Love Against The Rules. Sarah Glicker
weiß alles.“
„Dann weißt du sicherlich auch, dass mein Vater ...“
„Der Mann ist, der für einen Haufen Ärger sorgt“, führt er meinen Satz zu Ende und lässt mich dabei keine Sekunde aus den Augen. Seine Gelassenheit erstaunt mich. „Jayden war bei mir und hat mir gesagt, dass er gesehen hat, wie du und dein Ex-Freund euch umarmt habt. Ich habe versucht ihn zu beruhigen, und ihm gesagt, dass ihr euch bestimmt zufällig über den Weg gelaufen seid. Schließlich ist das ja nichts Ungewöhnliches.“
„Wir sind nicht zusammen.“
„Also hatte ich recht.“ Zufrieden schaut er mich an.
„Ich habe auf ihn gewartet, weil er mir etwas bestätigen sollte, was ich von meiner Schwester gehört habe. Aber das hast du sicherlich auch gelesen“, gebe ich zu und erzähle ihm alles.
Jayden spricht zurzeit zwar nicht mit mir, aber mit Mailo redet er offenbar. Und ihn betrifft es genauso. Während ich ihm alles schildere, flammt kurz der Gedanke in mir auf, dass ich mich gerade vielleicht irgendeiner Beihilfe zu einer Straftat schuldig mache, oder so, aber das ist mir egal.
Wenn Mailo Jayden berichtet, was ich gemacht habe, wird er vielleicht wieder mit mir sprechen und aufhören, sich so kindisch zu verhalten.
Mailo hört sich meine Geschichte schweigend an und nickt nur zwischendurch.
„Jemand aus der Firma?“, fragt er mich, als ich geendet habe.
„Er hat zwar keinen Namen genannt, ließ an diesem Punkt aber keinen Zweifel.“
„Wie viel hat Jayden dir erzählt? Ich meine, über diese Ermittlungen?“
„Wir haben nicht darüber gesprochen. Ich weiß allerdings, dass es meinem Vater ernst damit ist.“
„Dein Vater ist da wirklich ein Bluthund und dein Ex-Freund übrigens auch“, stöhnt Mailo und reibt sich dabei über die Stirn.
Nachdenklich betrachtet er mich.
„Wenn Jayden erfährt, dass ich hier war, wird er mir wahrscheinlich den Hals umdrehen“, fährt er schließlich fort. Mit großen Augen schaue ich ihn an.
„Wieso?“
„Er war ziemlich sauer, als er bei mir war. So verrückt er vorher nach dir war, so sauer war er diesmal.“
„Verrückt nach mir?“
„Obwohl er es wahrscheinlich nicht zugeben wird, aber er ist verrückt nach dir.“ Mailo macht eine Pause, in der er tief Luft holt und mich dabei anschaut. „Er ist glücklicher und zufriedener. Du hast ihn dazu gebracht, über Sachen nachzudenken, sie infrage zu stellen.“
Seine Worte überraschen mich.
„Das Gefühl habe ich nicht.“
„Solltest du aber. Sonst hätte er nicht so reagiert.“
„Keine Ahnung, wie ich ihm das sagen soll, was ich dir gerade berichtet habe. Ich kann ihn ja nicht einmal erreichen, wenn du sein Handy hast.“
Wortlos reicht Mailo mir das Smartphone.
„Nimmt es. Sollte er bei mir auftauchen, werde ich ihm sagen, dass du es hast und so hat er einen Grund, zu dir zu kommen. Ich bin mir sicher, dass er nicht auf sein Handy verzichten will. Vielleicht hat er es mit Absicht bei mir gelassen, damit er nachdenken kann.“
„Nachdenken?“
„Das vermute ich, wieso?“
„Ich glaube, ich weiß, wo er ist.“ Mit diesen Worten springe ich auf und renne in mein Schlafzimmer, um mich umzuziehen.
Verlassen und dunkel liegt das Haus vor mir. Von Mailo, der bei den Eltern von Jayden angerufen hat, habe ich den Zugangscode bekommen, um auf das Grundstück zu gelangen.
Ich habe recht gehabt. Jaydens Wagen steht vor dem Haus.
Jetzt sitze ich in meinem Auto und überlege, ob es eine gute Idee war, hierherzukommen. Vielleicht braucht Jayden Zeit alleine. Ich kann ihm das Handy auf das Dach oder die Motorhaube legen und wieder fahren. Aber ich will, dass er mit mir redet, also steige ich aus.
