Geliebter Unhold. Billy Remie

Geliebter Unhold - Billy Remie


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von Magiebegabten zu Magiebegabten. Wir sind alle in Gefahr, in Nohva erhob sich ein Kult, Die Blutreinen, und sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Welt von der Magie zu befreien. Ein Verräter schnitt mir die Kehle durch, versuchte mich zu töten. Ich bin noch sehr schwach, ich hätte nicht überleben dürfen, ich weiß nicht einmal, warum ich noch atme. Niemand weiß das. Meine Feinde verbreiten das Gerücht, ich sei ein Dämon.

       Ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet dir schreibe. Vielleicht steckt mehr dahinter als meine Sorge um dich, vielleicht möchte ich mir das Chaos einfach nur von der Seele schreiben. Doch dieses Gift, das Nohva heimsucht, wird sich ausbreiten, wenn wir nicht dagegen vorgehen. Ich habe Kinder brennen gesehen, nur aufgrund der Tatsache, dass sie Blumen wachsen ließen. Es ist ernst, die Stimmung ist gekippt. Und obwohl meine Magie wächst, bin ich nach dem Anschlag auf mein Leben noch immer zu schwach, um ein Schwert zu halten.

       Warne so viele, wie du kannst, bereite deine Freunde in der Akademie auf die Unruhen vor. Es geht nicht um Throne, um Grenzen, um Reichtum oder Macht, sondern um die Freiheit und das Überleben aller Zauberkundigen. Ich will dafür kämpfen, das ist alles, was ich gerade weiß.

       Unsere Existenz darf nicht ausgelöscht werden, wir dürfen keine Sklaven werden.

       Wenn du wie ich der Meinung bist, dass wir uns wehren sollten, so schreib mir, ich werde einen Boten, dem ich vertraue, zwischen uns hin und her senden.

       Spar dir Zeit und Tinte, solltest du meine Meinung nicht teilen.

       Hochachtungsvoll und in Zärtlichkeit,

       Kronprinz Riath M`Shier, Sohn des Blutdrachen, König Desiderius M`Shier, Erbe der Krone Nohvas.

       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

       * Zweieinhalb Jahre nach König Desiderius` Tod verfasst und versendet.

       Liebster Riath,

       ich habe deine Briefe erhalten. Du hast Recht, ich habe nicht geantwortet, weil ich mir nicht sicher war, was ich denken soll und wem ich vertrauen kann. Dein Hass auf deine Feinde hat mich verunsichert. Und ich gebe zu, ich war noch sehr verletzt davon, dass du meinen ersten Brief so lange hast unbeantwortet lassen. Aber sei versichert, dass mich deine Zeilen oft zutiefst erschüttert und berührt haben.

       Gleichwohl fürchte ich eine Entscheidung, die nicht rückgängig zu machen ist. Doch nun sitze ich hier und halte mich für einen Dummkopf, denn wie du befürchtet hast, hat sich das Gift ausgebreitet und sogar hier, im immer magischen Elkanasai, ist es in die Ohren einiger Bürger gedrungen, die nun glauben, sie allein sähen die Gefahr, die von der Magie ausgehe. In den Heilstätten weigern sich Bürger, ihre Gebrechen von einem Magier behandeln zu lassen, da das Gerücht umgeht, wir würden sie auf diese Weise mit Flüchen und Bannzaubern belegen, ihnen ihren Verstand verdrehen und sie zu Sklaven der Magie machen. Es ist vollkommen verrückt, das mit anzusehen. Ebenso wie bei Euch in Nohva, verliert die Obrigkeit an Autorität.

       Ich würde lügen, würde ich behaupten, ich hätte keine Furcht. Es braut sich etwas Düsteres zusammen, ganz gewiss.

       Es betrübt mich ebenso zu hören, dass du nach dem Anschlag noch immer außerstande bist, eine Stahlwaffe zu halten. Deshalb, und als Entschuldigung dafür, dass ich an deinen Absichten zweifelte, sende ich dir ein besonderes Schwert. Nur Mut, hebe es an, ich habe es eigenhändig verzaubert, es wird für dich leicht wie eine Feder sein. Und sollte dich einmal das Glück verlassen, so ist es imstande, die Zeit zu verlangsamen, damit du deinen Kopf retten kannst.

       Möge dein Schakal Mak den Brief und das Schwert sicher zu dir tragen.

       Ich erwarte, im Gegensatz zu dir, sehr wohl eine Antwort!

       Sag mir, wie ich helfen kann.

       Wir sind eins.

       In aller Liebe und Zärtlichkeit,

       dein Kacey.

