Methoden der projektorientierten Risikoanalyse. Torsten Stau

Methoden der projektorientierten Risikoanalyse - Torsten Stau


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Nur weil ein Risiko identifiziert worden ist, muss es noch lange nicht zum Tragen kommen. Die Risikoanalyse versucht, Erkenntnisse zu gewinnen, die dem Risikomanagement helfen, den Schaden gering zu halten, wenn ein Risiko eintritt. Dazu ist man bemüht, Größe, Eintrittswahrscheinlichkeit und Folgen der identifizierten Risiken zu reduzieren.

      4. Risikoanalyse

      Die Risikoanalyse ist die wichtigste Grundlage für das Risikomanagement. Ihr Ziel muss es sein, die Ungewißheiten, die ihm Rahmen der Projektplanung auftreten können, zu erkennen, zu quantifizieren und schließlich ihren Einfluß auf das Erreichen der Projektziele darzustellen. Auf der Basis der in der Risikoanalyse gewonnenen und verdichteten Informationen müssen die Entscheidungen über die zur Risikominimierung nötigen Vorgehensweisen getroffen werden. Die Qualität der Risikoanalyse ist Voraussetzung für eine optimale Risikobewältigung.

      In Anlehnung an Whatley [7] kann man die projektorientierte Risikoanalyse folgendermaßen definieren:

Grafik 1

      Der Begriff Risikoanalyse wird in der Literatur sehr unterschiedlich verwendet. Grundsätzlich lässt sich Risikoanalyse charakterisieren als eine Maßnahme der Informationsbeschaffung und -verarbeitung zur Vorbereitung von Managemententscheidungen. Nach Fürnrohr [1] ist es das Ziel, "die Ungewissheiten in der Planung von Vorhaben aufzudecken, mit Wahrscheinlichkeiten zu bewerten und deren Konsequenzen (Risiken) in Bezug auf die angestrebten Projektziele darzustellen. Risikoanalysen sind keine Entscheidungsmodelle, die klare Handlungsweisen vermitteln. Vielmehr handelt es sich um Entscheidungshilfen, die dem Management die Konsequenzen von Entscheidungen verdeutlichen und alternative Handlungsoptionen aufzeigen sollen."

      Die Risikoanalyse kann viele verschiedene Ziele haben, z.B. nach [8]:

       Systematische Beschreibung der Projektrisiken

       Ordnung der Risiken nach Prioritäten

       Identifizierung von Problembereichen

       Beseitigung von Defekten, Fehlern und Fallen des Projekts

       Vergleich von erwarteten und tatsächlichen Werten

       Vergleich zwischen alternativen Projektplänen

       Vergleich mit ähnlichen abgeschlossenen Projekten

       Detaillierte Optimierung der Projektparameter

       Bewertung der Akzeptanz des Projekts

       Basis für eine Kosten-Nutzen-Analyse

       Basis für die Entscheidungsfindung

      Die Risikoanalyse sollte immer zu einer Entscheidung führen, ist aber so gut wie nie der einzige Faktor, der zu einer Entscheidungsfindung herangezogen wird. Es kommen eine ganze Menge subjektive Faktoren hinzu und andere Faktoren wie finanzielle Gelegenheiten, erhoffter Lebensstil, Sicherheitskriterien etc. Außerdem sind die Möglichkeiten der Entscheidung normalerweise stark begrenzt durch eine Reihe von Einschränkungen wie z.B.:

       Gesetze aller Art

       Sicherheitsvorschriften

       Normen

       Vertragsvereinbarungen

       finanzielle Beschränkungen

       technische Beschränkungen

       personelle Beschränkungen

       Zeitbeschränkungen

      Cooper und Chapman [11] sehen fünf verschiedene Situationen, in denen Unsicherheiten eine bedeutende Rolle spielen und in denen geeignete Formen der Risikoanalyse zur Anwendung kommen könnten:

       Bei der Bewertung eines geplanten Projekts oder einer beabsichtigten Investition vor der Durchführung muss, oft auf der Basis minimaler Informationen, eine Entscheidung getroffen werden, um ggf. das Projekt aufzugeben, es hinauszuschieben oder um mit detaillierteren Durchführbarkeitsstudien fortzufahren.

