Die Fallschirmjäger der Fremdenlegion. Thomas GAST

Die Fallschirmjäger der Fremdenlegion - Thomas GAST


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und Sie, Andrieu, beziehen auf dem Dach des Grenzpostens der Nomaden hinter uns Position und geben von dort aus Deckungsfeuer.«

      »Ich werde hauptsächlich Leuchtspurmunition verschießen«, nickte der Leutnant. »Wäre gut, wenn mir die Züge ihre MGs hierlassen. Die stören eh nur beim Sturm, und wir können sie hier gut gebrauchen. Sobald die Sturmgruppen auf Höhe des Busses sind, muss ich das Feuer wohl aufheben oder nach rechts verlegen. Es wird sonst zu gefährlich.«

      »Seh ich genauso, mon lieutenant«, warf Sergent-chef Raoul ein. »Aber trotzdem. Den Sicherheitsabstand zu meinen Männern können Sie getrost auf ein Minimum beschränken.«

      Soubirou konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er fand die Rivalität unter seinen Unteroffiziers- und Offiziers-Zugführern amüsant. Zumindest erwies sie sich im Einsatz als recht förderlich, weil jeder versuchte, das Maximum aus der Situation und aus den Soldaten herauszuholen. Es war wie eine Art Wettkampf.

      »Grünes Licht, was die MGs betrifft«, sagte er. Und an Leutnant Andrieu gewandt: »Sagen Sie aber Ihren Legionären, sie sollen die einzelnen Feuerstöße so kurz wie möglich halten. Vier, fünf Schuss, keinen einzigen mehr. Bezüglich des Sicherheitsabstandes haben Ihre Männer sicher ein gutes Gespür.« Es war eine Warnung, die der Leutnant sehr wohl verstand. Doucet meldete sich zu Wort.

      »Um den Grenzposten zu säubern, werden wir DF-Splitterhandgranaten brauchen. Wer übernimmt?«

      Raoul antwortete sofort.

      »Ich! Meine Männer sind wohl am nächsten dran. Zwanzig Meter oder so, wenn ich richtig kalkuliere.«

      »Gut«, sagte Capitaine Soubirou. »Dann wäre das geklärt. Bis zum Bus sind’s genau zweihundertfünfzig Meter, eventuell etwas weniger. Das ist viel, aber näher kommen wir nicht ran, ohne zu riskieren, gesehen zu werden.«

      »Oui, mon Capitaine, das denke ich auch«, warf Doucet vorsichtig ein. »Aber was ist mit den Terroristen im Bus, mit den Kindern?«

      »Na endlich einer, der die Frage stellt. Die Männer der GIGN sollen die Terroristen ausschalten. Unser Job ist es, die Kinder dann aus der Gefahrenzone zu holen. Ich denke da an Lemoine und Larkin. Stellen Sie den beiden einen kleinen Sturmtrupp zur Verfügung. Und nun los!«

      Doucet und Andrieu sahen sich an. Von einer GIGN hatten sie noch nie gehört.

      »Na wenn das mal gut geht«, zischte Andrieu und robbte nach hinten, um seine Befehle zu geben.

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       Situation am Morgen des 04. Februar 1976.

      Bis zum frühen Morgen ergab sich für die Schützen der GIGN dreimal die Gelegenheit, das Feuer gleichzeitig zu eröffnen, doch die Beamten im Élysée hatten dem Einsatz noch nicht zugestimmt. Eine weitere Erschwernis war, dass Paris angeordnet hatte, dass die GIGN erst dann das Feuer eröffnen durfte, wenn sich nur ein einziger Terrorist im Bus befand. Das war absurd. Gegen Mittag, und auf Drängen Prouteaus, änderte Paris seine Meinung jedoch und drängte plötzlich auf ein schnelles Ende.

      »Golf India an alle. Wir legen los!«, tönte es blechern aus den Funkgeräten. Das Signal kam von Leutnant Prouteau. Die Paras Legion erstarrten in ihren Positionen. Die Waffen eng am Mann, machten sie sich fertig zum Sprung. Punkt 15 Uhr 45, nur zehn Sekunden nach dem Funkspruch, kam grünes Licht von allen Schützen. Über ein fein ausgeklügeltes Code-System gaben sie per Funk durch, dass sich ihr „Ziel“ im Fadenkreuz befand. Einer sah zwar nur den Kopf seines Opfers, doch das genügte ihm vollauf. Ein weiterer Schütze konnte die Sache gelassener angehen, denn Leutnant Prouteau hatte sein Ziel gedoppelt: Ein Terrorist, zwei Schützen!

      »Fahrt alle zur Hölle«, flüsterte Prouteau, zählte den Countdown und gab das vereinbarte Signal. Die sechs Schüsse fielen auf die Sekunde genau, klangen wie ein einziger. Vier Terroristen fielen im Bus, einer außerhalb davon zu Boden.

      »Vorwärts«, brüllte Capitaine Soubirou in sein Funkgerät. Wie ein Mann erhoben sich die Legionäre des Leutnants Doucet sowie der Sergent-chefs Raoul und Jorand und stürmten geduckt nach vorne, während die MGs der AML die Stellungen der Somalier mit brutalem Dauerfeuer belegten.

