Mutige Studenten. Geri Schnell

Mutige Studenten - Geri Schnell


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Gander. Er beendet eben noch ein Telefongespräch, dann wendet er sich ihr zu.

      «Guten Morgen Frau Fuchs, haben sie verschlafen?»

      «Warum, sieht man es?»

      «Ja, auch einem älteren Mann fällt es auf, wenn man die Schönheit der Jugend ohne Korrekturen bewundern kann», versucht sich Professor Gander herauszureden. Die Bemerkung war ihm rausgerutscht, jetzt ist sie ihm peinlich. Die Anna hat so verführerische Augen. Da wird man als Mann leicht nervös, auch wenn er weiss, dass dieser Blick nicht ihm gilt, sie schaut immer so.

      «Eigentlich bin ich sehr früh geweckt worden», entschuldigt sich Anna, «Olivia hat von Indonesien angerufen, leider hat sie die Zeitverschiebung nicht berücksichtigt, das Telefon klingelte bereits vor sechs Uhr früh.»

      «Wie geht es ihr?», will der Professor wissen, «ist sie nicht auf einer abgelegenen Insel?»

      «Ja, sie durfte mitten im Dschungel ein Satellitentelefon benützen, da wollte sie mich über die Ereignisse der letzte Tage informieren.»

      «Eine sehr mutige Frau, ich bin gespannt was sie nach ihrer Rückkehr zu berichten hat.»

      «Wenn sie wieder zurückkommt! - Ich mache mir Sorgen, es hat sich sehr abenteuerlich angehört, ich glaube am liebsten würde sie umkehren. Doch das geht jetzt nicht mehr.»

      «Richtig, das wird leider nicht mehr möglich sein», bestätigt der Professor, «sind sie froh, dass Sie Wirtschaft als Fach gewählt haben, da bleiben ihnen solche Abenteuer erspart.»

      «Das schon, dafür ist es eine trockene Angelegenheit.»

      “Upps, das hätte sie besser nicht gesagt“, denkt sie.

      «Finden Sie?»

      Danach hält er ein kurzes Referat über die Herausforderungen, welchen sich die Weltwirtschaft zurzeit stellen muss. Nach einer halben Stunde verlässt sie mit einem Ordner das Büro des Professors. Er scheint überzeugt, dass nur die Wirtschaftswissenschaftler die Welt vor dem Kollaps retten können. Nur wie, das liess er offen. Das ist nun die Aufgabe einer kleinen Studentin.

      Als sie in ihrer Studentenbude den Ordner durchblättert, stellte sie fest, dass es doch nicht so gemeint war. Sie muss lediglich die Zusammenhänge zwischen Wirtschaftsflaute und Arbeitslosigkeit untersuchen. Das hat doch etwas weniger mit der Rettung der Weltwirtschaft zu tun, als es ihr übermotivierte Professor angekündigt hatte. Viel einfacher macht es die Sache nicht. Sie wird sich vorerst auf die Suche nach Daten machen.

      Nach drei Stunden intensivem Surfen im Internet, unterbricht sie die Arbeit. Sie hat noch ein Treffen mit Tim. Sie will mit ihm essen gehen. Vielleicht schleppt er sie danach noch in die Disco. Seit Olivia weg ist, kümmert sich Tim etwas mehr um sie. Da er durchaus angenehme Umgangsformen hat und dazu noch gut aussieht, hat Anna nichts dagegen.

      Sie trifft Tim am Wettsteinplatz. Nach kurzer Diskussion steht fest, dass er Lust auf italienisches Essen hat. Die Pizzeria Picobello, ist ganz in der Nähe. Sie finden zwei Plätze und bestellen.

      «Ich wurde heute bereits vor sechs Uhr geweckt!», beginnt Anna, «du wirst nicht glauben, wer mich geweckt hat?»

      «Dürfte nicht schwer sein», sinniert Tim, «das kann nur Olivia gewesen sein.»

      «Du bist unmöglich», beschwert sich Anna, «wieso findest du das so schnell heraus, das ist unfair.»

      «Na, es musste jemand sein, welcher weit weg ist, in Basel würde es niemand wagen, dich um diese Zeit anzurufen. Da es sich zudem um eine gemeinsame Bekannte handeln muss, war das Rätsel nicht schwer. Was hatte sie zu berichten?»

      «Sehr viel, der Anruf hatte sicher zwei Stunden gedauert. Sie fand mitten im Dschungel ein Satellitentelefon. Ich hatte den Eindruck, dass sie etwas Angst hat. Der Traum von einem Inselparadies hat sie sich vermutlich anders vorgestellt. Sie scheint tief im Schlamm zu stecken.»

      «Ich war immer etwas skeptisch. Im Dschungel zu wohnen ist für uns zivilisierte nicht einfach. Olivia ist dickköpfig genug. Sie wird ihre Erfahrungen machen.»

