Right in your heart. Isabella Kniest

Right in your heart - Isabella Kniest


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Fotografieren wiederum hatte ich beibehalten.

      Da das Ausdauertraining, Schießtraining und die Selbstverteidigung übermäßig viel Zeit in Anspruch nahmen, blieb aber ohnehin keine Zeit für weitere Interessen.

      Nun, ich hatte mich für dieses Leben entschieden, und es bislang keine einzige Sekunde bereut. Da durften die einsamen Stunden nicht wirklich schwer wiegen.

      Nachdem ich den Reis verschlungen hatte, wusch ich das Glas ab, trocknete die Spüle, duschte mich und packte den restlichen Kram ein. Für den insgesamt dreizehnstündigen Flug zog ich mir eine schwarze Anzughose und ein schwarzes Hemd an. Dazu schwarze flache Schuhe. Meine rückenlangen braunen Haare ließ ich offen. Es tat gut, einmal ohne strengen Dutt herumzulaufen.

      Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel, dann verließ ich die Wohnung.

      Um 18:00 Uhr erreichte ich den Klagenfurter Flughafen, um 18:35 hoben wir ab und um 19:25 landeten wir ohne Komplikationen in Wien.

      Ich nahm das rege Treiben in der großen Halle des Flughafens in Augenschein.

      Dutzende Geschäftsmänner schritten geschäftig von einem Terminal zum nächsten. Ausländer schauten sich verwirrt um. Einige Pärchen, deren weibliche Hälften mir giftige Blicke zuwarfen, eilten an mir vorbei Richtung Ausgang.

      Welch wundervolle Begrüßung.

      Wien.

      Erst einmal hatte ich unserer Hauptstadt einen Besuch abgestattet.

      Damals war ich durch die Aufnahmeprüfung der Cobra gerasselt. Demgemäß wenig Lust hatte ich empfunden, länger zu bleiben und irgendwelche Touristenattraktionen alleine und von Pärchen umzingelt anzugaffen sowie von ebendiesen glücklich liierten Idioten angegafft zu werden.

      Neidig-gefrustete Blicke von mich musternden Weibern standen an oberster Stelle meiner »Das-halte-ich-beim-besten-Willen-nicht-aus-Liste«. Wie eben erlebt. Noch viel bescheuerter wurde es jedoch, wenn solche Zicken meine Musterung abgeschlossen hatten und daraufhin ihren Lebensgefährten an sich zogen, um diesen einen stürmischen Kuss zu verpassen. In der Art: »Der gehört mir. Such dir einen eigenen Freund.«

      Als ob mich solche Schlappschwänze interessierten!

      Männer mit derart komplexbehafteten Weibern an ihrer Seite waren meiner Meinung nach ohnehin nicht ganz dicht und daher beziehungsuntauglich.

      Nun, was soll’s.

      Wer sagte denn, Leute würden vernünftige und anständige Individuen darstellen?

      Ich jedenfalls nicht …

      Der zweite Flug startete um 21:45. Genügend Zeit, um sich einen letzten österreichischen Kakao zu gönnen.

      Während ich die hektische Szenerie durchquerte, hielt ich nach einem Lokal Ausschau.

      Ein braunes Schild, auf dem in geschwungenen weißen Buchstaben »Café« geschrieben worden war, lenkte meine Schritte in die linke Richtung.

      Mein Handy vibrierte.

      Wahrscheinlich war das diese bescheuerte Facebook-App, die mir sagen wollte, ich hätte viel mehr Freunde auf Facebook, als ich dachte.

      Leicht genervt zog ich das Smartphone hervor – da wurde ich angerempelt.

      Taschendieb, war mein erster Gedanke.

      Sofort brachte ich mich in eine Art Kampfstellung: Trolley losgelassen, den Griff um die Handtasche verstärkt, den Großteil meiner Aufmerksamkeit auf den Rempler gerichtet. Den Rest meiner Konzentration benutzte ich, um die mich umgebende Szenerie zu beobachten.

      Taschendiebe arbeiteten oft im Team. Eine Unachtsamkeit und Trolley oder in Hosentaschen steckende Portemonnaies gehörten für immer der Vergangenheit an.

      Der vermeintliche Kriminelle, ein Mann mit leicht zurück gegelten dunklen Haaren und einer Sonnenbrille auf der Nase, war jedoch längst dabei, unbeeindruckt an mir vorüber zu schreiten.