      Einer der GIGN Schützen schüttelte ungläubig den Kopf. Er hatte sein „Ziel“, das sich außerhalb des Busses befand, nur ins Bein getroffen. Sofort ließ sich der Terrorist zu Boden fallen und robbte unter den Bus in Deckung, nur um zwei Sekunden später auf der anderen Seite wieder zu erscheinen. Dort erhob er sich und rannte humpelnd, seine MP-44 schussbereit in den Händen, auf die Grenze und in Sicherheit zu. Während der ganzen Zeit behielt ihn der GIGN Schütze im Fadenkreuz. Er wartete ungeduldig auf seine zweite Chance. Und er betete, dass der Terrorist „den“ Fehler beging. Als hätte Gott sein Gebet erhört, hielt der Bandit eine halbe Sekunde in seinem wilden Lauf inne und drehte sich herum.

      „Insch Allah“, stieß der GIGN Schütze hervor, nahm Druckpunkt und zog langsam den Abzug durch. Die Kugel wirbelte den Terroristen herum. Er war schon tot, bevor er hart auf dem Wüstensand aufschlug. Die Männer der GIGN luden systematisch nach und nahmen jeden ins Visier, der von Somalia aus auf die Legionäre schoss, die völlig ungedeckt auf die Grenze zuhuschten. Unweit vom somalischen Grenzposten warfen sich die Legionäre in Stellung. Von dem Moment an gingen sie vor, wie ihre Zugführer es ihnen eingebläut hatten. Unentwegt schossen sie auf das dichte Laubwerk des Palmenhains, hinter dem der Feind kaum sichtbar agierte. Hundert Meter rechts von ihnen: gleiches Spiel. Dort waren Raouls Männer am Werke. Ihre Handgranaten krepierten im Sekundentakt im Grenzposten, und das so lange, bis das Feindfeuer schwieg und die plötzlich eintretende Stille Freund und Feind gleichermaßen verblüffte.

      Zwei der Terroristen waren noch am Leben, als die Legionäre, Larkin allen voraus, den Bus stürmten. Einer davon, schwer verletzt, hatte noch Zeit, seine Waffe zu heben und sie auf die Geiseln zu richten, bevor Larkin ihm mit seiner MP Mat-49 den Gnadenstoß versetzte. Sergent-chef Jorand, der den Bus mittlerweile von hinten betreten hatte, fand sich dem letzten überlebenden Terroristen gegenüber. Die Kugel eines Scharfschützen der GIGN hatte ihm das halbe Kinn weggerissen, doch er war bei vollem Bewusstsein und hellwach. Als ihre Blicke sich kreuzten, wurde beiden in derselben Sekunde klar, dass nur einer überleben durfte. Alle zwei rissen ihre Waffe im selben Augenblick hoch, der Legionär aber zog als Erster am Abzug. Seit dem Countdown der GIGN waren drei Minuten und fünfzehn Sekunden vergangen. Es war vorbei! Die Aktion war umso bemerkenswerter, als GIGN, Legionäre verschiedener Waffengattungen sowie die Gendarmerie eng zusammengearbeitet hatten. Die Bilanz jedoch war tragisch. Ein Mädchen, Nadine, starb noch vor Ort. Ein zweites Kind, Valérie, wurde schwer verletzt. Sie erlag ihren Verletzungen kurz darauf im Pariser Militärhospital Val-de-Grâce. Fünf andere Kinder sowie der Fahrer und die Sozialarbeiterin stiegen leicht verletzt aus dem Bus. Eines der Kinder verschleppte man nach Somalia. Es wurde später freigelassen. In den Reihen der Legionäre gab es einen Verwundeten. Noch im Feuer der somalischen Grenzsoldaten liegend, musste Leutnant Doucet vom Legionskrankenpfleger, dem Hauptgefreiten Grimberger, im Wüstenstaub verarztet werden. Man sprach zu Recht nicht von einem Erfolg, dafür war der Tod der beiden Mädchen zu tragisch. Für diejenigen, die an der Aktion teilgenommen hatten, war es eine Tragödie. Als solche ging Loyada auch in die Geschichte ein. Leutnant Christian Prouteau und seine erst zwei Jahre zuvor gegründete GIGN wurden jedoch mit einem Schlag berühmt.

      Tacaud-4 - 1978

      Im Herzen der südlichen Sahara, 800 Kilometer von der Hauptstadt N’Djamena entfernt und zu Füßen des wilden Bembeche Berglandes liegt Faya-Largeau, eine idyllische Oasenstadt. Der höchstens dreizehn Jahre alte Peul, hinter dem sich Staub aufwirbelnd eine Herde M’Bororo-Rinder auf die Stadt zubewegte, blieb urplötzlich stehen. Er blinzelte der untergehenden Sonne entgegen und kniff die Augen dabei mehrmals zusammen. Was er sah, stimmte ihn missmutig. Überall waren Soldaten zu sehen. Sie trugen die Uniform der zweiten Armee; alte, ausgediente Kampfhosen und lange, verbleichte, bis auf die Knie fallende braune Röcke. Ihre Gesichter waren vom nicht wegzudenkenden Chéche halb verdeckt. In ihren Händen hielten sie nagelneue Kalaschnikows, um die Schultern schlangen


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