Sky-Navy 06 - Der letzte Pirat. Michael Schenk

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zu hegen“, sagte Anderson mit ruhiger Stimme.

      „Natürlich“, stimmte Ondret zu.

      „Aber mussten Sie ihn gleich erschießen, Captain?“, seufzte Susan Horn.

      „Nein, das musste ich nicht“, gab Anderson zu. „Aber in diesem Fall war es nützlich. Es lässt keinen Zweifel daran aufkommen, wer das Sagen an Bord hat.“

      „Leder und Wolle“, brummte Sloan. „Haben Sie eine Ahnung, Captain, wie schwer sich daraus solche Flecken entfernen lassen?“

      Der Angesprochene fragte sich einen Moment, ob Sloan diese Bemerkung wirklich ernst meinte. Der hob beschwichtigend die Hände. „Wie Ondret schon sagte, es ist Ihr Schiff, Captain, und wir sind Ihre Besatzung.“

      Die anderen nickten und vermieden es, die sterblichen Überreste anzusehen.

      „Da Clegg´s Position vakant geworden ist, übertrage ich dessen Aufgaben an Prime-Sergeant Ondret. Ansonsten bleibt alles unverändert. Ondret, Sie sorgen mit Nachdruck dafür, dass die Gardisten bei der Stange bleiben. Machen Sie ihnen klar, dass es keine Alternative gibt. Das Direktorat wird jeden Einzelnen von uns über die Klinge springen lassen, wenn man unserer habhaft wird.“ Anderson steckte die Waffe, in deren Kammern noch zwei Schuss bereit waren, in die Tasche seines Overalls. Er unterdrückte einen Fluch, denn er hatte nicht an die Hitze des Metalls gedacht, die durch die Schüsse entstanden war. „Sie müssen sich über ein paar Dinge im Klaren sein: Wir waren Teil einer riesigen Organisation, in deren Schutz wir uns notfalls zurückziehen konnten. Diese Organisation existiert nicht mehr. Wir alle waren durch den Schwur auf unsere Gemeinschaft verbunden. Dieser Schwur ist nun hinfällig, denn es gibt die Gemeinschaft nicht mehr. Wir sind allein und wir müssen eine Lösung für unsere Probleme finden. Mister Kresser, ich gehe davon aus, dass die Sky-Marshals sich wohl um Richter Tradings kümmern werden.“

      „Darauf können Sie Gift nehmen.“ Kresser lächelte, als er die Anspielung auf sein tödliches Handwerk sah. „Ich weiß, worauf Sie hinauswollen… Wir haben keine Möglichkeit mehr, uns in einer der Niederlassungen von Richter neu zu versorgen.“

      „Da die Glennrose zudem offiziell ein Schiff von Richter Tradings ist, entfällt für uns auch die Möglichkeit, an einer Freihandelsstation anzulegen. Wenn in den Medien erst berichtet wird, dass Richter die Tarnung einer Piratenorganisation war, dann werden sich die Händler förmlich überschlagen, uns bei Sichtung an die Navy zu verraten.“ Anderson trommelte mit den Fingern auf die Kante des Schreibtisches. „Ich habe keinen Zweifel, dass wir es mit einem Navy-Kreuzer aufnehmen können, doch die Navy hat viele Kreuzer. Ein altes Sprichwort besagt, dass viele Hunde des Hasen Tod bedeuten.“

      Proviantmeister Sloan nickte. „Wir brauchen einen Stützpunkt, Captain.“

      Skeet Anderson sah in die Runde. „Genau das ist der Kern der Sache. Wir brauchen einen Stützpunkt, wo wir uns versorgen und unser Schiff äußerlich ein wenig verändern können. Und wo wir Zeit haben, Gras über die Sache wachsen zu lassen. Vorschläge?“

      „Auf einem Handelsstützpunkt fänden wir alles, was wir auf absehbare Zeit benötigen“, schlug Ingenieurin Tara vor.

      Susan Horn schüttelte prompt den Kopf. „Ein Handelsstützpunkt wird immer wieder von Schiffen angeflogen. Man würde uns ziemlich schnell auf die Spur kommen und dann hätten wir die Sky-Navy am Hals.“

      „Wir könnten irgendwo landen, unser Schiff mit anderen Farben und einem neuen Logo versehen, und dann als harmloser Händler auf einer Kolonialwelt erscheinen“, meinte Sloan.

