Rebellische Leidenschaft. Ally Park
Saals quasi als überdimensionaler Raumteiler einfügt, vorbei. „Guten Abend, Angie“, fast wie ein Wirbelsturm treffen mich die Worte, denn sie kommen von einer vertrauten tiefen Stimme. Ich halte inne, lächle und blicke erst dann zur Seite. Es ist Ron, er lehnt an einem der Barhocker in einem schwarzen Seidenanzug, weißes Hemd mit großem Stehkragen, eine Zigarre in der Hand, die er zur Seite legt. Klassisch, elegant wirkt er, seine Haare zerzaust, wie nach einem Segelturn, verwegen. „Guten Abend, Ron“, erwidere ich und versuche dabei so ruhig und gelassen wie möglich zu klingen. Der Herr, der mir den Weg weisen sollte, erkundigt sich nun: „Wollen Sie hier einen Aperitif einnehmen?“ „Ein Gals Champagner für die Dame, Herbert!“, antwortet Ron und ich habe nichts dagegen. Tausend Dinge, die ich Ron fragen wollte und jetzt fällt mir nur ein: „Nett, deine Überraschung!“ Es klingt nicht edel, ich bin enttäuscht von mir. Ron erwidert: „Magst du Rosen? Rosen sind eigentlich nie falsch, obwohl du mehr bist?“, meint er und streift mit seiner Zunge über seine Lippen. „Mehr? Wie mehr als Rosen?“, das klingt schon besser, denke ich verlegen. „Mehr wie eine Orchidee, verdammt schön, kostbar und du erforderst viel Aufmerksamkeit, keineswegs wie eine einfache Rose“, versucht Ron seine Erklärung. In mir bebt die Euphorie.
Der Champagner mundet, wie er es verspricht.
Im anschließenden Dinner verläuft alles nach Plan, ich schaue geschätzte zwanzig Mal auf die Uhr. Mir kommt es vor, als ob das Dinner eine Ewigkeit dauern würde. Am Tisch residiere ich direkt neben Ron, somit gibt es so gut wie keinen direkten Blickkontakt mit ihm, das macht das Dinner noch mühsamer für mich. Endlich gibt es Nachtisch, das Sorbet. Nicht, dass ich auf so etwas stehe, aber es ist der letzte Gang. Es wird serviert und unbemerkt flüstert Ron mehr vor sich hin als zu mir: „Du siehst atemberaubend aus, du schillerst als größter Kristall von den vielen an dir“, er schwenkt seinen Kopf endlich mal zu mir, blickt auf meinen Nacken und lächelt mich dann an. Da ist sie, seine Zunge, wieder spielt er mit ihr über seine Lippen… Das Lächeln erwidere ich, innerlich völlig aufgewühlt, senke ich meinen Blick auf das Sorbet und bin sowas von zufrieden mit der Auswahl meiner Robe.
Die Gesellschaft löst sich endlich langsam auf und ich finde mich mit Ron im Lift wieder. Es ist still. Mein Blick hebt sich und ich spiele: „Nun Herr Kern, ich hoffe, Nicole hat die weiteren Unterlagen, die ich ihr zu dem dubiosen Ordner am Nachmittag bringen hab lassen, überbracht?“ Jetzt sehe ich tief in seine blauen Augen. „Hat sie“, meint er fast belanglos und legt seine Hände an meine Hüften, zieht mich langsam näher und betrachtet mich beginnend bei meinen Schuhen. „Genial“, flüstert er. Ich liebe es, wenn ich spielen kann, wie jetzt, muss ich mir eingestehen.
„Das Verfahren ist genial, das habe ich schon in Brüssel erwähnt“, bekunde ich leise, wohlwissend er meint etwas anderes. Die Lifttüren gehen auf und ich wende mich zum Ausstieg. Da ist noch eine Türe, stoppe ich? Ron nimmt seine Karte und jetzt öffnet auch die sich – klar Penthouse, wo bin ich nur wieder mit meinen Gedanken?
Elegant und nicht zu schnell schreite ich in den Raum und drehe mich um mich selbst, wieder erfassen seine Hände meine Hüften. Wieder zieht er mich zu sich und steht diesmal hinter mir. Seine Lippen beginnen an meinem Tatoo zu spielen. Es gefällt ihm. Er streicht meine Haarsträhnen bei Seite und wandert mit seinen Zärtlichkeiten meinen Hals entlang bis zum Ende meines tiefen Ausschnitts. Getragen von dieser sinnlichen Leidenschaft drehe ich mich um und spüre jetzt seine Hände an meinem Rücken, sie erkunden mich behutsam, wandern tiefer und erforschen mich sanft. Trotz meiner hohen Stilettos bin ich kleiner als Ron und kann deutlich am Hals vor mir sein Parfum wahrnehmen. Im Rausch des Duftes schmiege ich mich an ihn, wende mich ihm zu und wir versinken in einen betörenden Kuss.
