Shana. Micha Rau
sie auf das Schutzglas.
„Ich muss nach Hause. Meine Eltern werden sich schon Sorgen machen.“
„Na klar, das verstehe ich. Schade, dass du schon gehen musst. Es ist schon lange niemand mehr zu mir gekommen. Aber ich male mir meine alten Freunde, wenn ich sie sehen will.“
Shana stand auf und reichte dem Fremden die Hand. „Tja, ich muss jetzt wirklich gehen. War nett, sie kennen zu lernen.“
„Ganz meinerseits.“ Rufus erhob sich ebenfalls und verabschiedete sich von Shana. „Du kannst mich jederzeit besuchen. Ich lasse das Haus hier stehen. Kann sein, dass ich nicht da bin, aber du kannst dich hier wie zu Hause fühlen. Der Kühlschrank ist voll. Und wenn du malen willst, dann mal einfach.“
„Danke“, sagte Shana artig. „Das ist sehr nett von Ihnen. Auf Wiedersehen.“
Als sie von der Veranda heruntersprang und sich dem Saum des Waldes zuwandte, überkam sie ein seltsames Gefühl. Irgendetwas schien sie hier behalten zu wollen, obwohl sie doch schleunigst von hier verschwinden wollte. Der Mann war verrückt, schoss es ihr durch den Kopf. Und dennoch war er ihr sympathisch.
Sie hatte gerade den halben Weg zum Beginn des Pfades zurückgelegt, da hallte Rufus Stimme über die Lichtung. Shana erstarrte.
„Shana!“
„Ähhm … ja?“
„Wenn du malst, male nur bei Tageslicht, versprichst du mir das?“
„Ja, natürlich.“
„Und noch etwas, Shana.“
„Ja?“
„Du darfst niemals eines der Bilder nach Sonnenuntergang berühren, verstehst du, niemals!“
„Mach ich nicht, ich versprech’s!“
„Okay, ich verlasse mich auf dich! Komm gut nach Hause! Wir sehen uns sicher bald wieder!“
Shana drehte sich um und sah, wie Rufus seine Staffelei hoch hob und in sein Blockhaus trug. Jetzt war sie sich ganz sicher. Der Mann war nett, aber vollkommen durchgedreht. Wahrscheinlich hatte er zu lange allein gelebt. Achselzuckend machte sie sich auf den Rückweg und verschwand im Wald. Sie wollte weit genug weg sein, bevor sie den Beamer über das Portable aktivierte. Sie war sich irgendwie sicher, dass Rufus solch ein Gerät noch nie in seinem Leben gesehen hatte.
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