Ziele und Wirkungsweise des regulatorischen FOXP2-Gens, Vergleich mit anderen Vertretern der FOX-Familie. Elena Tschumak
der Gehirnentwicklung spielen die FOX-Gene eine bedeutende Rolle. Im Allgemeinen scheint das FoxP-Gen als Transkriptionsfaktor für das Gesamte Nervensystem zu diehnen.
Bei Insekten fördert das FoxP die lokomotive Kontrolle im Rahmen motorischer Koordination und ist vor allem in den Projektionen der protozerebralen Brücke als ein Teil des zentralen Komplexes Cx aktiv. Damit zeigen sich Analogien zum FOXP und seinen Funktionen bei Vertebrata. Z. B. ist das FOXP2 für die Bildung thalamischer Kerne der Wirbeltiere von Bedetung (Ebisu et al., 2016) seine Expression in GP-Neuronen hat eine wichtige Funktion für die Motorik (Dodson et al., 2015).
Nie et al. (2018) entdeckten 13 Fox-Gene in Apis dorsata, 14 in Apis cerana, 16 in Apis mellifera, in Bombus impatiens und in Apis florea, 17 in Bombus terrestris und 18 in Megachile rotundata. FoxA fehlte bei A. dorsata und FoxG bei A. cerana und A. dorsata. Bei A. cerana, waren ACSNU03719T0 (AcFoxN4), ACSNU05765T0 (AcFoxB) und ACSNU07465T0 (AcFoxL2) unterschiedlich exprimiert. Im Eierstadium war die Expression am höchsten. Das FoxJ1 war bei A. cerana und A. mellifera am stärksten in den Antennen exprimiert. Shatton und Scharff (2017) erforschten Analogien im FOXP2-Expressionsmuster in den KC Dendriten des Pilzkörpers der Honigbiene und der Fruchtfliege. Sie entdeckten 2018 zwei FoxP-Isoformen und kartierten ihre Expression im Gehirn erwachsener Honigbienen sowie während ihrer Entwicklung. Es wurden auch 11 Neuronpopulationen, in denen das FoxP exprimiert war, gefunden. Die FoxP-exprimierende Neuronen projizierten in den posterioren Trakt, der den Lappen mit dem posterioren lateralen Protocerebrum verbindet und der visuellen Verarbeitung dient. Bei der Hönigbiene eng verwandten Zwergbiene sowie bei einer Hummelart beobachteten die Forscher äquivalenten FoxP-Expressionsmuster. Das FoxP-Expressionsmuster einer Honigbiene war im Bereich der Zinkfinger-, der Leucin-Zipper- und der Forkhead-Domaine ähnlich dem der Drosophila und homolog zu den der Vertebrata. (Kiya et al., 2008)
Bei der Droophila wird das FoxP im optischen Loben, in den Neuronen zwischen den medialen Blütenkelchen der Pilzkörper (MB) und dem zentralen Komplex, in den Lappen der Protocerebralbrücke (PL) und im dorsalen Lappen (DL) exprimiertert. (Mendoza et al., 2014)
Bei Drosophila sind die FoxP-Mutanten im Vergleich zum Wildtyp vor allem bei schwierigen, wenig differinzierten Aufgaben ungenauer. Wenn die Versuchstiere ihre Entscheidungen anhand eines Geruches treffen mussten, verursachte eine Verringerung der Geruchs-Konzentrationsdifferenz einen unverhältnismäßigen Anstieg der Reaktionszeit bei den Mutanten. (Lawton, 2014), (DasGupta et al., 2014) Der FoxP-Level beeinflusst die Anzahl der K-Kanäle in den αβc KC Dendriten des Pilzkörpers der Fruchtfliegen und damit auch die Zeit für die neuronale Integration und Entscheidungsfindung. (Groschner, 2018)
Bei Drosophila ist das FOXP für die Produktion von Werbungsgeräuschen verantwortlich. Auch die neueren Untersuchung belegen die FOXP-Rolle bei motorischem Lernen der Drosophila.(Colomb & Brembs, 2016)
Damit scheint das FoxP für die reibungslose motorische Koordination entscheidend zu sein.
So vermuteten die Forscher die Ursache der Sprachstörung in der KE-Familie in motorischer Behinderung bei schnellen Bewegungen.(Vargha-Khadem, 1998), (Watkins et al., 2002) Denn auch die sensomotorische Integration ist in die frontostriatalen und frontocerebrallen Abläufe eingebunden. (Middleton & Strick, 2000), (Watkins et al., 2002), (Lai et al., 2003), (Liegeois et al., 2003)
Garcia-Calero et al. untersuchten 2016 in „FoxP2 protein levels regulate cell morphology changes and migration patterns in the vertebrate developing telencephalon“, ob das Foxp2 beim Einwandern der Vorläuferzellen in die Telecephalon-Mantelzone am Wechsel von der multipolaren zur bipolaren Zellform beteiligt ist. Bei diesem Wechsel verändern sich auch die Muster der radialen Migration. In dieser Arbeit untersuchten sie die Funktion des FoxP2-Proteins bei diesem Prozess sowie seine Expression im Striatum der Maus und des Huhns. Sie betrachteten dabei den Foxp2-Protein-Gradienten der Maus-Embryonen von der subventrikularen Zone bis zur Mantelschicht. Dabei stellten sie fest, dass der niedrigste Foxp2-Spiegel mit der höchsten multipolaren Migration korrelierte. In der striatalen Mantelschicht, wo die Foxp2-Proteinexpression höher ist, zeigten die Zellen auch eine bipolare Morphologie. Im cerebralen Cortex der Maus wurden gleiche Ergebnisse beobachtet. Erhöhte FoxP2-Werte in der striatalen subventrikularen Zone der Hühner korrelierten mit der bipolaren Morphologie und beeinträchtigter multipolaren radialen Migration. Somit fördert das FoxP2 den Übergang von der multipolaren zur bipolaren Morphologie durch den Gradient-Verfahren.