      «Sie hat übrigens versprochen, dir einige Steine mitzubringen.»

      «Wieso das? Sie interessiert sich doch nicht für Steine?»

      «Nun ganz einfach, ich habe sie darum gebeten», erklärt Anna stolz, «einer gute Freundin kann man keinen Wusch abschlagen.»

      «Danke, ich bin schon froh, wenn sie überhaupt zurückkommt. Wenn sie einige Steine mitbringt, werde ich sie gerne untersuchen. Die Insel ist geologisch gesehen ein weisser Fleck auf der Karte.»

      Der Kellner serviert das Essen und das Thema ist damit abgeschlossen. Später konnte sie Tim noch überreden, mit ihr den Fame Klub zu besuchen. So kann sie noch etwas für ihre Fitness tun. Sport ist sonst nicht ihre Sache, doch beim Tanzen ist sie Topfit. Im Verlauf des Abends rückte Tim immer näher, es kommt sogar vor, dass seine Hand ihren Busen streift, dieser Lüstling, alles wirkt rein zufällig. Dabei hätte sie gar nichts dagegen, wenn er richtig zupacken würde, doch das traut er sich nicht.

      Drei Wochen später sitzt Anna wieder in ihrer Bude und grübelt über den zahlreichen Diagrammen, Statistiken und Berichten, die sie inzwischen gesammelt hat. Alles gut. - Material hat sie inzwischen reichlich, doch was soll man daraus herleiten?

      Die Diagramme, welche sie ausgedruckt hat, zeigen, dass Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit eng miteinander verknüpft sind. Das ist eigentlich offensichtlich. Laufende Wirtschaft bedeutet viele Jobs. Wie soll man daraus einen Bericht verfassen. Nun zumindest kann sie mit ihren Diagramen den Zusammenhang belegen.

      Sie ist vorerst zufrieden. Nun will sie erneut mit Tim ausgehen. Unter der Dusche denkt sie an Olivia. Wie geht es ihr im Urwald? Sicher kann sie sich unter einem kristallklaren Wasserfall duschen. Das muss herrlich sein. Doch dann bekommt sie Zweifel, so romantisch wird es wohl nicht sein. Überall wo sie hintritt ist der Boden schlammig, zum Essen gibt es nur Fische und ab und zu eine fette Made, nein wirklich, Olivia ist nicht zu beneiden.

      Nun, sie ist selber schuld, sie hat sich freiwillig gemeldet. Einen Moment überlegt sie, ob man das Fernsehen haftbar machen kann? Nur auf Grund der Sendung über die Pfahlbauer von Pfyn, ist Olivia überhaupt auf eine so verrückte Idee gekommen.

      Die Fahrt im Tram verscheucht ihre Gedanken an Olivia. Bald ist der Wettsteinplatz erreicht. Tim wartet schon, sie hat sich um eine Tram verspätet. Zum Glück ist er ein geduldiger Typ und lässt sich mit einer einfachen Entschuldigung abspeisen. In dieser Beziehung ist er ein kleiner Philosoph. Was man nicht ändern kann, muss man akzeptieren! ist sein Motto. Sicher wird er noch versuchen, sie zu mehr Pünktlichkeit zu erziehen, doch, zwanzig Minuten warten ist immer noch besser, als allein zu essen.

      Tim schlägt vor, im schmalen Wurf zu essen. Anna hat nichts dagegen, sie will nichts riskieren, wenn er schon so lange warten musste.

      Um ihn etwas abzulenken erkundigt sie sich, wie es mit seiner Semesterarbeit läuft. Dieses Thema ist genau die richtige Medizin, um seine Laune etwas aufzumuntern.

      «Es ist ein interessantes Projekt», beginnt er, «so einfach, dass sogar ein Laie begreift, um was es geht. Wir klären ab, ob es Möglichkeiten gibt, dass man CO2 unterirdisch lagern kann, sodass es die Atmosphäre nicht mehr belastet.»

      «Das müsste doch kein Problem darstellen», meint Anna.

      «Eigentlich nicht, nur ist das Gas so leicht, dass es sich durch den Boden nach oben arbeitet, wenn man es nicht in einer gasdichten Gesteinsschicht einschliesst.»

      «Das dürfte doch unter dem Meeresboden kein Problem sein.»

      «Denkste, das Gas würde durch die Flüssigkeit hochsteigen, so einfach ist es nicht.»

      Danach beginnt Tim ein kleines Referat, dass sich Anna schon reuig ist, das Thema angeschnitten zu haben. Wenigstens weiss sie jetzt, dass es nicht so einfach ist, die Welt zu retten. Nicht nur die Wirtschaft macht es einem schwer, auch die Natur wartet immer mit neuen Überraschungen auf.

      Allerdings ist


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