      Und meine Synapsen feuerten.

      Weshalb trug dieser Idiot eine Sonnenbrille bei Nacht? Warum zeigte er dieses übertrieben verschmitzte Macho-Gelächle? War er solchermaßen in Gedanken vertieft oder war die Aktion Absicht gewesen?

      Und sofern Letzteres zutraf, was wollte dieser dunkelhaarige Johnny Bravo damit bezwecken?

      »Sorry, Kleine«, kam es mit satter tiefer Stimme salopp wie selbstbewusst über seine Lippen. Seine Schrittgeschwindigkeit verlangsamte er nur geringfügig.

      Obgleich ich Johnnys Augen nicht erkennen konnte, hatte ich das Gefühl, er würde mir bis in die tiefsten Winkel meiner Seele blicken.

      Unauffällig und in sekundenschnelle nahm ich seine überraschend große und maskuline Statur in Augenschein. Er trug ein dunkles Hemd, darüber eine kurze Lederjacke und eine hautenge Jeans, der es nicht einmal im Ansatz gelang, seine muskulösen Beine zu verstecken. Schwarze Lederstiefel rundeten sein lässiges Outfit ab. Die selbstbewusste Körperhaltung, das unverbindliche Grinsen und der gepflegte kurz geschnittene zarte Bart, welcher seine leicht kantigen Gesichtskonturen ungleich stärker zur Geltung brachte, verliehen ihm eine schwer zu ignorierende Ausstrahlung.

      Ich musste mir eingestehen: Er sah verdammt attraktiv aus … unwahrscheinlich attraktiv.

      »Geiler Arsch.«

      Mir wurde es schlecht.

      So viel zum ersten Eindruck.

      »Hat auch viel Zeit und Mühe gekostet«, gab ich angewidert zurück, drehte mich um, packte den Trolley und marschierte weiter.

      So ein aufgeblasener Gockel!

      Derlei Situationen verdeutlichten mir abermals, weshalb ich mich mit Männern außerhalb meines Jobs nicht abgab!

      Dumme Kommentare und übermäßiges Selbstbewusstsein, welches im Endeffekt in Arroganz mündete, brauchte ich wahrhaftig nicht, um glücklich zu werden.

      Was du brauchst, ist ein Mann!, echote Dans Aussage mir durch den Verstand.

      Ja genau. Womöglich noch einer, wie dieser Rempler vorhin?

      Mit Sicherheit nicht!

      Kopfschüttelnd betrat ich die Café-Lounge.

      Was ich bestenfalls benötigte, war jemand, auf den ich mich verlassen konnte.

      Ein guter Kumpel. Ein Partner. Ein Back-up – eine starke Schulter zum Anlehnen.

      Ein Macho, wie der vorherige würde mir diese Bedürfnisse niemals befriedigen. Eher noch würde ich mir damit mehr Probleme aufhalsen …

      Der Flug startete planmäßig und verlief – sofern man von dem kleinen Missgeschick eines sehr betagten Mannes absah – recht unspektakulär: Die halbe Zeit schlief ich, und wenn ich wach war, zog ich mir ein paar Songs eines italoamerikanischen Sängers namens Slim Man rein, dessen wunderbare an Vollmilchschokocreme erinnernde Stimme mich in richtige Urlaubslaune versetzte.

      Gut, die Texte waren allesamt relativ schmalzig und schnulzig und kitschig … dennoch. Irgendetwas hatte dieser Mensch an sich. Etwas, das ihm offenkundig ebenso in seine Songs unterzubringen gelang: etwas, wie Seele.

      Um 5:20 Uhr Ortszeit landete die Boeing in Dubai. Nun musste ich drei Stunden warten, ehe mich mein nächster vierstündiger Flug nach Male brachte.

      Die Wartezeit nutzte ich, um meinen Polizeibericht zu schreiben. So ein MacBook Air mit seiner zwölfstündigen Akkulaufzeit konnte da ziemlich praktisch sein.

      Flott tippte ich mein kleines Abenteuer nieder – und keine halbe Stunde später klickte ich auf den Senden-Button des Mail-Programms.

      Nun hieß es: warten. Darum zückte ich Barry Eislers Tokyo Killer und begann zu lesen.

      Eben war Rain dabei, einen dieser verfickten Arschsäcke umzubringen, da vernahm ich den Aufruf


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