ShadowPlay - Entblößt. Victoria vanZant
unsere Tochter auf der Welt ist, dann werde ich ...« Den Rest seiner Ansprache flüsterte er direkt in Fionas Ohr. Und so, wie sie die Farbe wechselte, mussten es nette Ansagen sein.
»Allein dafür hast du dir schon diese Auszeit verdient, Mister Kerrigan«, empörte sich Fiona breit grinsend. »Und jetzt machen Elena und ich uns auf den Weg zu Mama, deiner Schwester und Amy und starten in meinen Junggesellinnen-Abschied! Ich wünsche euch auch einen schönen Abend!« Sie drückte sich von ihrem Zukünftigen ab und stemmte ihre Fäuste in die Hüften. Hilfreich war es nicht, denn schneller, als sie gucken konnte, fand sie sich auf Ryans Armen wieder.
»Palastrevolte im Paradies? Ich denke, es erfordert doch noch eine kurze Erziehungsmaßnahme, damit du nicht vergisst, wer in unserer Ehe die Hosen anhaben wird.«
»Um das herauszufinden, musst du keine derartig wüsten Drohungen aussprechen. Wer in unserer Ehe den Ton angeben wird, das kann ich dir ganz genau sagen, mein Lieber. Da kommt nämlich nur eine Person infrage: Hope!«
Die Intensität mit der sich die zierliche Frau und der große Mann, der sie im wahrsten Sinne des Wortes auf Händen trug, anstrahlten, trieb Elena Tränen der Rührung in die Augen. Das war wirklich kinoreif – eigentlich müssten jeden Moment irgendwo im Hintergrund die Geigen einsetzen. Doch stattdessen waren da die Arme, die sich liebevoll von hinten um ihre Schultern legten.
»Tränen …« Mehr als dieses eine Wort flüsterte David nicht. Das allein war schon merkwürdig genug. Und dann war da noch die Erektion, die sie in ihrem Rücken spürte.
***
»Hast du alles?«
Fiona ließ ihren Blick noch einmal über das Gepäck wandern. »Alles da«, bestätigte sie.
Doch Elena vermisste den großen weißen Schmuckkarton. »Und dein Brautkleid?«
»Habe ich gar nicht erst hierher bringen lassen, das ist schon drüben im Hotel auf Torcello.«
»Ganz sicher?«, neckte Elena.
»Male bloß nicht den Teufel an die Wand.« Auch wenn Fiona lachte, zeigte die leichte Blässe um ihre Nasenspitze, dass ihr gerade das Herz in die Hose rutschte.
»Wir sehen gleich nach, wenn wir angekommen sind, okay?«
Doch Elenas Versuch der Beruhigung reichte nicht aus. Die Braut zückte ihr Smartphone und wischte hektisch mit ihrem Finger übers Display. »Mist«, murmelte sie leise vor sich hin und wieder: »Mist.«
»Was ist denn?« Elena musterte die Schwangere forschend.
»Ach, es ist wirklich blöd, aber ich habe die Telefonnummer vom Hotel nicht abgespeichert.«
»Aber du hast doch die Handynummer deiner Mutter.«
Statt zu antworten, sah Fiona sie nur verständnislos an.
»Deine Mutter ist doch schon im Hotel auf Torcello, bitte sie doch in deinem Zimmer nachzusehen.«
Der blasse Hautton verwandelte sich in eine leicht verschämte Röte. Binnen weniger Minuten hatte Fiona Gewissheit. »Das Kleid ist da«, seufzte sie erleichtert.
Auf dem Weg zum Steg mit den Wassertaxis hatte Elena das Gefühl, von einer Dampflokomotive mit Schnappatmung verfolgt zu werden. Sie reichte der Schwangeren eine Hand, um sie beim Einsteigen in das wackelige Gefährt zu stützen. Die Finger waren eiskalt! Irgendwie wurde Elena das ungute Gefühl nicht los, dass der Anruf doch nicht genügt hatte.
Plötzlich wehte der Fahrtwind ein weinerliches Stimmchen herüber. »Meine Mutter hat den Karton doch bestimmt nicht geöffnet!«
»Dann ruf deine Mutter noch mal an. Und beruhige dich: Wie oft hast du denn schon davon gehört, dass ein Brautkleid gestohlen wurde?«, versuchte Elena, die Freundin zu beruhigen, und zog im nächsten Moment den Kopf ein. Warum begrüßten sich entgegenkommende Wassertaxi-Kapitäne immer mit so ohrenbetäubendem Gebrüll? Ein dezentes Winken, wie der Gruß von Motorradfahrern, würde doch vollkommen ausreichen. Aber für temperamentvolle Italiener war das offensichtlich nicht spektakulär genug.
An Fiona ging das lautstarke Getümmel vorbei – sie hatte mit sich selbst genug zu tun.
»Ich weiß es nicht«, heulte sie plötzlich los, verbarg ihr Gesicht hinter den Händen und wandte sich ab. Bevor Elena auch nur ein Wort sagen konnte, strahlte die Schwangere schon wieder von einem Ohr zum anderen und wedelte hektisch mit den Armen in Richtung der hinter ihnen liegenden Inseln.
»Oh mein Gott, sieh doch nur der Markusturm, der Sonnenuntergang, die Farbenpracht, ist das nicht wunderschön? Fast so schön wie das Gemälde von Monet!«
»Äh …«, Elena biss sich auf die Zunge, warum sollte sie die Freundin, die sich ganz dem Überschwang der Gefühle hingab, darauf hinweisen, dass das berühmte Bild, auf das sie anspielte, nicht den Markusturm, sondern den von San Giorgio Maggiore zeigte?
»Was wolltest du sagen?«, forschend ließ Fiona ihren Blick über das Gesicht der Freundin gleiten. »Bestimmt, dass ich mich schrecklich benehme. Scheiß Schwangerschaftshormone!«
»Ach was!«, log Elena. Sie konnte wetten, dass sie nicht die Einzige war, die innerlich drei Kreuze schlug, dass zwei Drittel der Schwangerschaft bereits geschafft waren.
Als hätte Fiona ihre Gedanken gelesen, fing sie augenblicklich wieder an zu heulen. »Ich bin so furchtbar launisch und kann nichts dagegen tun, gar nichts! Wie soll ich bloß morgen die Hochzeit überstehen, ohne die ganze Gartenanlage zu fluten?«
»Och, da sehe ich nicht so das Problem. Hat hier ja schon lange nicht mehr geregnet, die Blumen würden sich bestimmt freuen!«
»Du bist scheußlich, Elena! Wie kannst du so etwas nur sagen?«
»Weil es wahr ist«, konterte sie und fing an zu lachen.
Die Braut stimmte ein und zog im gleichen Moment wieder eine Schnute. »Und was machen wir, wenn es ausgerechnet morgen regnet?«
»Wenn du jetzt nicht sofort mit deiner Schwarzmalerei aufhörst, lege ich mein Amt als Trauzeugin nieder!«, empörte sich Elena und reichte der Schwangeren eine Hand, um ihr auf den Anlegesteg zu helfen. »Jetzt gehen wir aufs Zimmer, damit du dich überzeugen kannst, dass dein Brautkleid da ist. Und möchtest du auch noch einmal in den Garten? Nachsehen, ob alles für den großen Moment bereit ist …«
»Das würdest du für mich tun?«
»Aber natürlich! Ich möchte doch auch, dass das morgen ein unvergesslicher Tag für euch wird …«
»Das habe ich befürchtet!«
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