Da die Zellmigration bei vielen neurologischen Erkrankungen eine wichtige Rolle spielt, wäre es sehr interessant, weitere Untersuchungen im Bezug auf die Zellmigration unter FOXP2-Einfluß evtl. zusammenwirkend mit verschiedenen FOXP-Proteinen und zelleigenen Substanzen in anderen Gehirnregionen durchzuführen.
2.2 FoxP2-Auswirkung auf das SRPX2-Gen und die damit verbundene Synaptogenese
2.2.1 FOXP2 beeinflusst indirekt über uPAR die Expression des SRPX2-Gens
Die SRPX2 mRNAs wurden in Neuronen mehrerer Hirnregionen, einschließlich der Großhirnrinde und des Hippocampus, gefunden. (Lein et al, 2007), (Roll et al., 2010) Humangenetische Analysen ergaben, dass eine Mutationen des Sushi-Repeat Proteins SRPX2 in Verbindung mit sprachbezogenen Störungen wie die Rolandische/ Sylvische Epilepsie, die DVD (funktional developmental verbal dyspraxia) und die Bilaterale Perisylvische Polymikrogyrie (Entwicklungsstörungen der Sprachbereiche des Kortex) stehen. Mehrere Proteine, wie z. B. das uPAR, ein Plasminogen-Aktivator-Rezeptor des Urokinase-Typs (auch als PLAUR bekannt), wurden mit diesem Prozess in Verbindung gebracht. Dabei interagiert das uPAR physikalisch mit dem SRPX2. SRPX2 / uPAR zeigten eine Ligand-Rezeptor-Wechselwirkung. Bereits 2010 zeigten Roll et al. in „Molecular networks implicated in speech-related disorders: FOXP2 regulates the SRPX2/uPAR complex“, dass das FoxP2 mit dem Epilepsie- und Sprache-assoziierten SRPX2 wechselwirkt und in diesem Zusammenhang mit dem uPAR Gen-Promoter interagiert. Bei diesem Prozess wird das SRPX2 durch den Plasminogen-Aktivator-Rezeptor (uPAR) modifiziert. Ein unabhängiger Chromatin-Immunpräzipitation-Microarray-Screening hat den uPAR-Gen-Promotor als ein potenzielles FOXP2-Ziel identifiziert. Dabei wurde ein Transkriptions-Regulations-Netzwerk zwischen dem menschlichen FOXP2 und dem SRPX2 / uPAR-Komplex untersucht. Die Autoren untersuchten neurogenetische Bahnen, die mit sprachbezogenen Verschaltungen des Gehirns verbunden sind.
In silico und mit Hilfe von Gel-Retardationsassays wurden die Promotorregionen der menschlichen SRPX2- und uPAR-Gene auf die Anwesenheit von FOX-, FOXP- und FOXP2-Bindungsstellen gescreent. Diese Suche wurde innerhalb der 1,5 kb DNA-Sequenz einschließlich der 5 ' canonischer Transkriptionsstartstelle (TSS) durchgeführt. Mit Hilfe der der 5'-RACE (Rapid Amplification von cDNA-Enden) und der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) wurde bestätigt, dass die SRPX2- und die uPAR-Gehirn-Transkripte keine 5 'TSS Bindungsstellen besitzen. Es wurden aber mehrere Konsensus-Sequenzen von verschiedenen Typen (FOX, FOXP, FOXP2) in den Promotorregionen beider Gene gefunden. Sieben Stellen (SRP1-SRP7 von 3' bis 5' des (+) Strang) wurden für das SRPX2 identifiziert: das SRP1, das SRP2, das SRP5 und das SRP7 vom Typ FOX und das SRP3, das SRP4 und das SRP6 vom Typ FOXP2. Dabei wurden sechs Stellen (UP1-UP6) für die uPAR nachgewiesen: UP1-UP3 für das FOX und UP4-UP6 für das FOXP. Einige dieser Bindungsstellen (das SRP1, das UP2, das UP5 und das UP6) bestanden aus mehr als einer Konsensus-Sequenz, was auf eine mögliche SRPX2- und uPAR-Regulierung durch mehrere Transkriptionsfaktoren der FOX Familie hindeutet. Eine vergleichende Suche solcher SRP1-7- und UP1-6-Bindungsstellen in den Srpx2- und den uPAR- Promotor-Sequenzen von Schimpansen und Maus zeigte starke Unterschiede zu Menschen. So fehlten bei Maus die UP1-UP6-Forkhead-Bindungsstellen in der uPAR-Promotorregion. In den FOXP2-transfizierten Zellen wurde signifikante Abnahme vom SRPX2 (43,6%) und vom uPAR (38,6%) beobachtet. Ergebnisse des Luziferase-Reporter-Assays zeigten, dass die FOXP2-Expression eine deutliche Hemmung der SRPX2- (80,2%) und der uPAR- (77,5%) Promotoraktivität hervorruft. Ein p.R553H mutiertes FOXP2 führt zur verminderten SRPX2- und uPAR-Promotoraktivität. Bei einem Patienten mit Polymikrogyrie des linken Rolandischen Operculums wurde eine FOXP2-Mutation (p.M406T) in der Leucin-Zipper-Dimerisierungsdomäne gefunden. Diese Mutation verhinderte die FOXP2-Regulierung des SRPX2, jedoch blieb die uPAR- Promotoraktivität davon unbeeinträchtigt.