Ich besinne mich, weiche zurück und erforsche: „Hast du noch Fragen zu den Unterlagen, kann Sommers-Hall auf ein Ja von dir zählen“, fordere ich und gehe aufs Ganze. Ron senkt den Blick und sagt mit dieser noch tieferen leisen Stimme: „Ich dachte du bist wegen mir hier?“ Das ist direkt und überrascht mich. „Schließt die Frage das aus?“, flüstere ich und betrachte jetzt aus dem bodentiefen Fenster die Lichterwelt von Wien. „Angie, es ist zu kompliziert, ich will jetzt nicht darüber reden.“
Erst jetzt ist mir klar, Ron wird lange kein Ja geben wollen. Die Lichterstadt erfasst mich. Leise Musik und ein Kaminfeuer runden die Stimmung gekonnt ab, Ron hat dafür gesorgt und verschränkt seine Arme als er wieder vor mir steht, dabei hebt er eine Hand zu seinem Kinn und hält es mit Verzücken fest: „Angie, Du siehst umwerfend aus, noch nie hat mich eine Frau so angesprochen wie Du – und…“ „Das waren nicht wenige!“, unterbreche ich und genieße das Spiel mit dem Feuer. Ich lege mein Cape nun so, dass beide Schultern frei liegen und der transparente Stoff fällt als glamouröser Schimmer über mein glänzendes Seidenkleid. „Ich bin nicht gebunden, falls es das ist, was du wissen willst?“, reagiert Ron und nimmt mich erneut in die Arme. „Ich weiß, auch ich habe meine Aufgaben gemacht“, schmunzle ich ihn an. Seine zärtlichen Hände lassen meinen Ausschnitt noch tiefer schwinden. Sein Kopf senkt sich und seine Lippen streifen in betörenden Bewegungen, geradezu furios über mein Dekolleté. Mein Becken bebt, er dreht mich und beginnt wieder mit dem Tatoo zu spielen, während mein Seidenkleid endgültig zu Boden fällt. Ich will mehr. Wende mich um. Doch da kommt mir Ron zuvor, er hält mich nun fest, verschränkt meine Hände hinter meinem Rücken und führt mich langsam an die Rücklehne eines der Sofas, erst jetzt darf ich mich umdrehen und erhalte ein wenig Freiheit zurück. Gekonnt knöpfe ich Rons Hemd auf und gebe mich seinen kräftigen Armen hin. Erregt verschlingen sich Küsse. Einmal innig und hastig und dann wieder sanft und sinnlich. Ron führt nun meine Hände zusammen, streckt sie hoch und plötzlich bin ich gefangen. Meine Arme sind behutsam aneinander gebunden und ragen empor. Arrangiert in diesen Fesseln halte ich mich daran fest, um mehr Sicherheit zu haben. Es ist Seide.
Lüstern wandert Ron mit seinen Lippen langsam von den meinen – tiefer. Mein Körper sanft besiegelt, unumstößlich und dennoch fest im Griff seiner Hände. Seine Lippen tänzeln über meinen Busen weiter, tiefer und tiefer. Dieser Raffinesse gehorche ich widerspruchslos. Ich atme tief, sehr tief. Ron ist geschickt und kniet mittlerweilen vor mir. Doch was ist das? Plötzlich umgibt mich Dunkelheit, ein warmer glatter Stoff hüllt mein Gesicht ein.
Wer ist da? Was geschieht?
Hinter mir geballte Männlichkeit, ich sehe nichts, umso intensiver meine Empfindungen. Heftig wird mein Nacken geküsst. Zigarrenrauch, in weiter Ferne, nimmt den Raum ein. Nun wendet sich diese Männlichkeit über meine Seite von vorne zu. Es ist sonderbare Leidenschaft. Leidenschaft die rebelliert. Ein emphatisches Prickeln. Ein inständiges Beben. Alles, einfach Entzückung. Ein Gipfel anderer Erfahrung.
Meine Arme werden befreit. Trunken im Gefühlswirrwarr werde ich in eine unbekannte Ferne getragen. Jetzt finde ich mich in weichen Daunen wieder. Spüre endlich Nähe, die Dunkelheit erhellt sich und ich blicke in Rons Augen. Er liegt mir seitlich gegenüber. Neugierig wende ich mich um und erkenne einen gut gebauten Mann, der den Raum verlässt. „Hat es dir gefallen?“, rekelt sich Ron in das weiße Seidenlaken eingehüllt und nimmt einen Zug von seiner Zigarre. Das hat es, denke ich und bin verwirrt. „Hat es denn dir gefallen?“, einmal eins, weißt du keine Antwort, stelle eine Gegenfrage. Ron schmunzelt und sieht mich an: „Du warst fantastisch, du hast einen tollen Körper. Es hat gigantisch ausgesehen.“ Flüstert Ron und beugt sich zu mir. „Männer visualisieren mehr und Frauen sind mehr die Kopferotiker, das wissen wir anscheinend beide, ja ich hab‘s genossen“, bringe ich die Situation auf den Punkt. „Deine Direktheit gefällt mir“, flüstert Ron.
In dieser Nacht denke ich an alles andere nur nicht an Schlaf. Tausend Dinge, tausend Fragen…Irgendwann schlafe ich in den Morgenstunden ein.
Nach einer warmen langen Dusche im Großraummarmorbad meiner persönlichen Suite, ziehe ich meine Lieblings-Jeans an, dazu werfe ich mir eine nette Bluse über und lass diesmal meine Haare offen. Ich bändige sie nicht und begebe mich hungrig zum Frühstück. Alleine für mich, das brauche ich jetzt. Gott sei Dank geht mein Rückflug erst zu Mittag, sodass ich noch ausgiebig frühstücken kann.
Im beinahe leeren Saal trinke ich überraschend guten Kaffee und beobachte dabei einen echt gutaussehenden, rassigen Mann. Er scheint etwas zu suchen. Er nähert sich und setzt sich