Der feuchte, amerikanische Traum. Lucian Vicovan
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Lucian Vicovan
Der feuchte, amerikanische Traum
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Inhaltsverzeichnis
1
„Willkommen in meinem Auto, Fremder. In nur wenigen Minuten werden wir uns nicht mehr fremd sein. Wie ist Ihr werter Name?“
„Ich möchte zur 575 South West 11th Street, bitte sehr.“
„Ich versuch´s noch einmal. Mein Name ist Dave, und wie lautet Ihrer?“
„Nun fahren Sie endlich los.“
„So nicht werter Herr, das hier ist kein gewöhnliches Taxi.“
„Also gut, ich brauche ein gewöhnliches Taxi.“
Die Zentralverriegelung machte genau eine Sekunde bevor ich an dem Hebel zog, das typische Klick - ich steckte also fest.
„Wollen Sie mich etwa entführen?“
„Mitnichten, ich möchte Sie zu der von Ihnen genannten Adresse fahren, 575 South West 11th Street. Habe ich recht?”
„Stimmt genau, weshalb fahren Sie also nicht endlich los?”
„Ich möchte, dass Sie mir zuerst Ihren Namen verraten, Mister.”
„Ich könnte Ihnen irgendeinen Namen nennen.”
„Das wäre nicht sehr nett, schließlich habe ich Ihnen meinen richtigen Namen gesagt.”
„Versprechen Sie mir, dass sobald ich Ihnen meinen Namen genannt habe, Sie losfahren und ich kein Wort mehr von Ihnen zu hören bekomme?”
„Das kann ich leider nicht versprechen.”
„Wieso nicht?” Spätestens jetzt überlegte ich, mit welchem Gegenstand aus meiner Tasche, das Fenster sich am besten aufbrechen ließe.
„Weil ich eine Nachricht für Sie habe, lieber noch Fremder.”
„Ich möchte diese Nachricht aber nicht hören.”
„Das denken Sie jetzt.”
Um mich herum fuhr ein Taxi nach dem anderen vorbei. Genauso, wie ich es von überall auf der Welt gewohnt war, nahmen sie die Passagiere, die aus der Flughafenhalle nach draußen kamen, auf, warteten nur so lange bis das Gepäck verstaut und die Personen eingestiegen waren und fuhren los. Ich war der Einzige, dem das zweifelhafte Glück zuteilwurde, in ein Taxi zu steigen, welches nicht so wie alle anderen war.
„Sie verlieren wertvolle Zeit, Freundchen, Ihr Chef wird sicherlich sehr unglücklich mit Ihnen sein.”
„Da machen Sie sich mal keine Sorgen, Fremder, hier auf Erden steht keiner über mir, ich kenne nur einen Chef und dieser wäre nur dann unglücklich, wenn ich es versäumen würde, Ihnen diese vorher angesprochene und äußerst wichtige Nachricht zu überbringen.”
Es blieb mir nur noch eine Möglichkeit, um aus dieser herzlich unerwünschten Situation gewaltlos zu entkommen, ich musste mich dem Willen des Idioten mit Hornbrille und roter Kappe beugen und ihm meinen Namen nennen. Nach dem äußerst ungemütlichen Flug von Lissabon nach Miami wollte ich nichts anderes, als endlich unter einer warmen Dusche zu stehen und mich anschließend in ein gemütliches Bett zu werfen.
„Mein Name ist Luczizcki – und jetzt fahren Sie endlich los!”
„Herrjemine”, sagte der Fahrer, welcher zwar Dave hieß, hier in weiterer Folge jedoch nur noch Idiot genannt wird. Nachdem er mich zuvor nur durch den Rückspiegel anvisiert hatte, drehte er sich schlagartig zu mir um.
„Nun machen Sie schon Dave, Sie haben schließlich bekommen was Sie wollten.”
„Wieso würde man jemanden solch einen Namen mit auf dem Weg geben?”, erwiderte der Idiot, glotzte mich einige Sekunden an und drehte sich dann kopfschüttelnd wieder nach vorne.
„Also gut, Herr Luczizcki - ich hoffe ich spreche es richtig aus - damit steht unserer Abfahrt nichts mehr im Wege.”
Er sprach meinen Namen, wie nicht anders zu erwarten war, sehr amerikanisch aus, indem er diesem alle möglichen Klänge und Noten beifügte. Ich sagte nichts, da der Wagen endlich langsam anrollte. Ich ließ meinen Kopf nach hinten fallen und schloss die Augen. Die ersten Minuten auf amerikanischen Boden außerhalb des Flughafens konnten kaum unerfreulicher verlaufen. Rechnet man die Zeit im Flieger dazu, während der hinter mir ein Kind saß, welches, wenn es nicht schrie gegen meinen Sitz trat, mein rechter Nachbar wie in einer Sauna schwitzte und mein linker wie ein Bär, der sich mit einer verstopften Nase zur Winterruhe gelegt hat, schnarchte, dann konnte man die gesamte Reise als ein Fiasko bezeichnen. Doch nun befand ich mich auf der letzten Etappe ebendieser. Nicht mehr lange und ich konnte für die nächsten Tage getrost jedes Fortbewegungsmittel, welches ich mit anderen Mitmenschen teilen müsste, meiden. Ich war nach Miami geflogen, um allein den Strand auf und ab zu spazieren. Ich wollte mich in Schweigen hüllen und dem Rauschen der Wellen lauschen. Ich wollte meine vom Kontakt mit Menschen gebeutelte Seele beruhigen und am Ende erzähle können, dass Amerika seinem Ruf alle Ehren gemacht hat und sich hier tatsächlich niemand einen Scheiß um dich kümmert.
Ich hörte