Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve.... Friedrich Schiller

Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve... - Friedrich Schiller


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Gebrochen hab ich mein Gelübde!

      Sie ringt verzweifelnd die Hände.

      LIONEL betrachtet sie mit Teilnahme und tritt ihr näher.

      Unglücklich Mädchen! Ich beklage dich,

      Du rührst mich, du hast Großmut ausgeübt

      An mir allein, ich fühle, daß mein Haß

      Verschwindet, ich muß Anteil an dir nehmen!

      – Wer bist du? Woher kommst du?

      JOHANNA.

      Fort! Entfliehe!

      LIONEL.

      Mich jammert deine Jugend, deine Schönheit!

      Dein Anblick dringt mir an das Herz. Ich möchte

      Dich gerne retten – Sage mir, wie kann ichs!

      Komm! Komm! Entsage dieser gräßlichen

      Verbindung – Wirf sie von dir, diese Waffen!

      JOHANNA.

      Ich bin unwürdig, sie zu führen!

      LIONEL.

      Wirf

      Sie von dir, schnell, und folge mir!

      JOHANNA mit Entsetzen.

      Dir folgen!

      LIONEL.

      Du kannst gerettet werden. Folge mir!

      Ich will dich retten, aber säume nicht.

      Mich faßt ein ungeheurer Schmerz um dich,

      Und ein unnennbar Sehnen, dich zu retten –

      Bemächtigt sich ihres Armes.

      JOHANNA.

      Der Bastard naht! Sie sinds! Sie suchen mich!

      Wenn sie dich finden –

      LIONEL.

      Ich beschütze dich!

      JOHANNA.

      Ich sterbe, wenn du fällst von ihren Händen!

      LIONEL.

      Bin ich dir teuer?

      JOHANNA.

      Heilige des Himmels!

      LIONEL.

      Werd ich dich wiedersehen? Von dir hören?

      JOHANNA.

      Nie! Niemals!

      LIONEL.

      Dieses Schwert zum Pfand, daß ich

      Dich wiedersehe!

      Er entreißt ihr das Schwert.

      JOHANNA.

      Rasender, du wagst es?

      LIONEL.

      Jetzt weich ich der Gewalt, ich seh dich wieder!

      Er geht ab.

      Eilfter Auftritt

      Dunois und La Hire. Johanna.

      LA HIRE.

      Sie lebt! Sie ists!

      DUNOIS.

      Johanna, fürchte nichts!

      Die Freunde stehen mächtig dir zur Seite.

      LA HIRE.

      Flieht dort nicht Lionel?

      DUNOIS.

      Laß ihn entfliehn!

      Johanna, die gerechte Sache siegt,

      Reims öffnet seine Tore, alles Volk

      Strömt jauchzend seinem Könige entgegen –

      LA HIRE.

      Was ist der Jungfrau? Sie erbleicht, sie sinkt!

      Johanna schwindelt und will sinken.

      DUNOIS.

      Sie ist verwundet – Reißt den Panzer auf –

      Es ist der Arm und leicht ist die Verletzung.

      LA HIRE.

      Ihr Blut fließt.

      JOHANNA.

      Laßt es mit meinem Leben

      Hinströmen!

      Sie liegt ohnmächtig in La Hires Armen.

      Ein festlich ausgeschmückter Saal, die Säulen sind mit Festons umwunden, hinter der Szene Flöten und Hoboen.

      Erster Auftritt

      JOHANNA.

      Die Waffen ruhn, des Krieges Stürme schweigen,

      Auf blutge Schlachten folgt Gesang und Tanz,

      Durch alle Straßen tönt der muntre Reigen,

      Altar und Kirche prangt in Festes Glanz,

      Und Pforten bauen sich aus grünen Zweigen,

      Und um die Säule windet sich der Kranz,

      Das weite Reims faßt nicht die Zahl der Gäste,

      Die wallend strömen zu dem Völkerfeste.

      Und einer Freude Hochgefühl entbrennet,

      Und ein Gedanke schlägt in jeder Brust,

      Was sich noch jüngst in blutgem Haß getrennet,

      Das teilt entzückt die allgemeine Lust,

      Wer nur zum Stamm der Franken sich bekennet,

      Der ist des Namens stolzer sich bewußt,

      Erneuert ist der Glanz der alten Krone,

      Und Frankreich huldigt seinem Königssohne.

      Doch mich, die all dies Herrliche vollendet,

      Mich rührt es nicht, das allgemeine Glück,

      Mir ist das Herz verwandelt und gewendet,

      Es flieht von dieser Festlichkeit zurück,

      Ins britsche Lager ist es hingewendet,

      Hinüber zu dem Feinde schweift der Blick,

      Und aus der Freude Kreis muß ich mich stehlen,

      Die schwere Schuld des Busens zu verhehlen.

      Wer? Ich? Ich eines Mannes Bild

      In meinem reinen Busen tragen?

      Dies Herz, von Himmels Glanz erfüllt,

      Darf einer irdschen Liebe schlagen?

      Ich meines Landes Retterin,

      Des höchsten Gottes Kriegerin,

      Für meines Landes Feind entbrennen!

      Darf ichs der keuschen Sonne nennen,

      Und mich vernichtet nicht die Scham!

      Die Musik hinter der Szene geht in eine weiche schmelzende Melodie unter.

      Wehe! Weh mir! Welche Töne!

      Wie verführen sie mein Ohr!

      Jeder ruft mir seine Stimme,

      Zaubert


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