Jules Verne: Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts - Teil 1. Jules Verne
Bedarf in den Wäldern zu fällen.“
Im Grunde der Bay mündet ein Fluss mit sehr gutem Wasser, die „Sedger“. Seine Ufer sind mit großen, prächtigen Bäumen besetzt, welche sich zu Schiffsmasten vorzüglich eignen würden. Auf den Zweigen wiegten sich unzählige Papageien und andere Vögel mit glänzendem Gefieder. Während Byron's Aufenthalt in Port Famine herrschte stets Überfluss an allem. Am 5. Januar, als sich die Besatzung vollkommen erholt und man die Schiffe mit allem Notwendigen reichlich versehen hatte, segelte der Kommodore zur Aufsuchung der Falklands-Inseln wieder ab. Sieben Tage darauf entdeckte er ein Land, in dem er die Insel Sebald de Wret's zu erkennen glaubte; bei weiterer Annäherung dagegen überzeugte er sich, dass das, was er für drei Inseln gehalten hatte, nur eine einzige mit weiter Verlängerung nach Süden bildete. Er zweifelte nun nicht länger daran, hier den, auf den damaligen Karten als New-Island bezeichneten, unter 51° südlicher Breite und 63° 32' westlicher Länge gelegenen Archipel vor sich zu haben.
Zunächst hielt sich Byron auf offener See, um nicht von der Strömung nach einer unbekannten Küste geführt zu werden. Nach dieser summarischen Besichtigung wurde ein Boot abgeschickt, das so nahe als möglich längs des Landes hinsegeln sollte, um einen sicheren und bequemen Hafen zu suchen, den dasselbe auch bald auffand. Er erhielt, zu Ehren des damaligen ersten Lords der Admiralität, den Namen Port Egmont.
„Ich glaube kaum“, sagt Byron, dass man einen schöneren Hafen finden kann; der Ankergrund ist daselbst vorzüglich, Trinkwasser leicht zu beschaffen, und alle Schiffe ganz Englands könnten hier vor allen Winden sicher liegen. Gänse, Enten und anderes Geflügel gab es in so großer Menge, dass die Matrosen dieser Speisen ganz überdrüssig wurden. Leider herrschte nur etwas Mangel an Holz, bis auf einige Stämme, welche am Strande hinschwammen und wahrscheinlich durch die Magellan-Straße hierher gelangt waren.“
Wilde Orseille und Sellerie, diese wirksamsten Antiskorbutica, wuchsen hier allerorten. Seewölfe und Seelöwen, ebenso wie Pinguine traf man in so großer Menge an, dass man keinen Schritt am Strande tun konnte, ohne jene in zahlreichen Herden entfliehen zu sehen. Andere, bis auf die Größe und den Schweif Füchsen ähnliche, sonst aber unseren Wölfen gleichende Tiere griffen wiederholt die Matrosen an, welche jene nur mit Mühe abzuwehren vermochten. Es wäre schwer zu sagen, wie jene in diese vom Festlande wenigstens hundert Meilen entfernte Gegend gekommen sind, noch wo sie hier Zuflucht finden, denn an Pflanzen erzeugen diese Inseln nur Binsen und Schwertlilien, doch keinen einzigen Baum.
Der Bericht über diesen Teil der Reise Byron's bildet in Didot's Biographie nur ein Gewebe unlösbarer Irrtümer. „Die Flottille“, sagt Alfred de Lacaze, drang am 17. Februar in die Magellan-Straße ein, sah sich aber gezwungen, nahe bei Port Famine in einer Bucht vor Anker zu gehen, welche den Namen Port Egmont erhielt.“ ... Wahrlich eine merkwürdige Entstellung der Tatsachen, welche den Leichtsinn beweist, mit dem einzelne Teile dieser umfassenden Sammlung bearbeitet sind.
Byron nahm im Namen des Königs von England von Port Egmont und den benachbarten Inseln, dem Falklands-Archipel, feierlich Besitz. Coley hatte dieselben Pepys-Inseln benannt; der erste, der jene entdeckte, dürfte wohl der Kapitän Davis im Jahre 1592 gewesen sein. Zwei Jahre später sah Sir Richard Hawkins ein Land, welches man für identisch mit jenem hält, und dem er zu Ehren seiner Souveränin, der Königin Elisabet den Namen Virginien gab. Endlich besuchten den Archipel ja auch Fahrzeuge aus St. Malo, zweifelsohne für Frezier die Ursache, die Inseln als „Malouinen“ zu bezeichnen.
Nachdem er eine Anzahl Felsenberge, Eilande und Caps getauft, verließ Byron Port Egmont am 27 Januar und segelte nach dem Hafen Désiré, den er neun Tage später erreichte. Hier fand er die „FLORIDA“, ein Transportschiff, das ihm von England Lebensmittel und den bei einer so weiten Reise allemal nötig werdenden Ersatz an Ausrüstungs-Gegenständen zuführte. Der Ankerplatz erwies sich aber zu gefährlich, und die „FLORIDA“ wie die „TAMAR“ waren in zu schlechtem Zustande, um hier eine so langwierige Arbeit, wie die Umfrachtung der Ladung, vorzunehmen. Byron beorderte auf die „FLORIDA“ also einen seiner niederen Offiziere, der mit der Magellan-Straße hinlänglich bekannt war, und ging mit den beiden Begleitschiffen nach Port Famine unter Segel.
