Die Prinzessin von Babylonien und andere Erzählungen. Selma Lagerlöf
du hast ja immer getreulich für dieses Haus gesorgt,« sagte er. »Du willst gewiß nur mein Bestes. So gib mir die Würfel her! Morgen mag es gehen, wie es will, wenn ich nur heute nacht Duwe ebenso arm machen kann, als er war, da er ehegestern in diesen Hausflur trat.«
Im Augenblick darauf war Silfverbrandt wieder im Saale.
»Jetzt bleibe ich aber nicht länger hier sitzen und höre mir das Eulengeschrei und den Sturm an, ohne zu spielen,« brach Duwe los. »Ich gehe jetzt zu Bette.«
»Willst du mir nicht noch zuerst diese Tanneninsel abgewinnen?«, fragte Silfverbrandt, indem er sich am Spieltisch niederließ.
Er nahm den kleinen Becher, in dem die Würfel lagen, und schüttelte sie. Dann spielten er und Duwe mehrere Stunden lang, aber Silfverbrandt gewann jedesmal. Unterdessen hörte das Unwetter auf, die Eule fand den Weg in ihr Nest, die alte Haushälterin mußte vor Müdigkeit ihr Lager aufsuchen, aber Silfverbrandt ging nicht zur Ruhe, ehe er nicht Acker um Acker, Weide um Weide, Wald um Wald, Kate um Kate zurückgewonnen hatte, so daß ganz Töreby wieder sein war.
Ein prächtiger Morgen folgte der Unwetternacht: hoher, blauer Himmel, frische Luft und ein spiegelnder klarer See.
Die alte Haushälterin wurde zu ihrem Herrn hineingerufen, während dieser noch zu Bette lag.
Als sie die Schlafkammertüre öffnete, dünkte es ihr, daß etwas Kleines und Graues an ihr vorbei huschte Sie sah gerade nur so viel, daß sie zusammenzuckte. Dann war es verschwunden.
Rittmeister Silfverbrandt lag sehr bleich drüben im Bette. »Hat Sie ihn gesehen?« fragte er.
»Nein,« sagte die Haushälterin aus alter Gewohnheit. Man glaubte, daß es dem Heinzelmännchen nicht recht war, wenn man sagte, daß man es gesehen hatte.
»Es war der Altvater,« sagte der Rittmeister. »Er ging gerade, als Sie hereinkam. Er war hier drinnen und hat mit mir gewürfelt.«
Die Haushälterin stand da und starrte ihren Herrn an. »Altvater ist mit mir nicht recht zufrieden,« sagte der Rittmeister. »Er will lieber, daß mein Bruder den Hof bekommt. Und Sie wünscht es sich vielleicht auch.«
Der Rittmeister sah ganz sonderbar aus. Die alte Frau wußte nicht, was sie antworten sollte.
»Ja, den alten Duwe habe ich ja doch vom Hof weggebracht,« fuhr Silfverbrandt fort. »Ich wollte Altvater die Hilfe lohnen, indem ich es hier auf dem Hofe so werden ließ, wie er es haben will, aber er hat kein rechtes Vertrauen zu mir. Er setzt so wunderliche Dinge im Spiel ein, dieser Kobold. Er ist ärger als Duwe.«
Die Haushälterin begann zu zittern und zu murmeln wie in der Nacht: »Der Herr bewahre uns!«
»Na, stehe Sie nicht so da, Menschenskind, und mache Sie kein so bekümmertes Gesicht,« sagte Silfverbrandt, »spute Sie sich lieber und putze Sie mir meine Uniform! Poliere Sie das Bandelier, scheure Sie die Knöpfe und putze Sie die Flecken aus! Das Reitpferd soll auch mit dem besten Zaumzeug gesattelt werden. Die Mähne muß gestrählt sein, die Steigbügel müssen blinken, und die Lederriemen glänzen!«
Die Haushälterin sah ihren Herrn erstaunt an. Sie ging und kam sogleich mit der Uniform wieder. In einem solchen Hofe wie Töreby gab es nichts, das nicht geputzt und gestriegelt, poliert und wohlgepflegt gewesen wäre.
So stand denn Rittmeister Silfverbrandt auf, legte die blaue Uniform an, rückte den dreikantigen Hut auf dem Kopf zurecht, schnallte den Säbel an die Seite und zog die langen steifen Stulphandschuhe an. Er trat auf die Schwelle und sprang auf sein Pferd, das gesattelt draußen wartete.
Zweimal ritt er rings um den Hof, dann schwenkte er zum See hinab, wo die lange Waschbrücke, die gerade vom Ufer wegragt, schon dazumal stand. Er sah so prächtig und stolz aus, wie er da ritt, daß alles Hausgesinde herauskam, um ihn anzusehen. Und der Kutscher und die Haushälterin sahen alle beide, wie das Heinzelmännchen sich zur Stalluke hinausbog und dem Gutsherrn nachsah.
Als der Rittmeister zum Seeufer hinabkam, ritt er auf die Brücke hinaus. Er saß hoch und stolz im Sattel wie ein Held, und das Pferd ging mit kurzen, tanzenden Schritten. Als die Brücke zu Ende geritten war, entstand ein kurzer Kampf zwischen Reiter und Pferd. Das Pferd wollte wenden, aber Rittmeister Silfverbrandt zwang es mit Reitpeitsche und Sporen weiter zu gehen. Und mit einem hohen Sprung stürzte sich das Pferd in das Wasser.
Alle, die auf dem Hofe gestanden hatten, fingen nun an, zum See hinab zu laufen. Aber als sie hinkamen, waren Reiter und Pferd verschwunden. Sie waren sogleich untergegangen, ohne wieder auf den Wasserspiegel hinaufzukommen.
Die jungen Burschen sprangen in die Boote und ruderten auf den See hinaus. Alle sprachen durcheinander und suchten Rat und Hilfe zu bringen, aber die alte Haushälterin blieb still. »Es nützt nichts,« sagte sie. »Das ist der Hausgeist. Er hat sein Leben an den Hausgeist verspielt, für die Hilfe, die er ihm heute nacht gebracht hat.«
Als die Menschen, bestürzt und entsetzt, zum Hofe zurückkehrten, stand das Heinzelmännchen von Töreby, allen sichtbar, in der Stalluke und winkte siegesstolz mit seiner roten Mütze.
Denn nun wußte es, daß Ordnung und Stille und ein ernstes Leben wieder auf Töreby einziehen würde.
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