Magisches Kompendium - Voodoo - Theorie und Praxis. Frater LYSIR

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„Geist“, „Gott“, „göttliche Macht“, „göttliche Potenz“, „Engel“ oder auch „Äther“ bzw. „Quintessenz“ verwenden kann. Sogar „Blut“ kann hier als Synonym verwendet werden, denn wenn man das Blut als fünftes Element versteht, als Element des Geistes, passt es perfekt auch in die verschiedenen religiösen Handlungen des Voodoo, wo nun einmal mit Blut gearbeitet wird.

      In diesem Zusammenhang muss man natürlich auch begreifen, dass Voodoo uralt ist, dass es letztlich eine Naturreligion ist, eine Naturreligion, die den Animismus verwendet, die Allbeseeltheit der Natur, was wiederum bedeutet, dass man hierbei den ganzen afrikanischen Kontinent berücksichtigen muss. Auch hier geht es wieder um Hochkulturen, wobei man sich jetzt darüber streiten kann, wie alt die jeweiligen Kulturen sind, denn es gibt hier keine klaren Aufzeichnungen und keine klaren Funde. Daher muss man dabei bleiben, dass die älteste Hochkultur ganz klar im Zweistromland zu finden ist, in Sumer, wobei es dann auch wieder Verbindungen zu Ägypten gab, die dann auch Verbindungen zu Äthiopien führten, wobei hier die Legende der „Königin von Saba“ zu nennen ist, wobei es aber keine 100-prozentigen Beweise wirklich dafür gibt, dass diese Person aus Äthiopien kam. Doch auch der Sudan und Nubien sind hier zu nennen, wobei diese Länder alle im Osten Afrikas liegen, und die Länder Nigeria, Benin, Togo und Ghana an der Westküste. Doch eigentlich ist es auch irrelevant, wie alt Voodoo ist, da Voodoo eine Religion ist, eine Maxime, die sich den Gegebenheiten anpasst, was bedeutet, dass Voodoo nicht mehr die alten und überholten Traditionen lebt, sondern mit der Zeit geht. Aber es klingt für die Menschen faszinierend, dass Voodoo sicherlich 10.000 Jahre alt ist. Nun, Voodoo ist eine Naturreligion, und somit ist Voodoo älter als 100.000 Jahre. Dies gilt im Übrigen für jede Naturreligion, da die Geschichte der Menschheit deutlich älter ist als 100.000 Jahre. Da aktuelle Ausgrabungen und Forschungen davon ausgehen, dass die ältesten Funde, welche in Marokko (in Djebel Irhound) gefunden wurden, ca. 300.000 Jahre alt sind, kann man davon ausgehen, dass das Leben in und mit der Natur ein entsprechendes Alter besitzt, sodass alle Schamanismen, alle Naturreligionen, somit auch Voodoo, ungefähr 300.000 Jahre alt sind.

      Frage! Ist dies eigentlich alles wichtig, wenn es um die Magie geht, um das magische Potenzial im Voodoo??? Ja und nein! Voodoo ist Magie, Voodoo ist Religion, und man muss bei diesen ganzen Dingen immer den christlichen Synkretismus berücksichtigen, genauso wie die Flexibilität im Voodoo. Wenn ich das haitianische Voodoo betreiben will, werde ich auch immer Verbindungen zum Christentum betreiben. Dies kann im magischen Kontext problematisch werden, wenn man europäisch arbeitet, und versteht, dass gerade in Europa die Kirche einen gigantischen Machtmissbrauch ausübte und eigentlich auch immer noch ausübt. Will man sich wirklich mit diesen Verknüpfungen, Netzwerken, Energien und „Verwebungen/Verklebungen“ einlassen? Ich kann hier ganz bewusst sagen, dass sich dies vermeiden will! Es geht um Magie, es geht um Energiearbeit, es geht um Flexibilität, und zum Glück ist Voodoo auf der einen Seite sehr flexibel und auch tolerant! Tja, das Problem ist aber die andere Seite, denn Voodoo kann auch sehr dogmatisch, hinterwäldlerisch und intolerant sein.