      „Zu unsicher“, wandte Kresser ein. „Es gibt nicht viele Frachter mit der typischen Form der Glennrose, die für eine Atmosphärelandung geeignet sind. Alle Daten der Glennrose, zumindest die offiziell bekannten, befinden sich im zentralen Schiffsregister des Direktorats auf dem Mars. Das bedeutet, dass jeder Raumhafen und jede Station diese Daten mit dem nächsten Update wieder empfängt. Das Risiko, dass wir erkannt werden, ist zu hoch.“

      „Trotzdem hat Mister Sloan nicht ganz Unrecht.“ Anderson strich unbewusst über sein Oberlippenbärtchen. „Eine Kolonie wäre ein gutes Versteck. Aber es müsste eine sehr kleine Kolonie sein, die wir mit unseren paar Leuten hundertprozentig kontrollieren können. Am Besten eine, die erst neu gegründet wurde und noch nicht in den interstellaren Handel eingebunden ist, weil sie noch keine Waren zu bieten hat.“

      Susan Horn lachte leise. „Bei der derzeitigen Kolonisationswelle dürfte es kein Problem sein, so eine Kolonie zu finden. Seit der Einführung des Nullzeit-Antriebs gibt es doch jede Menge Spinner und Abenteurer, die sich eine eigene kleine Welt suchen.“

      „Ausgezeichnet, Erste“, lobte Anderson. „Seien Sie doch so freundlich, und suchen Sie in unserer Datenbank nach einem geeigneten Objekt.“

      Kapitel 2 Das Feld der Hoffnung

       Greenland-Kolonie, Farm außerhalb der Hauptstadt Sanktum

      Es gab immer wieder Menschen, die der Tatsache überdrüssig waren, wie sehr ihr Leben von der Technik bestimmt und von ihr abhängig war. Die es nicht schätzten, dass intelligente Haushaltsgeräte und andere Hilfsmittel über alle Einzelheiten ihres Privatlebens informiert waren und dies nutzten, um Dienstleistungen noch zielgerichteter an den Kunden zu bringen. Diese Menschen waren nicht unbedingt Technikverweigerer, doch sie standen ihr mit Skepsis gegenüber und fragten sich, ob grenzenloser Service denn unbedingt die Aufgabe des Privatlebens wert sei. Vor Beginn der interstellaren Raumfahrt war es nahezu unmöglich gewesen, sich der Allgegenwart der Technik zu entziehen, doch nun, im Zeitalter des Hiromata-Nullzeitantriebs, war dies anders.

      Die Gruppe der sogenannten „Greener“ waren keineswegs Sektierer, welche Technik mit fanatischem Eifer verurteilten, doch sie wollten ein Leben führen, in dem sie selbst bestimmten, wie viel Technik sie zuließen. John Winkler, Begründer der Greener-Bewegung, konnte ein paar hundert Menschen für seine Idee begeistern, eine eigene Welt zu finden und zu besiedeln. Immer mehr bewohnbare Planeten und Monde wurden beim Direktorat registriert und den Greenern gelang es, die Rechte an einer kleinen erdähnlichen Welt zu erhalten. Man konnte nicht genug Geld aufbringen, um ein richtiges Kolonistenschiff zu erwerben, daher mieteten die Greener eines der für Nullzeit ausgerüsteten FLVs, die im Privatbesitz waren und die als Shuttles zwischen den Sternen hin und her eilten. Die „Fast Landing Vehicles“ waren für die Sky-Navy und ihre Sky-Trooper als schnelle Landungsboote entwickelt worden. Inzwischen waren viele aus dem Dienst ausgemustert und für zivile Zwecke umgerüstet worden. Eines dieser fünfzig Meter langen Raumboote brachte die Greener zu ihrer neuen Welt. Zwanzig Flüge waren erforderlich, um die neuen Kolonisten, ihre Ausrüstung und ihre Vorräte, auf die Oberfläche zu bringen. Mit dem letzten Pendelflug verschwand das FLV am Himmel und würde für lange Zeit das letzte Raumfahrzeug sein, welches die Greener zu Gesicht bekamen.

      John Winkler und seine Gemeinschaft tauften ihre Welt auf den naheliegenden Namen „Greenland“ und die Stadt, die sie hier gründeten, „Sanktum“. Für sie alle sollte dies der Neubeginn einer selbstbestimmten Existenz sein, in der sie mit der Natur und nicht gegen sie leben würden.

      Es war das sechste Jahr der Besiedelung und Farmer Bernd Rau ging mit langsamen Schritten zwischen den Furchen seines Ackers entlang. Er gehörte zu jenen Kolonisten, die etwas vom Ackerbau verstanden. Der Ursprung seiner Familie lag im ehemaligen Nationalstaat Europa auf der alten Erde, die man aufgrund der Umweltzerstörungen hatte verlassen müssen. Inzwischen erholte sich der geschundene Planet, aber die Menschheit fand ihre neue Heimat auf dem Mars und in fernen Sternensystemen. Es gab keine Bestrebungen die Erde erneut zu besiedeln. Doch das Wissen von der alten Erde war erhalten geblieben, vor allem in der Familie von Bernd Rau, dessen Vorfahren bis zuletzt die „Früchte der Erde“ aus den Krumen der Äcker geholt hatten. Aus Böden, die längst ausgelaugt waren und kaum noch Ertrag brachten.

      Der Boden auf Greenland war fruchtbar. Bernd hatte ihn mit seinen eigenen Sinnen geprüft. Die dunkle Erde in der Hand gehalten, sie zwischen den Fingern zerkrümelt, daran gerochen und sie geschmeckt. Es war guter Boden, bestens geeignet um Feldfrüchte


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