Verrat in Venedig. Wolf Heichele

Verrat in Venedig - Wolf Heichele


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Ehefrau, Nina di Natale, keine Kinder. Sie lebten zusammen in einer Villa auf der Insel Giudecca.”

      “Ah, im Nobelviertel von Venedig.”

      “Ja! Sollen wir seine Frau informieren?”

      “Tut das. Und schickt bitte einen Polizeipsychologen mit. Man kann nie wissen. Außerdem richtet Frau di Natale bitte aus, dass ich sie morgen vormittag besuchen werde”, erklärte Montebello abschließend.

      “In Ordnung, Commissario.”

      Luigi entfernte sich und Montebello kletterte ebenfalls zurück ans Ufer. Nun war es an der Zeit, sich mit dem Gondoliere zu befassen, der den ermordeten Nudelkönig gefunden hatte.

      Franco Bianco erwartete den Commissario mit versteinerter Miene. Er schien vor Selbstbewusstsein nur so zu strotzen. Die erste Frage, die Montebello dabei in den Sinn kam, war, warum dieser Kerl es nur bis zum Gondoliere gebracht hatte. Nicht dass dieser Beruf weniger ehrenwert gewesen wäre als ein anderer, aber ein Mann mit einer solchen Ausstrahlung sollte sich doch wahrlich zu Höherem berufen fühlen, konnte man zumindest vermuten. Doch wie so oft im Leben trog der Schein wohl. Inwieweit dies der Fall war, das versuchte Commissario Montebello in einem ersten Gespräch herauszufinden.

      “Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Commissario Montebello. Ich arbeite für das Morddezernat in Venedig. Sie sind Franco Bianco?”

      “Si. Buongiorno!”

      Biancos Begrüßung fiel kurz aus. Dabei sah er dem Commissario auffallend stark in die Augen. Meist ein untrügliches Zeichen dafür, dass jemand etwas zu verbergen hatte, wie Montebello aus langjähriger Erfahrung wusste.

      “Erzählen Sie mir, was passiert ist”, bat Montebello.

      Bianco begann in kurzen Sätzen zu berichten, was er erlebt hatte. Dabei zeigte sich, dass Rhetorik nicht zu seinen Stärken gehörte. Er sprach in kurzen Sätzen und verwendete kaum Nebensätze:

      “Also. Natale und seine Begleiterin waren in meiner Gondel. Sie hatten eine 60-minütige Rundfahrt gebucht …”

      Der Commissario unterbrach ihn.

      “Stopp! Eine Begleiterin? Es müsste doch seine Ehefrau gewesen sein, nehme ich an. War es denn nicht seine Ehefrau?”

      Der Gondoliere wurde unsicher.

      “Ähm, ich glaube nicht, nein.”

      “Und wie kommen Sie darauf? Kennen Sie seine Ehefrau denn?”

      Schon nach der zweiten Frage hatte der Commissario den Gondoliere in eine Position gebracht, die diesem unangenehm zu sein schien.

      “Ob ich seine Ehefrau kenne? Äh, nein. Ich denke nicht. Aber ich glaube einfach, dass es nicht seine Ehefrau war.”

      “Und warum bitte?” Montebello ließ nicht locker.

      “Na, weil, ich … äh ...”

      Der Gondoliere war ohne Zweifel um eine Antwort verlegen. Irgendetwas verunsicherte ihn. Für den Commissario war dies bereits ein klares Indiz dafür, dass er in irgendeiner Weise in den Fall verwickelt sein musste. Das musste allerdings nicht zwangsläufig bedeuten, dass er der Mörder war. Vielleicht wollte er die Frau decken, die mit in der Gondel gesessen hatte. Sie war immerhin die Hauptverdächtige.

      Der Commissario ließ den Gondoliere fürs Erste vom Haken.

      “Lassen wir das. Sie werden morgen bitte zu uns aufs Revier kommen und uns eine genaue Personenbeschreibung der Dame geben, anhand derer wir ein möglichst präzises Phantombild erstellen können. Erzählen Sie mir jetzt bitte, wie es weiterging.”