       Auch wenn Voodoo nicht eine primäre Schriftreligion ist, auch wenn Voodoo flexibel ist, auch wenn Voodoo sich dem Zeitgeist anpasst, und nicht irgendwelche besonderen Institutionen, Anführer oder dergleichen besitzt, gibt es dennoch hier verschiedene Ämter, Aufgabenbereiche und „Berufsbezeichnungen“! Doch da Voodoo eine Naturreligion ist, muss man auch wieder ganz klar und deutlich sagen, dass es im Allgemeinen, KEINE religiösen Institutionen und auch keine strikten Hierarchien gibt. Es gibt NICHT so etwas wie den Papst, den Dalai-Lama, den Kohen Gadol כהן גדול, (wörtlich „großer Priester“) oder den Iman. Dennoch gibt es hier spezifische Titel, die sich auf „praktische“ oder auch „wissende / weise“ Menschen beziehen. Doch welche Bezeichnungen, Titel, Aufgaben, Berufe sind dies? Nun, in diesem Kontext muss der Houngan/Oungan oder die Mambo erwähnt werden, da es sich hier um klassische Priesteraufgaben handelt. Wenn man dann zu der Bezeichnung des Bokor / Bocor / Bòkò / Azetó, oder auch zu der Caplata kommt, dann findet man hier die klassischen Hexen, Zauberer, Magier, die eben auch für schadensmagische Arbeiten aufgesucht werden. Letztlich ist dann aber auch noch der Bokonon zu nennen, der auf der einen Seite ein Apotheker ist, aber auch ein Kräuterkundiger, ein Arzt, ein Exorzist, und irgendwie alles, was eben von einem Houngan/Oungan, einer Mambo, einem Bokor / Bocor / Bòkò / Azetó oder einer Caplata NICHT abgedeckt wird. Primär geht es hier um besondere Aufgaben, es geht um einen Wissensstand, der sich jedoch erarbeitet wurde, was wiederum bedeutet, dass diese Titel Arbeitstitel sind, und definitiv nicht von anderen Menschen vergeben werden, da diese Menschen eigentlich BERUFEN werden bzw. berufen sind, da sie sich im Grunde selbst berufen bzw. sie werden durch die Energien der Natur, durch die Vodun / Loas / Iwas, also im Grunde von Mutter Natur und Vater Himmel selbst, berufen, initiiert und eingesetzt. Dass es hier dann eben auch magische Initiation gibt, wo die bereits initiierten Priester die jeweiligen Rituale leiten, sollte klar sein, was aber nicht bedeutet, dass irgendein Houngan/Oungan, irgendeine Mambo, so agieren würde, wie die katholische Kirche, dass die höheren Kirchenämter eigentlich alles politische Ämter sind. Nein, es geht um Fähigkeiten, es geht um Wissen und Weisheit, es geht um ein Nutzen für die Gemeinschaft, für die Familie, für den Stamm, für diesen Bund, für das Dorf.

      Titel! Besondere Bezeichnungen! Menschen, die sich besonders benennen! Muss das sein? Ja, denn wenn es um eine Gruppierung, um eine Organisation, eine Religion oder auch nur um magische Maximen geht, müssen spezifische Vokabeln her, sodass es hier Unterscheidungen gibt. Es ist in jeder Religion so, dies ist auch in allen magischen Maximen so, auch wenn es hier zum Teil gigantisch viele Bezeichnungen gibt, oder wirklich nur einzelne. Doch überall, wo Menschen agieren, überall wo Menschen leben, ist es ein logischer Schluss, dass hier besondere Betitelungen gewählt werden, um Aufgaben zu verifizieren, Möglichkeiten zu eruieren, Arbeitsbereiche abzustecken und auch Verantwortungen zu markieren.

       In der Voodoo-Religion gibt es hier eben einige Titel, die sich dahingehend unterscheiden, dass hier spezifische Aufgaben deklariert sind. Doch bei diesen ganzen Titeln, bei diesen ganzen Bezeichnungen, bei den ganzen verschiedenen Schreibweisen, muss man immer wieder bedenken, dass Voodoo eine mündliche Überlieferung verwendet, sodass hier eine Lautschrift reflektiert werden muss, und nicht irgendwelche Wörterbücher. Im afrikanischen Voodoo werden auch die jeweiligen Priester, die hier einfach als „Priester“ bezeichnet werden, als „Vodúnnɔ́“ betitelt, was in der Fon-Sprache eben wortwörtlich „Priester“ heißt. Doch der Begriff „Vodúnnɔ́“ wird im Grunde literarisch nicht verwendet, da hier eben die Vokabel Houngan/Oungan existiert. Wenn man sich etymologisch den Begriff „Houngan/Oungan“ anschauen will, dann findet man auch hier eine Vokabel, die aus dem Wortschatz der Fon kommt. Dies bedeutet, dass man also hier auch wieder die „afrikanische Heimat“ des Voodoo betiteln kann, also primär das Land Benin, sekundär aber auch die Länder Togo, Ghana und Nigeria. Andere Quellen sprechen davon, dass es sich um ein Wort aus der Bantu-Sprache handelt, was jedoch ein relativ neuer Begriff ist, der erst 1856 sprachwissenschaftlich eingeführt wurde, und sich auf das kongolesische Wort „Bantu“ bezieht, was man einfach mit „Mensch“ übersetzen kann. Hierdurch wird eine Sprachfamilie gekennzeichnet, die in Mittel- und Südafrika von über 200.000.000 Menschen gesprochen wird, und in der Familie der „Niger-Kongo-Sprachen“ zu finden ist. Nun, zu dieser Familie gehört auch die Fon-Sprache, sodass man sagen kann, dass die Bantu-Sprache hier als eine Art Großfamilie zu sehen ist, während Fon eine speziellere Bezeichnung darstellt. Doch was heißt „Houngan/Oungan“ denn in der Übersetzung? Um hier eine Antwort zu finden, muss man etwas tiefer dringen, denn selbstverständlich gibt es doch weitere Unterschiede in den Sprachen, Bezeichnungen, Lautschriften und Übersetzungen. Diese Unterschiede beziehen sich einmal darauf, dass der Titel Houngan/Oungan sich auf die Fon-Bezeichnung „Hounnongan“ bezieht, und einmal auf die Bantu-Sprache (bzw. dann die Kikongo-Sprache, also das Kongolesische), wobei hier der Begriff „Nganga“ klassifiziert ist. Und was es jetzt richtig? Eigentlich sind beide Möglichkeiten denkbar, denn das Fon-Wort „Hounnongan“ setzt sich aus den Silben „Houn“ (oder auch „Oun“) und „Gan“ zusammen, wobei die Übersetzungen „Geist“ und „Oberhaupt/ Anführer“ lauten, woraus dann der „Anführer der Geister“, der Hounnongan, der Houngan/Oungan


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