Das verlorene Seelenheil. R. S. Volant

Das verlorene Seelenheil - R. S. Volant


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ab.

      „Du hast ja wahnsinnig abgenommen!“, sagte er dafür wieder übertrieben staunend zu Amanoue. „Wie hast`n das geschafft, bei der Wampe, die du hattest?“

      Amanoue zuckte nur die Achseln und wich seinen musternden Blicken aus, was Benny noch mehr Zunder zu geben schien. „Also die Fastenkur musst du mir echt mal verraten oder lag es daran, dass du dich seit Wochen hier nicht mehr hast blicken lassen? Wo hast`n gesteckt?“

      „Mir ging es eine Seitlang nischd so gut“, antwortete Amanoue verhalten und Benny klatschte in die Hände.

      „Wusste ich`s doch! Wir haben uns nämlich alle schon gewundert, wegen der eigens zu deiner Bewachung abgestellten Leute“, platzte es aus ihm heraus. „Nun erzähl schon, was war wieder los?!“

      Auch die anderen am Tisch sahen Amanoue neugierig an und so blickte der hilfesuchend zu Brac. „Lass ihn in Ruhe, Benny! Ihr alle!“, brummte ihr Vorgesetzter. „Holt uns lieber mal einer von euch Knilchen `n Bier!“, verlangte er und Finn nickte.

      „Da war doch wieder was, zwischen dir und seiner Majestät“, ließ Benny einfach nicht locker und endlich sah ihn Amanoue direkt an.

      „Wir sind nischd mehr susammen, alles klar jedsd? Seine Majestät hat misch rausgeworfen, endgültig! Und wenn ihr den Grund dafür auch noch wissen wollt, isch habe ihn betrogen, mit eine Frau“, sagte er und senkte durchschnaufend wieder seinen Blick.

      Alle am Tisch starrten ihn an. „So, jetzt wisst ihr es und nun kein weiteres Wort mehr darüber“, zischte Brac sie drohend an. „Der Kleine wird erstmal hier bei uns unterkommen und im Frühjahr wird sich zeigen, wie es weiter geht, aus, ende!“

      Finn stand schluckend auf, holte zwei Bier und stellte sie vor ihnen hin. „Scheiße Mann“, sagte er zu Amanoue und der nickte seufzend.

      „Das kannst du laut sagen!“

      „War sie`s wenigstens wert?“, fragte Matto grinsend.

      „Nein, nischd wirklisch“, antwortete Amanoue genervt. „Sie war nur eine von diese willige Weiber, wie du immer sagst, isch habe sie einfach flachgelegt und das wars!“

      Bernard hob die Augenbrauen. „War sie wenigstens hübsch? So wie die Kleine in Averna?“

      „Ja! Und noch viel `übscher!“, zischte Amanoue zu ihm hin.

      „Na dann, c`est la vie, mon ami“, meinte er und stieß mit ihm an.

      „Du hattest schon mal was, mit `ner Frau?“, piepste Benny entsetzt.

      „Stell dir vor! Und, nischd nur mit diese! In Averna waren es sogar swei!“, antwortete Amanoue angekratzt und unwillkürlich lachten einige auf.

      „Die fette Lola!“, prusteten Finn und Matto los und auch Brac musste grinsen.

      „Ach haltet doch die Klappe“, zischte Amanoue sie beleidigt an und verschränkte die Arme vor der Brust.

      „Ich fasse es nicht“, murmelte Benny schockiert, „kein Wunder, dass ER dich rausgeschmissen hat! Also ich, würde seine Majestät ja nie…“

      „Halt die Klappe, Benny!“, kam es aus den Mündern seiner Kameraden und Benny ruckelte beleidigt mit dem Kopf.

      „Na denn, Prost“, meinte Matto und hob seinen Krug. „Willkommen, bei unserem Haufen!“

      ***

      Henry schlug die Decke zurück, küsste sich zärtlich über die linke Pobacke nach oben und Amanoue rekelte sich lächelnd. Er blickte ihn über seine linke Schulter hinweg an und Henry küsste ihn auch darauf. „Isch liebe disch“, flüsterte Amanoue und Henry sah ihn liebevoll an. Doch dann begann sich dessen Gesicht zu verändern, zerfloss wie schmelzendes Wachs und wurde mehr und mehr zu einer entstellten Fratze.

      „Ich hasse dich“, kam es aus dem verzerrten Mund und Amanoue wachte schreiend auf.

      „Wieder mal ein Albtraum?“, nuschelte es von Finn herüber.

      „Ja“, antwortete Amanoue und setzte sich halb auf. „Und es ist immer die gleische…“

      „Oh Mann, halt die Klappe“, kam es genervt von weiter vorn. „Jede Nacht das Geschreie, von dir! Wie soll man da schlafen?! Du musst ja nicht frühmorgens aufstehen“, meckerte Benny.

