Kullmann jagt einen Polizistenmörder. Elke Schwab
zufällig diesen Ort gewählt?«, funkte Kullmann dazwischen.
»Nach Aussage des Kollegen nicht. Biehler machte immer hier seine Pinkelpause. Er bemerkte jedes Mal, bevor er ausstieg Ich zeige Rudi Rammler, was ein echter Hammer ist. Weil Biehler immer etwas länger dafür brauchte, machte sich der Kollege auch keine Sorgen um ihn. Doch plötzlich hörte er einen Schuss. Als er den Toten fand, war der Täter jedoch längst verschwunden. Und gesehen hat er auch nichts, was uns weiterhelfen könnte.«
»Also haben wir auch in diesem Fall keinen Zeugen«, stellte Kullmann resigniert fest.
Der Kollege verabschiedete sich und wurde gleich von Theo Barthels, dem Leiter der Spurensicherung, abgelöst: »Bisher haben wir nichts Verwertbares finden können. Das ist ein für unsere Arbeit sehr ungünstiger Tatort, weil hier sehr viele Menschen spazieren und ihre Kinder mitnehmen. Es gibt Schuhabdrücke in allen Größen und Formen. Die können wir gar nicht alle überprüfen.«
»Das hört sich ja genauso an wie damals bei Nimmsgern.«
»Leider ja. Die schönsten Tatorte sind und bleiben eben die in geschlossenen Räumen. Da kann man alle Spuren zuordnen und den Täter herausfiltern«, murrte Theo und machte sich wieder an die Arbeit.
Kullmann und Anke folgten dem schmalen Trampelpfad an dem Gehege der Wildkaninchen vorbei auf einen breiten Spazierweg. Vor ihnen befand sich das Gehege der Alpensteinböcke, die sich durch das Aufgebot an Menschen nicht aus der Ruhe bringen ließen.
Erschrocken fuhr Anke zusammen, als sie Esche erblickte. Er wirkte so, als säße er gelangweilt auf der hölzernen Umzäunung eines kleinen Tümpels, in dem sich nur wenig Wasser befand.
»Was tust du denn hier?«, fragte Kullmann erstaunt.
Gelangweilt ließ Esche seine Beine baumeln, während er antwortete: »Ich habe von dem Mord erfahren und bin gleich hierher gefahren. Inzwischen sind es ja schon zwei Kollegen, die erschossen worden sind, da wollte ich mir einfach mal die Stelle ansehen, an der der Täter dieses Mal zugeschlagen hat.«
»Du weißt, dass das Team der Spurensicherung keinen Wert auf zu viele Menschen am Tatort legt, die vielleicht Spuren verändern oder verwischen können«, tadelte Kullmann.
»Hier laufen so viele Leute herum, dass meine Spuren die Aufklärung nicht verhindern. Außerdem kann ich Ihnen versichern, dass ich mich nicht in die Nähe des Tatortes begeben habe«, ließ Esche sich nicht aus der Fassung bringen.
Kopfschüttelnd ging Kullmann weiter. Anke folgte ihm mit einer großen inneren Genugtuung. Es gefiel ihr, dass Kullmann diesen Feldzug von Esche nicht gutheißen konnte. Sie steuerten den Wagen an. Dort trafen gerade einige Journalisten mit Kameras und Aufnahmegeräten ein. Schnell stiegen sie ein, um sich nicht vor ihnen rechtfertigen zu müssen, und fuhren davon.
»Woher zum Teufel wissen die schon wieder Bescheid?«, schimpfte Kullmann.
»Ich glaube, wir haben den falschen Beruf: Wir sollten bei der Zeitung arbeiten, dann sind wir schneller über alles informiert«, bemerkte Anke sarkastisch.
Auf der Rückfahrt zur Dienststelle merkten sie zu spät, dass es einen Autounfall gegeben hatte, der Verkehr staute sich zurück. Im Schritttempo ging die Fahrt voran. Kullmann nutzte die zäh sich dahinschleppende Zeit, seine Situation zu überdenken. Inzwischen war er vierzig Jahre im Polizeidienst und konnte gar nicht mehr genau zurückrechnen, wie lange er sich schon auf seinen Ruhestand freute. Nun endlich stand er kurz davor, und dann geschah so etwas: zwei Polizistenmorde und keine Verdächtigen, ja noch nicht einmal die geringste Spur. Die Situation war so erdrückend wie noch nie. Von allen Seiten spürte er die Erwartungen, alle wollten eine baldige Lösung von ihm, weil alle Angst hatten, der Nächste zu sein. Er war einfach nicht imstande, ihnen den oder die Täter zu liefern.
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