Revenge - Amys Rache. Melanie Weber-Tilse

Revenge - Amys Rache - Melanie Weber-Tilse


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älterer Mann kam auf sie zu und Amy war mittlerweile ein wenig genervt. Sie wollte trainieren und nicht Smalltalk halten. Dafür hatte sie keine Zeit. Oder generell einfach keine Lust.

      Aber da sie nicht auffallen wollte, hatte sie diese Halle im heruntergekommensten Viertel von White Beach ausgesucht und war überrascht worden.

      »Entschuldigen Sie bitte«, wandte sich der ältere Mann an Amy. »Jess vertritt hier im Moment, bis ich eine neue Angestellte gefunden habe. Ich bin Barney und die Halle steht Ihnen natürlich zur Verfügung, egal was Sie machen möchten. Wenn Sie Hilfe brauchen, bin ich natürlich sehr gerne bereit, Ihnen alles zu zeigen.«

      Er lächelte sie an und erwartete wohl, dass sie sich nun vorstellte. »Amy«, sagte sie daher. »Sagt Amy zu mir und gegen ein Du habe ich nichts einzuwenden und ich brauche keine Hilfestellung.«

      Barney nickte ihr nur zu. »Dann überlasse ich dich mal Jess und verschwinde wieder.«

      Jess hielt ihr ein Formular entgegen, welches Amy ausfüllte, dabei aber nicht nur einmal stark von der Wahrheit abwich.

      »Du musst da nicht alles angeben. Letztendlich ist das Formular nur eine Farce, es ist aber Vorschrift. Wir haben viele Kinder von der Straße oder auch Kleinkriminelle, die nicht ihren richtigen Namen oder die Herkunft angeben wollen und wenn, ist es meist gelogen. Seit Vicky aber mit den Kindern trainiert und die Sozialbehörde hin und wieder ein Auge hier draufhat, hat Barney hier einiges geändert.«

      So wie es aussah, redete Jess gerne. Amy würde aufpassen, was sie in ihrer Gegenwart erzählte, wobei sie generell nicht vorhatte, sich mit den Menschen hier zu unterhalten. Sie wollte trainieren, um fit zu bleiben, brauchte ab und an einen Sparringpartner und das war’s.

      Sie würde keine Freundschaften schließen, denn sobald sie ihre Aufgabe hier erfüllt hatte, ging es weiter zum nächsten Ort.

      Amy gab das Formular zurück, bezahlte bar für die heutige Benutzung und verschwand in den Umkleidekabinen.

      Auch hier war alles hell, freundlich und sauber. Das Bild passte zu einem renommierten Sportlable, aber nicht wirklich zu einer Sporthalle mitten im Armenviertel von White Beach.

      Sie zog sich ihre Trainingsklamotten an und betrat dann endlich die Halle. Man sah, dass es einmal eine alte Lagerhalle gewesen war, denn den Charme davon hatte sie nicht eingebüßt. Trotzdem war es sauber und die Geräte, die vorhanden waren, sahen allesamt intakt und ordentlich aus. In der Mitte der Halle war ein Boxring, in dem zwei Männer mit Handschuhen und Gesichtsmaske trainierten.

      Anfänger, dachte sie nur und ging zu der Laufbahn, die einmal komplett über die Längsseite der Halle verlief. Bahn um Bahn nahm sie in einem gleichmäßigen Tempo und wärmte ihre Muskeln auf.

      Nach Sit-ups, Liegestützen und Strechting, tapte sie sich die Hände zur Stabilisierung und wand sich dem nächsten Boxsack zu. Diesen bearbeitete sie mit gezielten Schlägen und Tritten und auch weiterhin blendete sie den Rest der Trainierenden aus.

      Nachdem sie sicher schon eine halbe Stunde das Schlagpolster bearbeitet hatte, merkte sie, wie sich ihr jemand von hinten näherte. Sicherlich hielt derjenige sie für komplett abwesend, aber Amy war immer mit ihren Sinnen voll da. Sie konnte, nein sie durfte sich keinen Fehler erlauben. Nicht bei dem, was sie tat.

      Dazu gehörte es immer auf der Hut zu sein, auch beim Training. Oder gerade dort, war es eine gute Übung war, sich auch weiter auf alles andere und nicht nur die Schlagabfolge, zu konzentrieren.

      Wenngleich der Geräuschpegel in der Halle hoch war, so hörte sie genau die Schritte des Mannes hinter sich. Obwohl hier auch Frauen trainierten, wusste sie genau, dass es ein Mann war. Das Gangbild, wie die Füße aufgesetzt wurden, wie er sie abrollte, wie weit er die Schritte auseinander setzte, passte einfache nur zu einem Mann.

