Ein weiteres Intermezzo mit dem Bösen. Lucian Vicovan

Ein weiteres Intermezzo mit dem Bösen - Lucian Vicovan


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hat er mit dir angestellt, sodass du ihn nicht so siehst, wie er in Wahrheit ist und wie wir ihn sehen. Ich wette, da ist Voodoo, oder irgend so ein Scheiß, im Spiel.”

      „Wie heißt es so schön? Liebe macht blind!”, singsangte meine Freundin. Ich verdrehte meine Augen und erntete prompt eine Schimpftirade von Shelly.

      „Du solltest glücklich sein, dass dich überhaupt jemand ansieht, Luczizcki! Wozu verdrehst du jetzt die Augen? Diese Männer - Gott o Gott!” Damit verzog sie wieder, ohne unsere Bestellung aufzunehmen.

      „Ihr zwei werdet wohl auch nie mehr Freunde.”, sagte meine Freundin lachend.

      „Ach, du weißt ja wie das ist, was sich neckt das liebt sich.”

      „Liebst du sie also?”

      „Ich necke sie doch nicht.”

      „Oh, bist du herzig Luczizcki. Ist das etwa einer dieser Momente, in denen du das Gefühl hast, dass dir die ganze Welt zu Füßen liegt und jede Frau was von dir will?”

      „Die ganze Welt vielleicht nicht,…”

      „Hahaha Luczizcki, jedenfalls - ich habe auf dem Weg hierher mit meiner Mutter telefoniert. Es ist schon fast ein halbes Jahr vergangen, seitdem ich sie zuletzt gesehen habe. Ich werde mir heute einen Flug suchen, der innerhalb der nächsten zwei Wochen abfliegt. Ich nehme an, dass du nicht zu heiß auf den schwedischen Winter und auf meine Eltern bist, habe ich recht?”

      „Deine Eltern sind nette Menschen, die machen mir nichts aus, der Winter jedoch,…”

      „Alles klar Luczizcki, ich habe sowieso nicht damit gerechnet, dass du mitkommen möchtest, daher sogar meiner Mutter schon gesagt, dass ich dich zwar fragen würde, sie aber gleichzeitig wissen lassen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass du mich begleitest.”

      „Sehr gut, sehr gut.”

      „Luczizcki, etwas beschäftigt dich heute. Du kannst es mir entweder jetzt gleich sagen und wir räumen es aus der Welt, oder du bleibst weiterhin so komisch - deine Entscheidung.”

      „Es ist nichts, es war nur ein Tag wie alle anderen, ich warte auf den Sonnenuntergang und freue mich über mein zweites Bier heute. Die Welt ist gut, das Leben ist schön!”

      „Nur zwei Bier? Du machst Fortschritte, mein Herz.”

      „Bisher jedenfalls.”

      „Hast du das Gefühl, Luczizcki, dass du derjenige bist, der bei uns immer die Initiative im Bett ergreift?”

      „Jetzt wo du es erwähnst, kann ich mir sogar vorstellen, dass dem so ist."

      „Ich glaube nämlich auch. Heute hat uns meine Freundin Chelsea erzählt, dass ihr Freund einen großen Aufstand deswegen gemacht hat. Er warf ihr Sachen an den Kopf, dass sie niemals etwas einbringe. Er meinte, dass auch er es sich manchmal wünschen würde, verführt, überrascht und zum Beischlaf verleitet zu werden. Wie siehst du das?”

      „Der Freund hat vollkommen recht.”

      „Luczizcki, da muss ich dir aber ehrlich sagen, dass dies zwischen uns nie klappen würde. Ich wüsste gar nicht wann ich dazu kommen würde. Sobald wir auch nur eine freie Minute haben, ergreifst du schon die Initiative. Mir bleibt ja gar keine Chance mein Spiel aufzufahren, du lässt mir schlicht und ergreifend keine Gelegenheit.”

      „Ausgelastete Kapazitäten sind doch gut. Es muss genau daran liegen, dass mir nie der Gedanke gekommen ist, mich über fehlenden Einsatz deinerseits zu beschweren.”

      „Aber eine Beziehung ist doch sooo viel mehr als nur Sex.”

      „Okay, hier muss ich einmal entschieden dazwischen gehen! Diese Aussage kann ich nicht mehr hören!” Ich schlug mit beiden Handflächen auf die Tischplatte und stand beinahe vom Stuhl auf.

      „Was ist in dich gefahren, Luczizcki?”

