Amors Haltestellen - Liebe. Sieglinde Breitschwerdt
wär's mit einem Gläschen Sekt?“, schlug Steffen vor. „Schließlich haben wir uns heute vor siebenundzwanzig Jahren kennen gelernt!“
„Das... das weißt du noch?“, staunte sie.
Er griff nach ihrer Hand.
„Anke, du fehlst mir!“, murmelte er und wand sich wie ein Aal.
„Ich... ich habe einen großen Fehler gemacht! Einfach Mist gebaut!“
„Du hast mich betrogen!“, stellte Anke richtig und ihr Herz fing an zu klopfen.
„Ich brauche dich“, stieß er heiser hervor. „Erst als du nicht mehr da warst...“
„Ich gehe nicht mehr an den Herd zurück!“, unterbrach sie ihn mit fester Stimme. „Ich habe keine Lust mehr, nach deiner Pfeife zu tanzen, nur weil du viel Geld verdienst!“
Entschlossen reckte sie das Kinn in die Höhe und sprach weiter: „Die Arbeit mit Mira macht mir Spaß, fordert mich und ich bin unabhängig! Ich habe mich auch sehr verändert!“
„Ich auch!“
Anke lachte hell auf.
„Doch!“, behauptete er und stimmte in ihr Lachen ein. „Ich bin ein guter Hausmann geworden!“
Spöttisch mustere Anke ihren Mann. Steffen knöpfte sein Jackett auf, deutete stolz auf sein Hemd.
„Selbst gebügelt!“
Anke war nun wirklich buff.
Zärtlich legte Steffen die Hand unter ihr Kinn.
„Ich liebe dich! Du bist die Frau, mit der ich alt werden möchte! Ich wollte immer nur dich! Ich weiß heute nicht mehr, wie es soweit kommen konnte, dass ich mich plötzlich für eine andere interessierte.“
Sie war überwältigt.
„Gib mir noch eine Chance“, bat er leise und sah sie zärtlich an. „Ich werde dir helfen und dich unterstützen, wo immer ich kann! Komm zurück, Anke! Bitte!“
„Ich brauche Zeit“, murmelte sie. „In mir ist so viel kaputtgegangen!“
Betreten nickte er und streichelte über ihre Hand: „Aber ich bekomme noch eine Chance?“
Sie gab keine Antwort, doch das Leuchten in ihren Augen sprach Bände.
Liebe auf den zweiten Blick
Unbändige Wut stieg in Laura hoch, als sie tatenlos zusehen musste, wie auf der anderen Straßenseite ihr Auto auf einen Abschlepplaster verladen wurde.
Wie auf glühenden Kohlen stand sie vor der Ampel, die einfach nicht auf Grün umspringen wollte. Der dichte Feierabendverkehr machte es ihr unmöglich, einfach die Straße zu überqueren, um das Schlimmste zu verhindern.
Innerlich stöhnte sie auf! Ausgerechnet heute passierte ihr dieses Missgeschick, wo ihr Freund Alex von einer zweiwöchigen Geschäftsreise wieder zurückkam.
Natürlich hatte sie heute auch nicht pünktlich Feierabend machen können, denn sämtliche Computer hatten sich zu einem Absturz verabredet. Bevor sie dann schließlich im nächsten Supermarkt einkaufen konnte, musste sie mehrere Ehrenrunden auf der Suche nach einem Parkplatz drehen – und fand trotzdem keinen.Kurzerhand parkte Laura im absoluten Halteverbot und sandte ein Stoßgebet zum Himmel mit der Bitte, dass alle Polizisten und Politessen dieses Bezirks gerade eine Kaffeepause machten.
Kaum war sie im Supermarkt, verkündete eine freundliche, weibliche Stimme durch die Lautsprecheranlage, dass in zehn Minuten Ladenschluss sei.
Im Eiltempo raffte sie ihren Einkauf zusammen. Und jetzt, nach all dieser Hektik, auch das noch! Endlich sprang diese saudämliche Ampel auf Grün.
Laura hastete los, stolperte und stürzte unsanft auf den Zebrastreifen. Die Henkel der Einkaufstüte rissen. Eier und Milchtüte samt dem Becher Creme fraîche klatschten auf die Straße. Tomaten und Äpfel kullerten über die Fahrbahn.