      „Isch kann doch auch nischds dafür“, verteidigte Amanoue sich betreten. „Entschuldige, bitte.“

      „Hättest halt deinen Schwanz besser unter Kontrolle halten sollen“, brummte Matto.

      „Wahnsinn, dass wir beide mal einer Meinung sind“, sagte Benny zynisch. „Ich habe doch glatt, gerade das gleiche gedacht…“

      „Ruhe!“, bellte Brac herüber und alle legten sich wieder hin.

      Amanoue starrte eine Weile vor sich hin, bis wieder die üblichen Schlafgeräusche der anderen erklangen. Brac schnarchte vor sich hin, Finn seufzte leise im Traum, ein anderer nuschelte irgendetwas unverständliches und irgendwer furzte langgezogen. Stöhnend zog er die Decke über seinen Kopf und versuchte vergeblich wieder einzuschlafen, nur um eine Stunde später doch aufzustehen. Leise zog er sich an, schnappte sich noch den Umhang und schlich sich hinaus, so wie er es in den letzten Nächten oft getan hatte.

      Der Schnee glitzerte wie eine blaue, mit Diamanten übersäte Decke und Amanoue atmete tief durch. Die Nachtluft war kalt, aber nicht mehr so eisig wie noch vor zwei Wochen, als er sein Gemach verlassen hatte. Seitdem verlief jeder Tag gleich, Amanoue wanderte die halbe Nacht ruhelos umher, legte sich erst bei Sonnenaufgang wieder hin und schlief dann bis mittags. Danach aß er etwas und suchte sich anschließend irgendeine Arbeit. Als erstes hatte er sich ihren Schlafraum vorgenommen und der erstrahlte seitdem in einem nie dagewesenen Glanz. Auch hatte er es sich zur täglichen Aufgabe genommen fortan die Betten der Jungs zu machen und so war deren Schlafraum mittlerweile zu dem wahrscheinlich ordentlichsten der ganzen Garde geworden. Nach dem Abendessen vertrieb er sich die Zeit im Gemeinschaftsraum, würfelte mit den Jungs oder unterhielt sich mit Marius, der ihn wie versprochen, regelmäßig aufsuchte. Doch der konnte ihm jedes Mal auch nur immer das gleiche berichten, nämlich so gut wie gar nichts. Da noch immer keine öffentlichen Audienzen stattfanden, vergrub sich der König weiterhin in seinen Gemächern oder saß mit seinem Onkel und seinem Bruder im kleinen Saal herum.

      Die einzige Abwechslung war hin und wieder Satory, der ihn ebenfalls ab und zu besuchte, doch auch der wusste ihm nichts Neues zu erzählen, da Henry sich auch ihm gegenüber abschottete.

      Und so verliefen die nächsten Wochen alle im selben Trott und vergingen zäh wie Leim. Der Februar kam und brachte zum Ende hin endlich milderes Wetter, der Schnee schmolz und das Schloss schien damit wie aus einem Dornröschenschlaf zu erwachen. Der König begann wieder Audienzen zu halten und somit mussten die Gardisten ebenfalls wieder ihren regelmäßigen Dienst in der großen Halle aufnehmen, was zur Folge hatte, dass Amanoue immer häufiger alleine herumsaß.

      Am ersten März, seinem neunzehnten Geburtstag, schien die Sonne bereits wieder warm vom strahlend blauen Himmel und da seine Freunde allesamt zur Wache eingeteilt waren, verließ er gleich nach dem Mittagessen den Gemeinschaftsraum.

      Eine Weile schlenderte er gelangweilt im hinteren Teil des riesigen Innenhofes umher, bis er schließlich vor dem großen, zweiflügeligen Tor stand. Nachdenklich blickte er auf den dicken, langen Querbalken, der es neuerdings noch zusätzlich verschloss und trat heran. Damals hatte er es nur mit Richards Hilfe geschafft, das schwere Tor zu öffnen und so seufzte er erst einmal. Wie wohl der Garten jetzt nach dem harten Winter aussah? Hatten die jungen Bäume überlebt? Stand der Pavillon überhaupt noch oder war er den schweren Herbststürmen zum Opfer gefallen? Was war aus dem Springbrunnen geworden? Oder hatte Henry vielleicht sogar tatsächlich alles wieder abreißen lassen und damit seine Drohung wahrgemacht…

      Allein würde er den Querbalken niemals heben können, da war er sich hundertprozentig sicher und doch versuchte er es. Zaghaft legte er seine zierlichen Hände auf die Unterseite und drückte nach oben. Nichts bewegte


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