      „Eine Beziehung sollte genau so viel Sex beinhalten, wie es beide Parteien nötig haben. Vor allem, wenn man auf Treue oder Monogamie pocht! Alles andere ist nur Qual und wird immer im Desaster enden.”

      „Willst du damit sagen, dass, sollte etwas passieren, und wir keinen Sex mehr miteinander haben könnten, du einfach verschwindest oder dich anderseits umzusehen beginnst, Luczizcki?”

      „Mal angenommen, dir würde etwas zustoßen und du könntest nie mehr Sex haben. Würdest du von mir erwarten, dass ich mir mein Glied abschraube und niemals mehr darüber nachdenke?”

      „Luczizcki, wir reden gerade sooo viel Blödsinn daher.”

      „Das ist auch recht so. Die Sonne geht gleich unter, der Schampus prickelt, welch besseres Umfeld könnte sich einer wünschen, um Blödsinn daherzureden?”

      Wir lachten beide, ich streichelte ihren Handrücken. Sie bückte sich über den Tisch und drückte mir einen Kuss auf die Nasenspitze. Ich liebte sie und liebte es, sie anzusehen und anzuhimmeln!

      3

      „Luczizcki, Ihre Züge sind chaotisch und reaktionär, haben Sie überhaupt einen Plan?”

      „Mein Plan ist es, dir endlich eine Niederlage zu verpassen, und das ist mir Plan genug.”

      Tano wieherte los. Er hatte ein außergewöhnlich lautes Lachen. Im nächsten Zug schlug er mein Pferd, welches ich schutzlos und vernachlässigt in der Mitte des Bretts stehen gelassen hatte. Alternativ hätte ich vielleicht einen Läufer opfern können, aber davon blieb mir auch nur noch einer.

      Jede Schachpartie mit Tano war eine neue Klatsche. Dabei lebte ich bis zu dem Tag, an dem ich zum ersten Mal gegen ihn gespielt hatte, mit der Auffassung, ein dezent guter Spieler zu sein. Diese Annahme zerschmetterte der Koch, Tano, innerhalb von Sekunden. In der ersten Partie zerlegte er mich in vier Zügen. Bauer vor, Dame raus, diese neben den hilf- und schutzlos ausgelieferten König gestellt - Ende der Geschichte. Seitdem erwischte er mich nie wieder mehr so kalt, hatte aber auch nie irgendwelche Mühe mit mir. Dies gab mir Anlass, einiges zu überdenken, doch dann bemerkte ich etwas an Tano, und beruhigte mich ein stückweit.

      Tano war ein Genie, ein Zahlengenie, um spezifischer zu sein. Er konnte sich alle Bestellungen in richtiger Reihenfolge merken, er konnte einen Farbenwürfel innerhalb von Sekunden lösen, komplizierte Berechnungen im Kopf bewältigen und auch sonst alle anderen Tricks, die man einem Menschen mit dieser Begabung zutrauen müsste.

      Tano kam aus Neuseeland. Er arbeitete in der Küche des Sam´s, zusammen mit seinem Schwiegervater. Seine Freundin war Teilzeitkellnerin. Obwohl sie beide erst Mitte zwanzig waren, hatten sie schon vier oder fünf Kinder.

      Er konnte sogar gegen Schach-Apps am Handy in wenigen Zügen gewinnen - also gegen einen Computer spielen und diesen eindrucksvoll besiegen. Gleichzeitig war Tano auch Schulabbrecher, vorbestraft, aggressiv und sprach, wie ein noch nie in einer Stadt gewesener Bauer.

      Mal war es traurig, mal war es lustig mitanzusehen.

      Dieses Mal war die Schachpartie erneut bedrückend und frustrierend. Ich merkte, wie schwer es mir fiel mich zu konzentrieren. Daher verlegte ich meine Aufmerksamkeit eher auf das Trinken und bewegte nur ganz nebenbei die Figuren auf der Tafel umher, bis diese mir weggeschnappt wurden.

      „Na, ihr Pisser?!!!?”

      Damit kündigte Shelly das Ende ihrer Schicht an. Die Küchenbelegschaft machte immer als erster Feierabend, erst später auch die Kellner.

      Der Stuhl neben mir war frei, also stieß ich ihn schnell mit dem Fuß weg.

      „Du glaubst echt, dass ich mich neben dich gesetzt hätte?”

      „Ich glaube, dass du dich am allerliebsten auf meinen Schoß gesetzt hättest.” Es wurde freudig gelacht.

      „Hört, hört. Die Freundin ist nicht dabei und schon hat er wieder Eier in der Hose, der Herr Luczizcki. Nicht einmal für einen vollen Jahreslohn


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