Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve.... Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve... - Friedrich Schiller


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Mutterherzen

      Mich zwischen die Ergrimmten, Friede rufend –

      Unabgeschreckt, geschäftig, unermüdlich

      Beschickt ich sie, den einen um den andern,

      Bis ich erhielt durch mütterliches Flehn,

      Daß sies zufrieden sind, in dieser Stadt

      Messina, in dem väterlichen Schloß,

      Unfeindlich sich von Angesicht zu sehn,

      Was nie geschah, seitdem der Fürst verschieden.

      Dies ist der Tag! Des Boten harr ich stündlich,

      Der mir die Kunde bringt von ihrem Anzug.

      – Seid denn bereit, die Herrscher zu empfangen

      Mit Ehrfurcht, wies dem Untertanen ziemt.

      Nur eure Pflicht zu leisten seid bedacht,

      Fürs andre laßt uns andere gewähren.

      Verderblich diesem Land, und ihnen selbst

      Verderbenbringend war der Söhne Streit;

      Versöhnt, vereinigt, sind sie mächtig gnug,

      Euch zu beschützen gegen eine Welt,

      Und Recht sich zu verschaffen – gegen euch!

      Die Ältesten entfernen sich schweigend, die Hand auf der Brust. Sie winkt einem alten Diener, der zurückbleibt.

      Isabella. Diego.

      ISABELLA.

      Diego!

      DIEGO.

      Was gebietet meine Fürstin?

      ISABELLA.

      Bewährter Diener! Redlich Herz! Tritt näher!

      Mein Leiden hast du, meinen Schmerz geteilt,

      So teil auch jetzt das Glück der Glücklichen.

      Verpfändet hab ich deiner treuen Brust

      Mein schmerzlich süßes, heiliges Geheimnis.

      Der Augenblick ist da, wo es ans Licht

      Des Tages soll hervorgezogen werden.

      Zu lange schon erstickt ich der Natur

      Gewaltge Regung, weil noch über mich

      Ein fremder Wille herrisch waltete,

      Jetzt darf sich ihre Stimme frei erheben,

      Noch heute soll dies Herz befriedigt sein,

      Und dieses Haus, das lang verödet war,

      Versammle alles, was mir teuer ist.

      So lenke denn die alterschweren Tritte

      Nach jenem wohlbekannten Kloster hin,

      Das einen teuren Schatz mir aufbewahrt.

      Du warst es, treue Seele, der ihn mir

      Dorthin geflüchtet hat auf beßre Tage,

      Den traurgen Dienst der Traurigen erzeigend.

      Du bringe fröhlich jetzt der Glücklichen

      Das teure Pfand zurück.

      Man hört in der Ferne blasen.

      O eile, eile,

      Und laß die Freude deinen Schritt verjüngen!

      Ich höre kriegerischer Hörner Schall,

      Der meiner Söhne Einzug mir verkündigt.

      Diego geht ab. Die Musik läßt sich noch von einer entgegengesetzten Seite immer näher und näher hören.

      ISABELLA.

      Erregt ist ganz Messina – Horch! ein Strom

      Verworrner Stimmen wälzt sich brausend her –

      Sie sinds! Das Herz der Mutter, mächtig schlagend,

      Empfindet ihrer Nähe Kraft und Zug.

      Sie sinds! O meine Kinder, meine Kinder!

      Sie eilt hinaus.

      Chor tritt auf.

      Er besteht aus zwei Halbchören, welche zu gleicher Zeit, von zwei entgegengesetzten Seiten, der eine aus der Tiefe, der andere aus dem Vordergrund eintreten, rund um die Bühne gehen und sich alsdann auf derselben Seite, wo jeder eingetreten, in eine Reihe stellen. Den einen Halbchor bilden die ältern, den andern die jüngern Ritter, beide sind durch Farbe und Abzeichen verschieden. Wenn

      beide Chöre einander gegenüberstehen, schweigt der Marsch und die beiden Chorführer reden.

      ERSTER CHOR.

      Dich begrüß ich in Ehrfurcht,

      Prangende Halle,

      Dich meiner Herrscher

      Fürstliche Wiege,

      Säulengetragenes herrliches Dach.

      Tief in der Scheide

      Ruhe das Schwert,

      Vor den Toren gefesselt

      Liege des Streits schlangenhaarigtes Scheusal.

      Denn des gastlichen Hauses

      Unverletzliche Schwelle

      Hütet der Eid, der Erinnyen Sohn,

      Der furchtbarste unter den Göttern der Hölle!

      ZWEITER CHOR.

      Zürnend ergrimmt mir das Herz im Busen,

      Zu dem Kampf ist die Faust geballt,

      Denn ich sehe das Haupt der Medusen,

      Meines Feindes verhaßte Gestalt.

      Kaum gebiet ich dem kochendem Blute.

      Gönn ich ihm die Ehre des Worts?

      Oder gehorch ich dem zürnenden Mute?

      Aber mich schreckt die Eumenide,

      Die Beschirmerin dieses Orts,

      Und der waltende Gottesfriede.

      ERSTER CHOR.

      Weisere Fassung

      Ziemet dem Alter,

      Ich, der Vernünftige, grüße zuerst.

      Zu dem zweiten Chor.

      Sei mir willkommen,

      Der du mit mir

      Gleiche Gefühle

      Brüderlich teilend,

      Dieses Palastes

      Schützende Götter

      Fürchtend verehrst!

      Weil sich die Fürsten gütlich besprechen,

      Wollen auch wir jetzt Worte des Friedens

      Harmlos wechseln mit ruhigem Blut,

      Denn auch das Wort ist, das heilende, gut.

      Aber treff ich dich draußen im Freien,

      Da mag der blutige Kampf sich erneuen,

      Da erprobe das Eisen den Mut.

      DER GANZE CHOR.

      Aber treff ich dich draußen im Freien,

      Da mag der blutige Kampf sich erneuen,

      Da erprobe das Eisen den Mut.

      ERSTER CHOR.

      Dich nicht haß ich! Nicht du bist mein Feind!

      Eine Stadt


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