      Sie hatte lange Zeit bei den Shaolin Mönchen gelebt, meditiert und auch deren Kampfkünste erlernt. Selten nahmen sie Frauen auf, aber als sie damals halb tot vor den Klostermauern angekommen war, hatte man sie ohne nachzufragen aufgenommen, gesund gepflegt und nachdem sie ihre Geschichte erfahren hatten, war sie in ihre Künste eingeweiht worden. Wobei der Anfang nur mit meditieren und stupiden – wie sie damals dachte – kleinen, sich immer wiederholenden Übungen, ausgefüllt war. Irgendwann hatte sie den Sinn dahinter verstanden, denn Kämpfen war nicht gleich Kämpfen.

      Auch wenn sie auf Rache aus war, so ging sie gezielt, mit viel Planung und Vorarbeit an ihre Aufgaben heran.

      Der Mann war in Reichweite und in einer schnellen und geschmeidigen Bewegung drehte sie sich herum, fasste ihn am Oberarm und der Schulter und ließ ihn dann über ihr ausgestrecktes Bein auf den Boden krachen. Eisblaue Augen schauten sie von unten an und bohrten sich in ihren Blick.

      Amy musste sich eingestehen, dass sie gerade ein heißes Exemplar von Mann auf die Matte befördert hatte und wären sie allein in der Halle, dann wäre sie auch nicht abgeneigt, sich direkt auf ihn zu setzen.

      Augenblicklich ließ sie ihn los und trat einen Schritt zurück.

      Mit Schwung sprang er wieder auf die Füße und nun schaute sie nicht mehr zu ihm herab, sondern musste tatsächlich den Kopf in den Nacken legen. Sie war mit ihren 1,60 schon immer relativ klein gewesen, aber der Mann hier, musste an die 1,90 groß sein.

      »Ich wollte dir nichts tun«, sprach er mit einer sehr tiefen Stimme und Amy musste sich eingestehen, dass es äußerst schade war, dass die Halle so gut besucht wurde.

      »Dann darfst du dich nicht von hinten anschleichen«, gab sie betont gelassen zurück. Egal wie es in ihrem Inneren aussah, sie war zu gut trainiert, um andere ihre Gefühle zu zeigen.

      Seine Augen blitzten auf und ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen. »Schade, denn von hinten kann durchaus sehr reizvoll sein.«

      Nun musste auch Amy grinsen. Der Mann schien wohl auch nicht abgeneigt, sich mit ihr auf die Matte zu begeben … aber ganz gewiss nicht zum Kämpfen.

      »Chris.« Er streckte seine Hand aus und als sie diese ergriff, musste sie feststellen, dass er einen angenehmen starken Händedruck hatte. Der Mann wusste sicher, wie man zufasste. Männer mit seichtem Waschlappendruck fand sie äußerst abstoßend.

      »Amy«, antwortete sie genauso kurz und zog dann die Hand zurück.

      »Du bist neu hier.« Eine simple Feststellung von Chris. Wahrscheinlich war er öfter hier und kannte die Trainierenden.

      Amy nickte nur.

      »Brauchst du einen Sparringpartner?« Mit dem Kopf wies er auf den Ring, der soeben freigeworden war.

      Sie war sich nicht sicher, ob das eine gute Idee war. So wie er aussah, war er gut. Nicht dass sie Angst gehabt hätte, aber bis sie nicht wusste, wen sie hier vor sich hatte, wollte sie nicht sofort zeigen, was sie drauf hatte. Aber wenn sie sich zügelte, dann war gegen eine kleine Runde nichts einzuwenden.

      »Gern.«

      Er ging vor und als er die Seile auseinanderzog, um sie durchzulassen, hätte sie fast aufgestöhnt. Warum mussten Männer immer meinen, dass jede Frau Hilfe benötigte? Aber mit einem leichten Nicken und einem Lächeln, welches nicht zeigte, wie angenervt sie von so einem Verhalten war, stieg sie in den Ring.

      »Regeln? Schutzkleidung?«

      Anscheinend war er nicht der große Redner und beschränkte sich auf das Wesentliche. Das wiederum gefiel ihr.

      »Nichts davon«, gab sie knapp zurück und diesmal nickte er ihr zu.

      Sobald er sich im Ring aufhielt, beobachtete sie jede seiner Bewegung, machte schnell aus, welches sein Standbein war, wie er die Arme und Schultern hielt und sie musterte. Kurz wirkte er irritiert, weil sie reglos in ihrer Ecke stand, vermeintlich die Arme entspannt an den Seiten herabhängend und so gar nicht auf den Kampf vorbereitet.

      Aus dem Augenwinkel und vom Hören her, bekam sie mit, wie sich von den Seiten und hinten neugierige Zuschauer näherten. Sie musste aufpassen, dass sie hier keine Show lieferte, bei denen allen der Mund aufstand, sondern musste sich so


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