurde als eine dynamische, glückliche Frau beschrieben, die in ihren Beruf aufging und sich sehr für ihre Schüler einsetzte. Sie wurde sehr geschätzt. Die Schüler waren betroffen, einige weinten sogar.

      Nach während den Befragungen wird den Ermittlern klar, dass sie die falsche Spur verfolgen. Es ist zwar ein schwieriger Stadtteil, hatte aber nichts mit dem Fall zu tun. Auch mit der Verwaltung hatte das Opfer keinen Streit. Eine Lehrerin, die Opfer einer derartigen kaltblütigen Straftat wird, das alle s war völlig absurd. Offensichtlich gibt es für den Mord an Anne-Marie Allaix kein Motiv. Handelt es sich um einen tragischen Irrtum? Vielleicht verfolgten die Täter jemanden, der ein solches Fahrzeug fuhr und es kam zu einer Verwechslung. Das wäre eine Möglichkeit. Und der Schütze dachte, er schießt auf einen Mann mit langen Haaren. Am Ende des ersten Ermittlungstages haben die Kripo-Beamten nicht die geringste Spur.

      Einen Tag nach dem Mord kommt ein Mann auf die Polizeiwache. Er hat die Schießerei beobachtet und sagt, er habe wichtige Informationen. Einer der Zeugen sah den Täter auf sein Motorrad steigen und verfolgte ihm eine Zeitlang. Irgendwann verlor er ihm aus den Augen. Aber er hatte das Kennzeichen notiert. So etwas bringt zwar nicht immer Ergebnisse, aber man muss der Sache nachgehen. Ist das Motorrad gestohlen, landet man aber in einer Sackgasse.

      Zur gleichen Zeit macht eine Streife unweit des Tatorts eine wichtige Entdeckung. Die Beamten entdeckten ein Motorrad, was in allem Punkten mit dem des Täters übereinstimmte, knapp einen Kilometer vom Tatort entfernt. Und das noch komplett mit Helm und Handschuhen. Die Ermittler sind überzeugt, dass sie das Täterfahrzeug sichergestellt haben. Der Abgleich des Kennzeichens bestätigt das. Das Nummern-schild, was der Zeuge nach der Verfolgung notiert hat, war identisch. Jetzt stand fest, dass dieses Motorrad am Tatort gewesen war.

      Die Polizisten sind sicher. Der Mörder hat sein Motorrad dort abgestellt, und mit einen anderen Fahrzeug zu fliehen. Er war wirklich gut vorbereitet. Zur Überraschung der Ermittler ist das Motorrad nicht als gestohlen gemeldet. Ist der Besitzer auch der Mörder? Der Besitzer wird festgenommen und auf die Wache gebracht. Außerdem wurde sein Haus durchsucht. Doch etwas stimmt nicht. Der Mann war nicht aktenkundig und völlig bestürzt über seine Verhaftung. Er sei tatsächlich der Besitzer dieses Motorrades, aber er habe es vor einiger Zeit in ein Geschäft zum Weiterverkauf gebracht.

      Die Ermittler fahren sofort zur angegebenen Werkstatt. Der Besitzer sagte, dass er das Motorrad nicht mehr habe. Er habe einen Interessenten gefunden und es bereits im Januar weiterverkauft. Er hatte alle Unterlagen und konnte den neuen Besitzer des Motorrads nennen. Der Verkäufer war ein gewisser Antoine Cionini, 50 Jahre alt und vom Beruf Taxifahrer. Bei seiner Überprüfung machen die Beamten eine unglaubliche Entdeckung.

      Der Mann kannte das Opfer sehr gut. Er war der Ex-Mann von Madam Allaix. Jetzt haben die Polizisten eine Spur, einen Hinweis auf ein Verbrechen aus Eifersucht. Allerdings war das Paar nur zwei Jahre verheiratet und die Scheidung schon lange her. Die Scheidung war 1987, der Mord 1996. Die Trennung lag so lange zurück, dass sie kaum noch Auswirkungen haben konnte.

      Antoine Cionini, der Ex-Mann, der neun Jahre nach seiner Scheidung kaltblütig mordet. Die Theorie scheint etwas weit hergeholt. Er war nicht polizeibekannt, hatte andere Berufe gehabt, bevor er Taxifahrer wurde. Kein typischer Gangster also. Cionini führte zu dieser Zeit ein sehr geregeltes Leben, völlig unauffällig.

      Antoine Cionini schien ein ganz gewöhnlicher Taxifahrer zu sein, kaum vorstellbar dass er der Täter oder Anstifter des Verbrechens sein sollte. Die Ermittler haben weder ein mögliches Motiv, noch eine Erklärung für das zurückgelassene Motorrad. Sie haben nur eine Möglichkeit, sie müssen den Hauptverdächtigten zu fassen bekommen.

      Antoine Cionini

      Seine Spur zu verfolgen, war kein Problem. Die Polizei hatte Papiere, Telefonnummer, alles. Sofort fahren die Beamten zu seinem Wohnort. Doch seine Wohnung war neu vermietet worden. Von den Nachbarn erfuhr man, dass er schon länger nicht mehr dort wohnte. Seit Ende 1995 war er fort.

      Die Hausmeisterin erzählt, dass Antoine Cioninivor seinem Auszug seine Kontaktdaten hinterlassen hat. Die neue Adresse macht die Beamten stutzig. Er hat tatsächlich eine Adresse abgegeben: Rue Tue-Allaix- „Tötet Allaix“. Ein makabres Wortspiel mit dem Namen seiner Ex-Frau. Den Beamten wir klar, dass der Mörder mit ihnen Katz und Maus spielt.

      Er hatte nicht nur der Polizei ein Schnippchen geschlagen, er machte sich obendrein noch über die ganze Justiz lustig. Ein zynisches, provokantes Geständnis. Die Polizei hatte nun den Namen des Mörders und sein Geständnis in Form eines Wortspiels. Scheinbar ist er also der Mörder und bekennt sich zu seiner Tat. Doch er ist nicht zu finden.

      Die Polizei verfolgt alle möglichen Spuren. Vergeblich. Von seinen Angehörigen erhalten sie eine interessante Information. Taxifahrer übernachten manchmal in kleinen Bezirken westlich von Marseille. Das waren Hotels, in denen man weder Ausweise vorzeigt, noch Formulare ausfüllt. Alle Hotelketten von Marseille wurden erfasst und mit Fotos von Antoine Cionini klapperten die Beamten die einzelnen Hotels ab. Die akribische Ermittlungsarbeit zahlt sich aus.

      In einen Hotel, im 11. Bezirk von Marseille war der Mann bekannt. Irgendwann standen die Beamten wieder einmal an einer Hotelrezeption, zeigten das Foto und fragten, ob der Angestellte den Mann erkenne.


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