Langsam gehe ich auf die Haustür zu. Vorsichtig drehe ich am Knauf der Tür und merke, dass sie nicht abgeschlossen ist.
Meine Augen brauchen ein paar Sekunden, um sich an die Dunkelheit dahinter zu gewöhnen, aber vom letzten Mal weiß ich noch ungefähr, wo sich die Treppe befindet und wo die Möbel stehen.
Mit kleinen Schritten taste ich mich vorsichtig voran, bis ich schließlich die Tür zur Terrasse erreiche.
Jayden hat mir den Rücken zugedreht. Neben ihm steht eine Flasche Wein, die leer zu sein scheint.
Kapitel 8
„Du hast dein Handy bei Mailo liegen lassen.“
Jayden dreh sich zu mir um und fixiert mich.
„Was willst du hier?“
„Ich will dir dein Handy geben. Mailo hat es mir vorbeigebracht“, antworte ich und versuche dabei, meine Reaktion auf ihn für mich zu behalten. Jayden nimmt es entgegen und schmeißt es achtlos auf den Tisch, der in ungefähr zwei Metern Entfernung steht. Er betrachtet mich. Sein Blick ist verhangen vom Alkohol.
Am liebsten würde ich es ihm entgegenschleudern, wie kindisch ich es finde, dass er sich nicht damit auseinandersetzen will. Aber ich sage nichts. An seiner ablehnenden Körperhaltung erkenne ich, dass er nicht mit mir sprechen will. Also drehe ich mich um und gehe. Mit langsamen und ruhigen Schritte nähere ich mich der Haustür. Obwohl ich sauer auf ihn bin, verspüre ich eine innere Ruhe, die mir dabei hilft, mich nicht umzudrehen und ihm eine Ohrfeige zu verpassen. Bevor ich sie erreiche, ertönt seine Stimme von der Terrasse.
„Warte!“
„Was, Jayden? Soll ich mir wieder Vorwürfe von dir machen lassen? Wenn du es mich wenigstens erklären lassen würdest. Da dies nicht der Fall ist, hast du auch nicht das recht, auf mich sauer zu sein.“
„Stimmt das?“ Mit sicheren Schritten kommt er auf mich zu und bleibt direkt vor mir stehen. In der Dunkelheit sieht er noch dominanter aus. Seine breiten Schultern kommen noch mehr zur Geltung und seine Körpergröße erscheint noch imposanter.
„Was?“
Jayden wischt mit dem Daumen über den Bildschirm und meine letzte Nachricht an ihn erscheint.
„Du bist wirklich in Schwierigkeiten und deswegen hatte ich mich auch mit John getroffen.“ Sein Geruch und seine Körperwärme, die mich umhüllen, lenken mich ab. Am liebsten würde ich mich an ihn lehnen und seufzen, deswegen mache ich bewusst einen Schritt zurück. „Ich habe Mailo bereits alles erzählt, er wird dich sicherlich gerne auf den neusten Stand bringen.“ Mehr sage ich nicht, stattdessen drehe ich mich wieder um.
„Kaylee.“ Jayden Stimme klingt verzweifelt, aber ich bleibe standhaft. Ich werde mich nicht umdrehen.
„Liebt er dich noch?“ Bei seinen Worten zucke ich zusammen. Ich hoffe, dass er es nicht gesehen hat. Seine Wortwahl überrascht mich. Wir haben nie über Liebe oder Ähnliches gesprochen.
„Das tut er. Aus diesem Grund habe ich eigentlich immer einen großen Bogen um ihn gemacht. Aber meinen Vater konnte ich nicht fragen, deswegen musste ich mich an John wenden.“ Meine Stimme bricht und ich spüre, wie mir die Tränen in die Augen steigen. In dieser Sekunde bin ich erleichtert darüber, dass ich mit dem Rücken zu ihm stehe und es dunkel ist. „Ich wusste nicht, ob es stimmt.“
„Was?“ Er kommt näher, sodass ich seinen schweren Atem hören kann. Dieser Mann bringt noch auch noch um den letzten Rest Verstand, den ich in seiner Gegenwart übrig habe. Bevor ich über die richtigen Worte nachdenken kann, sprudelt es zum zweiten Mal an diesem Abend aus mir heraus.