Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch. Ludwig Bechstein

Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch - Ludwig Bechstein


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eine Feste und Schirmhut. Er war gewaffnet mit

       zween Spießen und einer Armbrust, an seiner Seite

       hing ein Schwert einer Mannslänge lang, ein Zweihander;

       und neben ihm lag noch ein Bogen nebst

       einem Pfeilköcher.

       Wenn nun der kugelrunde Müller mit seinem Karren

       und seinen vier Ochsen an einen gewissen Berg

       kam, über welchen der Weg führte, so harreten seiner

       dort ein paar Neffen mit Weib und Kindern, die halfen

       den Wagen in die Höhe hinauf schieben, während

       vorn noch sechs Ochsen als Vorspann zogen, und so

       brachten sie ihn denn endlich hinauf mit Ach und

       Krach und Vergießung vieler Schweißtropfen. Ging

       es nun auf der andern Seite des Berges wieder abwärts,

       so mußte eingehemmt werden so viel als nur

       möglich, daß es nicht mit dem Kugelrunden kopfüber

       kopfunter ging. Wenn seine Sippschaft ihn nun endlich

       am Ziele hatte, so wurde er mit Leitern und Hebe-

       bäumen vom Wagen herabgeschrotet, wie ein großes

       volles Weinfaß, und dann scharten sie sich um ihn

       her, und zumeist hinter ihm wie die Philister hinter

       ihrem Goliath.

       Dabei war der runde Mehlsack von großer Stärke

       und Unerschrockenheit und es ging von ihm die Rede,

       daß er einst in einem Schimpfspiel, wo ein Kämpfer

       einen Apfel, der andre eine Birne an der Spitze seiner

       Klinge geführt, und sich ein großer Lärm erhob, dermaßen

       in den Haufen mitten hinein geschlagen, wie

       ein Hagelschauer in das Getreide, so daß er vielen

       Bauern viel Leids gebracht. Aber da war ihm ein

       Gegner entgegengetreten, stark und kräftig, der führte

       einen Hauptstreich nach dem Müller, daß seine

       Blechhaube gleich zu Boden fiel, und meinten alle,

       die das sahen, der Kopf wäre mit vom Rumpfe geflogen;

       der kugelrunde Kämpe hatte aber, wie sein Gegner

       ausholte, seinen Kopf aus der Haube schnell heraus

       und unter die hohe Halsberge gezogen, und jetzt

       tat er einen Streich nach dem Gegner, der ihm so tief

       in den Hals schnitt, wie die Sense des Mähers in das

       Gras. Da fürchteten sich alle vor dem gewaltigen

       Mann, dem die Taten, die man von Recken las, nur

       ein Spaß schienen.

       Nun war aber ein andrer Müller in der Nachbarschaft,

       der war ebenso stark und groß, ebenso kugelrund

       und trug auch so ein wohlausgefüttertes und ge-

       blechtes Wams, und keiner mochte den andern leiden,

       weil keiner dem andern nachstand. Und haßten und

       bekriegten einander schon zehn Jahre. Auf jedem

       Kirchweihtag, wo sie hinkamen, gerieten sie aneinander,

       und fochten gegeneinander mit Worten und Waffen;

       es konnte aber ihrer keiner dem andern etwas anhaben,

       und waren zwei gar sehr gefürchtete Kampfhelden.

       Der eine Müller hatte einen Sohn, der andre

       eine Tochter, welche beide einander so sehr liebten,

       als die Väter einander haßten, darüber wurde der

       Zwiespalt noch größer, bis endlich gute und einsichtsvolle

       Freunde sich ins Mittel schlugen und beiden

       Müllern rieten, gute Freunde zu werden und ihre Kinder

       miteinander zu verheiraten.

       Wie das Gerücht vom Bündnis der beiden Müller

       ins Land erscholl, und daß sie sogar ihre Kinder miteinander

       verheiraten wollten, da erhob sich große Unruhe

       und Besorgnis, denn jedermänniglich konnte sich

       nun an den Fingern abzählen, daß die beiden Kugelrunden

       sein würden wie zwei Mühlsteine, zwischen

       denen alles, was ihnen zu nahe käme, würde aufgerieben

       werden. Und wer jetzt dem einen Müller zu nahe

       trat, der hatte es gleich mit beiden zu tun, und konnte

       kein Fürst beide Wämser überwinden, denn die Müller

       glichen runden Burgen, waren auch nicht auszuhungern

       durch eine Belagerung, denn sie hatten auch

       in ihren Wämsern manche Metze gefaßt, von der sie

       zehren konnten lange Zeit. Da aber nun die beiden unüberwindlichen

       Helden also mannhaft waren, daß

       selbst der Kaiser große Mühe gehabt haben würde,

       sie zu überwältigen, so mußte man nur froh sein, daß

       sie ihre große Macht gegen die Feinde des Reiches

       kehrten, und begehrten gar keinen Sold und Lohn,

       sondern nur die Ehre fechten und streiten zu dürfen.

       Und war das nur ihre einzige Klage, daß so mancher

       Tag verging, an dem sie keines Gegners ansichtig

       wurden, weil ihr Ruf so weit und breit genannt war,

       daß sich alles vor ihnen fürchtete.

       Viele tapfre Taten vollführten die beiden kugelrunden

       Müller, seit sie miteinander verbunden waren,

       und wenn man diese Taten und die Abenteuer, welche

       durch sie bestanden wurden, niedergeschrieben hätte,

       so wäre das ein Buch geworden, zweimal so stark wie

       die Bibel und die Weltchronik. Auch taten sie mehr

       Wundertaten, als alle die Recken, von denen die alten

       Lieder und Geschichten sagen. Endlich schlugen sie

       ihre Wohnung in einer Wüste hinten an der Welt

       Ende auf, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben

       sie heute noch.

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