      “O … okay”, stöpselte Bianco.

      “Also. Die haben sich während der Fahrt ein paar Mal geküsst. Und umarmt. Dann haben die Sekt getrunken. Dann legten wir nach etwa einer Stunde wieder am Kai an. Sie baten mich darum, noch ein wenig in der Gondel sitzen bleiben zu dürfen. Ich aber sagte, dass ich jetzt meine Nachmittagspause hätte und im Nautilus einen Cappuccino trinken wollte. Daraufhin steckte mir Signore di Natale einen Hunderter zu und meinte mit einem Augenzwinkern, dass das schon in Ordnung ginge.”

      “Sie haben das Geld natürlich genommen?”

      “Äh, ich, ja, ich habe es genommen …”

      “Und weiter?”

      “Nun, ich ging ins Nautilus. Das Letzte, was ich sah, war, dass seine Begleiterin eine Plastikschüssel aus einem Korb zog. Sie entnahm daraus etwas Essbares. Ich dachte zuerst, es könnte eine Lasagne sein. Später dann, als ich zur Gondel zurückkehrte und den Nudelkönig fand, sah ich, dass es wohl ein Omelett gewesen war.”

      “Ein Pilzomelett, um genauer zu sein”, erklärte Montebello und studierte Biancos Reaktion darauf. Er zeigte allerdings keine Auffälligkeiten.

      “Wie lange waren Sie im Nautilus?”

      “Nicht besonders lange. Von siebzehn bis siebzehn Uhr fünfundvierzig etwa. Es ist nicht weit zu Fuß von hier.”

      “Ich weiß, ich kenne das Nautilus. Kann ihren Aufenthalt dort jemand bezeugen?”

      “Aber ja, die Bardame war sehr nett, fand ich. Sie kann sich bestimmt an mich erinnern. Sie hieß Eva.”

      Es schien dem Gondoliere unangenehm zu sein, dass er nach einem Alibi gefragt worden war, gleichzeitig war er froh, eines vorweisen zu können.

      “Sagen Sie, Commissario, bin ich etwa verdächtig? Aber warum denn? Ich bin doch nur der Gondoliere.”

      “Nun verlieren Sie mal nicht gleich die Nerven, mein Guter”, sagte der Commissario ruhig, “mit dem Lösen eines Falls ist es wie mit einem guten Wein. Alles braucht seine Zeit.”

      Diese Aussage beruhigte Franco Bianco nicht sonderlich und er schaute noch bedröppelter aus der Wäsche.

      Montebello hingegen war mit sich zufrieden. Es war ihm gelungen, diesen Gondoliere mit dem heldenhaften Äußeren schneller aus der Fassung zu bringen, als zu erwarten gewesen war. Verunsicherte Menschen fördern die Wahrheit stets am Schnellsten zu Tage und diesen Umstand würde der Commissario auch bei ihm ausnutzen.

      “Kommen wir nochmals auf die Begleiterin zu sprechen. Sie kannten sie wirklich nicht und Sie haben sie auch noch nie zuvor gesehen?”

      “Nein, das schwöre ich, Commissario. Ich weiß nur, dass sie dunkelhaarig war. Außerdem war sie auffallend hübsch. Schöne braune Augen. Eine Figur wie ein Model. Eine richtige Schönheit. Vielleicht sogar eine Professionelle.”

      “Hm! Natale war wohl kein Kostverächter, so wie es aussieht – sofern es denn wirklich nicht seine Ehefrau war. Warten wir das Phantombild ab. Kommen Sie bitte morgen vormittag ins Dezernat! Am besten kurz vor zwölf.”

      “Si, Commissario, ich werde pünktlich sein.”

      Commissario Montebello entließ den Gondoliere. Er entfernte sich zu Fuß, da er seine Gondel vorläufig nicht benutzen konnte. Sie war mit schwarz-gelbem Absperrband verklebt worden, was sie als Tatort auswies.

      Anschließend erkundigte sich Montebello nach weiteren Zeugen, aber es stellte sich heraus, dass niemand sonst etwas gesehen haben wollte

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