       Eine Entscheidung kann notwendig sein, bevor man ein kleineres Nebenprojekt übernimmt oder darin verwickelt wird. Dieses ist besonders der Fall, wenn man ohnehin knapp kalkuliert hat und der vorher berechnete Nutzen die Kosten kaum aufwiegt.

       Risikoanalyse ist ratsam, wenn ein Projekt oder eine Investition mit ungewöhnlichen Risiken oder Unsicherheiten verbunden ist, so dass der Bereich für die zu erwartenden Ergebnisse nicht ohne weiteres absehbar oder zu weit gesteckt ist.

       Strategische Entscheidungen sind notwendig, wenn zwischen Projektalternativen gewählt werden muss, die für einen Projektplan in Frage kommen, der bereits zu einem früheren Stadium festgelegt worden ist.

       Risikoanalyse ist ratsam für taktische Entscheidungen, um einen detaillierten Plan zu entwickeln oder Projektspezifikationen zu optimieren für ein Projektkonzept, das bereits genehmigt worden ist.

      Entscheidungen sind zu treffen, um das Risiko eines Verfehlens der angestrebten Projektziele so gering wie möglich zu halten.

      Die Risikoanalyse besteht aus folgenden drei Aufgabengebieten:

Grafik 1

      Diese drei Aufgabenbereiche der Risikoanalyse sind nicht voneinander unabhängig und deshalb nicht klar voneinander zu trennen. Die oben genannte Einteilung wird jedoch in praktisch allen verwendeten Quellen eingehalten.

      Den Schwerpunkt jeder Risikoanalyse bilden dabei die beiden ersten Phasen. Sie stellen die eigentliche Risikoanalyse im Sinne einer Maßnahme zur Informationsbeschaffung dar und werden in den folgenden Abschnitten näher erläutert. Die Phase der Risikoverarbeitung ist dagegen nach Fürnrohr [1] weitgehend "handwerklicher Natur".

      4.1. Risikoidentifikation

      Vor der Bewertung und Analyse eines Risikos muss dieses zuerst erkannt werden. Die Aufgabe der Risikoidentifikation (risk identification) ist also das schrittweise Aufdecken und Erkennen projektspezifischer Unsicherheiten, d.h. es wird die Frage beantwortet: "Was kann schiefgehen?" Parallel zur Identifikation der Risiken sind diese als Basis der nachfolgenden Bewertung durch die Experten zu beschreiben. Die identifizierten und dokumentierten Risiken sollten in einer Gruppe zusammengefasst werden, um Mehrfachbewertungen auszuschließen. Laut Franke (in [2]) ist das Ziel der Risikoidentifikation, "die Risiken in einem projektspezifischen Risikokatalog zusammenzustellen. Dieser Risikokatalog stellt die Grundlage für die folgende Risikobewertung dar."

      In Anlehnung an Charette [4] lässt sich die Risikoidentifikation in folgende drei Abschnitte gliedern:

      4.1.1. RES

      Zuerst wird ein sogenannter RES (risk estimate of the situation) erstellt. Die Bezeichnung ist ein wenig verwirrend, da die zweite Phase der Risikoanalyse, die Risikoberechnung, als risk estimation bezeichnet wird. Das Ziel dieses Schrittes ist es, die folgenden vier Projektelemente eindeutig zu identifizieren:

       Projektziele

       Strategie

       Taktiken

       Mittel, um die Projektziele zu erreichen

      Es kann natürlich nicht sichergestellt werden, dass die Projektziele messbar und kontrollierbar sind (zumal die Risikoanalyse dann hinfällig würde). Es sollte jedoch sichergestellt werden, dass wenigstens zwei alternative Strategien und/oder Taktiken zum Erreichen der Projektziele existieren. Identifiziert werden müssen außerdem die Beziehungen, in denen die Mittel zu den Projektzielen stehen. Alle diese Elemente sollten im Projektplan klar formuliert werden. Die Projektziele sind die sogenannten Erfolgskriterien des Projekts. Solche Erfolgskriterien


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