Litauische Märchen, Sprichworte, Rätsel und Lieder. August Schleicher
sind die
Brüder des Herrn, einer der Tischler und der zweite
der Wagner.« ›Da wartet doch ein wenig, er wird
gleich nach Hause kommen.‹ »Wir haben keine Zeit
länger zu warten und müßen machen daß wir weiter
kommen.« Und damit giengen sie weg. Als sie weg
giengen, bemerkten sie, daß ein großes Mastschwein,
das früh geschlachtet worden war, im Wagenschupfen
hange. Als die Wirtin, die sie hinaus begleitet hatte,
wieder zurück gekehrt war, da kehrten sie auch wieder
um, nahmen das Mastschwein heimlich weg und
machten sich damit auf den Weg nach ihrem Wohnorte.
Der Herr, als er eine Weile bei den Pflügern zugebracht,
kam nach Hause, und seine Frau sagte ihm
›Deine beiden Brüder waren da und fragten nach dir.‹
Er sagte »Warum hast du sie denn nicht zum Bleiben
genötigt?« Sie: ›Ich habe sie genug genötigt, aber sie
blieben nicht da und sagten: Wir müßen machen, daß
wir weiter kommen.‹ Da merkte der Herr sofort, was
das für Brüder gewesen. Er gieng in den Schupfen,
um nach dem Schweine zu sehen, aber das war nicht
mehr da. Er gieng ins Zimmer zurück und fragte seine
Frau, ob sie etwa das Schwein in die Stube habe bringen
laßen. Sie erwiderte ›Ach, Gott erbarm! wo wäre
mir das ein gefallen!‹ Da wuste er nun, wo das
Schwein hin geraten; er setzte ihnen sofort nach und
ereilte sie im Walde gerade, als einer von den zweien
zurück geblieben war, um seine Notdurft zu verrichten,
und der andere trug indes das Schwein weiter. An
den gieng er heran und sagte ›Jetzt habe ich aus geruht,
laß mich tragen!‹ Im Walde war es aber sehr finster,
und so machte er sich davon und gieng mit seinem
Schweine heimwärts.
Nachher holte der, der zurück geblieben war, den
andern ein und sagte zu ihm ›Na Bruder, wo hast du
das Schwein? laß mich jetzt tragen!‹ Der erwiderte
»Du hast es mir ja eben erst abgenommen.« ›Aber,
bist du denn von Sinnen, ich habe dich ja eben erst
ein geholt!‹ »Gib acht, da hat uns der schlaue Bursche
das Schwein abgenommen.« Sie kehrten um und setzten
ihm nach, um es ihm wieder ab zu nehmen, und
erjagten ihn nicht weit vom Hofe. Jezt blieb ihnen
nichts anders übrig, als sich als Frauen zu verkleiden,
einer als Hauswirtin, der andre als Magd, und so
giengen sie ihm auf dem Hofe entgegen. Der welcher
als Hauswirtin angezogen war, kam herbei und sagte
›Nun, wie stehts, hast du den beiden das Schwein ab
genommen?‹ Er sagte »Im Walde holte ich sie ein und
nahm es ihnen ab.« ›Na da bist du wol sehr müde; gib
uns beiden das Schwein, wir werden es in die Stube
tragen, und du sieh nach ob alles gut verschloßen ist,
damit die Racker nicht etwa wieder kommen und uns
Schaden thun.‹ Da gab er den beiden das Schwein
und gieng überall nach zu sehen; die beiden aber
machten sich mit dem Schweine wieder fort auf den
Heimweg.
Als er in die Stube kam, fragte er seine Frau ›Wo
hast du das Mastschwein hin gethan?‹ Sie antwortete
»Na, hast dus mit gebracht? ich habe es ja noch gar
nicht gesehen.« ›Aber rede nur nicht albern: als ich
kam, nahmst du mirs ja im Hofe ab, und jetzt willst
dus nicht gesehen haben?‹ »I wo denn (erwiderte sie),
ich bin ja nicht zur Stube hinaus gekommen.« Da
merkte er, daß die Spitzbuben das gethan, und sogleich
setzte er ihnen nach, und im Walde holte er sie
ein, als sie sich ein Feuer angemacht hatten, um sich
einen Schinken, den sie sich ab geschnitten, zu braten.
Das Feuerchen aber begann zu verleschen und sie musten
Holz suchen gehen. Als sie beide nach Holz weg
gegangen, trat er an einen faulen Baumstumpf und begann
auf denselben mit einem Knüttel los zu schlagen,
er selbst aber schrie dabei ›Ich wills nicht wieder
thun, ich wills nicht wieder thun!‹ Da dachte der eine,
er schlägt jenen, und jener dachte, er schlägt den, und
beide liefen davon. Da kam der Wirt herbei, nahm
sein Mastschwein sammt dem gebratenen Schinken
und gieng damit nach Hause.
Als aber jene beiden auf dem rechten Wege sich
wieder zusammen gefunden, sagte der eine ›Na, dein
Rücken der wird blau sein‹, und der andre sagte »Und
deiner wird gar schwarz sein wie der Boden des Keßels;
wie du geschrien hast, das war wirklich schrecklich
an zu hören.« Nachdem sie sich eine Weile gestritten,
kam es zum Vorschein, daß weder der eine
noch der andere Prügel bekommen und daß jener
Schlaukopf sie abermals angeführt hatte. Aber beide
hofften doch, ihn zu überlisten und setzten ihm noch
ein Mal nach, konnten ihn aber nicht einholen. Als sie
zum Gehöfte kamen, war es schon zugemacht und
verschloßen, nur in der Stube, wo das Schwein lag,
brannte ein Spahn, und ein Fensterflügel war gerade
da offen, wo das Schwein und auf dem Schweine der
Schinken lag. Aber bei dem Fenster hart an der Wand
stund der Herr mit einem Säbel und wartete der
Dinge, die da kommen sollten. Er hatte noch nicht
lange da gestanden, da kam einer ans Fenster und
schaute hinein ›Das Mastschwein liegt auf dem Tische
und der Schinken oben drauf,‹ und er sagte zum
andern ›Bruder, schau, da liegt unser Schwein.‹ Jener
sagte »Na, da greif zu, zieh wenigstens den Schinken
heraus, mit dem Schweine gehts ohne dies nicht.« Der
will nun nach dem Schinken greifen; als er aber die
Hand weit genug hinein gestreckt, da hieb ihm jemand
mit einem Hiebe die Finger ab. ›Zum Teufel
(schrie er auf), der Schinken ist noch heiß!‹ »Geh, du