       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

       *Ein Jahr nach Erhalt des ersten Briefes verfasst und versendet

      ~1~

      Es genügt ein einziges, unscheinbares Ereignis, um die Welt ins Wanken zu bringen. Eine winzige Veränderung, um alle zu spalten.

      Und am Ende stand die Frage, auf welcher Seite du stehst, wohin du gehörst.

      Wofür du kämpfst, macht dich zu dem, was du bist.

      So und nicht anders drehte sich die Welt für Riath, Sohn des Blutdrachen, seit seine magischen Kräfte erwacht waren. Er hatte schneller als jeder andere gelernt, sie zu kontrollieren, die Macht in sich für, statt gegen sich arbeiten zu lassen, Herr seiner Magie zu werden. Er hatte sich angestrengt, sich Nächte und Tage um die Ohren geschlagen, um niemals einen fatalen Fehler zu begehen, um niemals die Kontrolle zu verlieren. Es war hart gewesen, denn er war nicht mit diesen Kräften geboren worden, sie waren erst vor wenigen Jahren im Kampf erwacht. Unerwartet.

      Er hatte sich den Arsch aufgerissen, um allen zu beweisen, dass er mit großer Macht verantwortungsvoll umging. Er hatte nie mit seiner Magie gespielt, sie niemals eingesetzt, um schlicht zu imponieren. Er hatte seine Kräfte stets ernst genommen. Bücher gewälzt, nächtelang meditiert, es war ein Kampf gegen sich selbst gewesen, Gefühle und Kräfte gingen Hand in Hand, er musste lernen, beides zu kontrollieren, und das war das mit Abstand Schwerste, was er je erlernt hatte.

      All die Mühe war am Ende doch vergebens, denn es genügte, dass er der Zauberei mächtig war, um seinem Volk Angst einzuflößen. Für viele Menschen in Nohva kam ein Hexenkönig nicht in Frage, es stand lange Zeit im Gesetz verankert, dass jemand wie er nicht über alle herrschen durfte.

      Dass er dieses Gesetz kurzerhand außer Kraft hatte setzen wollen, aufgrund von Diskriminierung und weil es schlicht veraltet war, hatte den alten Säcken im Adel natürlich überhaupt nicht gepasst.

      Aber er fing jetzt nicht an, deshalb rumzuweinen. Es führte zu nichts. Und zugegebener Maßen hatte er nicht gerade dazu beigetragen, den Konflikt friedlich zu lösen. Lange Zeit hatte er nur dagesessen und zugesehen, hatte die Gerüchte ertragen, gute Miene zu bösem Spiel, wie Wexmell es von ihm erbeten hatte. Am Ende brannten Städte, Fanatiker zogen Hexen allen Alters auf die Straßen, folterten sie, demütigten sie. Weshalb? Es genügte Angst und Hass gegenüber der Magie als Rechtfertigung für Mord. Riath hatte aufgehört, nur zuzusehen, hatte aufgehört zu glauben, mit guten Argumenten kämen sie gegen diese Volksverhetzer an, und er hatte zum Schwert gegriffen und seine Feinde entgegen jeden guten Rates niedergemetzelt, mit einer Armee, die ihm treu ergeben war, weil er den Namen seines Vaters trug. Er hatte Stahl und auch Magie gegen seine Gegner eingesetzt, sie zurückgetrieben, Zauberkundige befreit, gerettet, zusammengeführt. All das war sein Verdienst gewesen, er hatte Feuer gelöscht. Und doch war er es, der sich vor jedem Schatten in Acht nehmen musste, wie ein Verräter. Dabei war er der letzte Mann, der Wexmell verraten hätte.

      Er wusste sehr genau, dass er alles andere als ein Opfer war und schlicht immer wieder das bekam, was er verdiente.

      Das bedeutete aber nicht, dass er sich einfach damit abfinden würde. Nein, im Gegenteil, wenn ihm jemand ans Bein pisste, schlug er eben zurück. Das war immerhin sein gutes Recht.

      Niemand konnte ihm weiß machen, ob gut oder böse, dass er sich ungestraft niederknüppeln ließ und dann liegen blieb, weil es für andere so besser wäre.

      Er war nun mal nicht wie Wexmell, der sich für das Wohl aller selbst opfern würde, der immer das Gute in seinen Untergebenen sah, der immer alles vergeben konnte. Nun ja, fast alles. Und der immer den diplomatischen Weg einschlug.

      Es gab so vieles, was sie entzweite, und doch dachte er jeden Abend und jeden Morgen an seinen Ziehvater,


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