Ein mörderischer Schmerz ließ schwarze Pünktchen vor ihren Augen tanzen. Ihr rechtes Knie und ihre Handflächen brannten höllisch.
„Darf ich Ihnen behilflich sein?“
Wie durch Watte vernahm sie eine Männerstimme. Sie spürte, wie sie von zwei muskulösen Armen behutsam hochgezogen wurde.
„Können Sie gehen?“, wurde sie gefragt.
Erst jetzt war sie fähig, in das besorgte Gesicht des freundlichen Helfers zu blicken. Stahlblaue Augen, eingebettet in Lachfältchen, sahen sie an. Sein lockiges, braunes Haar verlieh ihm etwas Jungenhaftes. Die gesunde Bräune seines Gesichts verriet, dass er sich viel im Freien aufhielt.
„Danke“, murmelte sie. „Es wird schon gehen!“
Kaum setzte sie einen Fuß vor den anderen, taumelte sie auf die Seite und knickte um. Kurz entschlossen hob er sie hoch und trug sie über den Zebrastreifen. Ihr Kopf ruhte an seiner Brust. Der aromatische Duft eines würzigen Aftershaves verbunden mit dem Geruch von Leder wirkte so beruhigend auf sie. Sanft stellte er sie auf den Boden. Dann bückte er sich und besah sich ihr blutendes Knie genauer.
„Das sieht ja schlimm aus!“, murmelte er. „Wissen Sie was, ich habe gerade Feierabend. Ich fahre Sie schnell zur Unfallambulanz!“
Laura hatte sich mittlerweile einigermaßen wieder gefasst. Störrisch schüttelte sie den Kopf.
„Ich... ich muss nach Hause!“, widersprach sie heftiger, als sie wollte.
Dieser hilfreiche Unbekannte verwirrte sie – mehr noch, er brachte ihr Herz zum Klopfen! Das durfte nicht sein! Schließlich hatte sie einen Freund! Alex! Gewiss wartete er schon ungeduldig auf sie.
Gezielt wich sie seinem Blick aus und stammelte: „Würden Sie mir bitte ein Taxi rufen?“
„Möchten Sie ein bestimmtes Taxi?“, fragte er. Bedauern lag in seiner Stimme.
Hilflos zuckte sie mit den Schultern.
Lächelnd strich er ihr eine widerspenstige Strähne aus der Stirn.
„Ich mache Ihnen einen Vorschlag! Ich fahre Sie nach Hause!“
Als er ihre Abwehr gewahrte, hob er beschwichtigend die
Hände und erklärte: „Ich versichere Ihnen, ich bin ein ganz harmloser und manchmal hilfsbereiter Mensch! Übrigens, ich heiße Rolf Schneider! Wie Sie unschwer an meiner Uniform erkennen können, bin ich Polizist!“
Irritiert sah sie zu ihm hoch. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er Uniform trug. Unbändige Wut kroch in ihr hoch! Ein Polizist also! Wahrscheinlich hatte sie es ihm zu verdanken, dass ihr Auto abgeschleppt wurde! Das bedeutete Scherereien ohne Ende und bestimmt eine dicke und saftige Geldstrafe dazu. Und Alex erst! Unpünktlichkeit wirkte auf ihn wie ein feuerrotes Tuch auf einen Stier.
„Ein Taxi ist mir lieber“, fauchte sie, ließ ihn abrupt stehen und hinkte weiter.
Rolf Schneider war über ihre heftige Reaktion überrascht und eilte der Humpelnden nach.
„Ich zeige Ihnen meinen Dienstausweis, wenn Sie mir nicht...“
„Lassen Sie mich bloß in Ruhe!“, unterbrach sie ihn unwirsch.
Sein verständnisloser Blick brachte Laura noch mehr in Rage und die Vorwürfe purzelten nur so aus ihrem schönen Mund: „Wahrscheinlich waren Sie das, der mein Auto hat abschleppen lassen!“
„Ihr... Ihr Auto?“, stammelte er verwirrt.
„Jawohl! Mein Auto!“, wetterte Laura böse und stocherte bei jedem Wort mit dem Zeigefinger auf seine Brust.
„Nun geben Sie‘ s schon zu, dass Sie meinen knallgelben, schnuckeligen Panda, der da drüben stand, auf Ihrem Gewissen haben, oder?“
Rolf Schneider schluckte, kratzte sich am Kinn und nickte