In der Meerenge begegnete er wiederholt einem französischen Fahrzeuge, das mit ihm gleichen Kurs einzuhalten schien. Nach seiner Ankunft in England hörte er, dass jenes die von Bougainville befehligte „AIGLE“ gewesen war, der auf der patagonischen Küste für die neue französische Kolonie auf den Falklands-Inseln Holz einnahm.
Bei ihren wiederholten Landungen in der Meerenge erhielt die englische Expedition auch den Besuch mehrerer Horden von Feuerländern. „Niemals habe ich“, äußert sich Byron, „so elende Geschöpfe gesehen. Sie gingen nackt bis auf eine über die Schultern geworfene stinkende Haut von Meerwölfen, und trugen als Waffen Bogen und Pfeile, die sie mir für einige Halsperlen und andere Kleinigkeiten zum Tausch anboten.
Die über zwei Fuß langen Pfeile waren aus Schilfrohr hergestellt und an der Spitze mit einem grünlichen Steine versehen; die Bogen, deren Sehne aus zusammengedrehten Tierdärmen bestand, gegen drei Fuß lang. Einige Früchte, Muscheln und vom Sturm auf den Strand geworfene halbverfaulte Fische bildeten ihre Nahrung. Ihre gewöhnliche Speise hätte wohl kaum ein Schwein berührt; diese bestand nämlich aus einem schon ganz fauligen, die Luft entsetzlich verpestenden Stücke Walfischfleisch. Einer der Leute zerriss das Aas mit den Zähnen und verteilte es an die Übrigen, die es mit der Gier wilder Tiere verschlangen. Einige dieser elenden Wilden entschlossen sich, an Bord zu kommen. Um ihnen eine Belustigung zu bereiten, spielte einer meiner niederen Offiziere Violine und mehrere Matrosen tanzten dazu. Jene schienen von dem Anblick ganz entzückt. Ungeduldig, ihre Dankbarkeit zu beweisen, eilte einer wieder in seine Pirogge hinunter und holte von da einen kleinen Sack aus Meerwolfshaut, gefüllt mit rötlichem Fette, mit dem er das Gesicht des Violinspielers einsalbte. Er hatte nicht üble Lust, mir dieselbe Ehre zu erweisen, gegen die ich mich natürlich verwahrte; dafür bemühte sich jener desto mehr, meine Bescheidenheit zu besiegen, und ich hatte die größte Mühe, mich gegen das mir zugedachte Ehrenzeichen zu verteidigen.“
Es dürfte hier nicht unnütz erscheinen, die Ansicht Byron's, eines gründlich erfahrenen Seemannes, über die Vorteile und Nachteile der Schifffahrt durch die Magellan-Enge mitzuteilen, vorzüglich, da er mit den meisten anderen Seeleuten, welche diese Meeresteile besuchten, nicht übereinstimmt.
„Die Gefahren und Schwierigkeiten, welche wir zu überwinden hatten“, sagt er, „könnten zu dem Glauben verleiten, dass es unklug sei, den in Rede stehenden Weg einzuschlagen, und dass die von Europa nach der Südsee steuernden Schiffe besser täten, das Cap Horn zu umschiffen. Diese Anschauung teile ich, obwohl ich das Cap Horn selbst zweimal doublierte, jedoch keineswegs. Es gibt nämlich eine Zeit im Jahre, wo nicht nur ein einzelnes Schiff, sondern auch eine ganze Flotte die Meerenge binnen drei Wochen bequem passieren kann, und muss man, um die günstigste Zeit zu benützen, im Monat Dezember in dieselbe einfahren. Ein unschätzbarer Vorzug dieses Weges, der für die Seeleute schon allein entscheidend sein müsste, liegt darin, dass man längs desselben viel Sellerie, Löffelkraut, Früchte und andere antiskorbutische Pflanzen antrifft.
Die Hindernisse, welche wir zu überwältigen hatten und die uns vom 17. Februar bis zum 8. April in der Meerenge aufhielten, sind nur auf Rechnung der Äquinoktien zu setzen, einer gewöhnlich stürmischen Jahreszeit, welche unsere Geduld allerdings mehr als einmal hart auf die Probe stellte.“
Bis zum 26. April, wo er in Sicht von Mas-a-fuero, eine der Inseln der Juan Fernandez-Gruppe, kam, hatte Byron einen nordwestlichen Kurs eingehalten. Hier setzte er sofort einige Matrosen ans Land, welche, nachdem sie Holz und Wasser besorgt, wilde Ziegen jagten, deren Geschmack sie vortrefflicher fanden, als den des besten Wildes in England.
Während des Aufenthaltes an dieser Küste ereignete sich noch ein merkwürdiger Fall. Am Ufer brach sich nämlich plötzlich eine so schwere Brandung, dass die Boote den Strand unmöglich erreichen konnten. Einer der ausgeschifften Matrosen, der freilich des Schwimmens unkundig war, wollte sich trotz des Rettungsgürtels, den er um den Leib trug, nicht ins Wasser wagen, um nach der nächsten Schaluppe zu gelangen. Selbst als man drohte, ihn allein