Luca - Zwischen Nichts und Allem. Billy Remie

Luca - Zwischen Nichts und Allem - Billy Remie


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ließ er sich seufzend wieder auf den Rücken fallen, und ich gab ihm die Zigarette, an der er kräftig zog, als bräuchte er dringend einen tiefen Zug.

      »Was erhoffst du dir davon?« Er klang launig.

      »Keine Ahnung.« Erhoffen? Wie meinte er das denn?

      Aber ich wollte mir nicht die Blöße geben, dass er mich getroffen hatte.

      Erhoffte ich mir etwas von älteren Männern? Ganz klar: ein erfülltes Sexleben, weil mich die Vorstellung, mit einem wesentlich älteren Mann zu schlafen, absolut aufgeilte. Darüber hinaus … soweit hatte und brauchte ich nicht zu denken. Sex war das einzige, was ich wollte. Mica hatte das noch nie verstehen können, weshalb es unsinnig war, es ihm erklären zu wollen.

      »Ich steh halt drauf, mir vorzustellen, mit ihnen zu vögeln«, erklärte ich ihm mit einem Schulterzucken. Und wenn schon, was soll`s? »Das ist nicht nur wie eine nette Fantasie, Mica. Das ist ein genauso intensives Verlangen wie mein Schwulsein selbst es ist! Ich kanns halt nicht ändern, dass ich es will. Ich bin so. Fühlt sich an, als wollte ich es immer schon.«

      »Hm.« Er schien verärgert, als er mir die Zigarette zurückreichte.

      Ich wollte ihn aber nicht verärgern. »Machen wir es noch mal?«, fragte ich schließlich, um ihn abzulenken, und drehte ihm das Gesicht zu.

      Er starrte an die Decke und hob die Achseln an, als wäre er sich plötzlich zu fein, mit mir zu reden.

      Da ich ohnehin nicht reden wollte, war es mir egal, und sein Achselzucken war kein Nein. Ich warf die Zigarette in die halbleere Wasserflasche und kletterte über ihn. Er wehrte sich nicht, als ich damit begann, den Schweiß aus seinen Achseln zu lecken – dann über seine Nippel tiefer wanderte, und erst recht nicht, als ich ihn wie ein Katzenbaby zum Schnurren brachte, indem ich ihm den Schwanz blies.

      1.3

      Mica ging sehr früh am nächsten Morgen. Er hatte die ganze Nacht geweint, und ich hatte ihn im Arm gehalten und ihn auf meine stille Weise zu trösten versucht. Ich wollte ihm gar nicht wehtun, wirklich nicht. Aber ich konnte ihm doch keine falschen Hoffnungen machen!

      Irgendwie musste ihn mein Geständnis vor Augen geführt haben, dass er keine Chance hatte, sich noch einmal in mein Leben zu schleichen. Er konnte sich ja wirklich auf viele Weisen verbiegen, aber er konnte eben einfach nicht ändern, dass er erst siebzehn war. Es war trotzdem nicht seine Schuld, erinnerte ich ihn, und ich sagte, dass ich ihn trotzdem in meinem Leben wollte. Doch er hatte darauf nichts zu sagen gehabt und war noch vor dem Frühstück mit Tränen der Enttäuschung, die in seinen schönen, großen Augen gebrannt hatten, davongerauscht.

      Ob und wann ich ihn wieder sehen würde wusste ich nicht, und seltsamerweise machte es mir das Herz schwer. Nach einem halben Jahr inniger Beziehung war es nicht leicht, mir vorzustellen, dass er jetzt nicht mehr zu mir gehörte. Wenn ich ehrlich war, wollte ich beides. Ihn und die Freiheit, mir ältere Männer zu suchen. Vielleicht hatte ich mir mit meinem Geständnis erhofft, er würde es mir vorschlagen. »Mach doch! Schlaf, mit wem du willst, aber schlaf auch mit mir.« Das hätte er sagen sollen, und ich wäre voll dafür gewesen.

      Aber das konnte ich nicht von ihm erwarten, und jetzt brauchte er erst einmal Zeit, um über mich hinwegzukommen. Genauso wie ich Zeit brauchte, auch über ihn hinwegzukommen. Denn auch wenn ich ein Arschloch war, habe ich ihn doch trotzdem geliebt. Und unter einer Trennung leidet jeder, auch der, der Schluss gemacht hatte. Selbst wenn wir es nicht immer offen zeigen und erst recht nicht immer zugeben wollten.

      Mica war noch nicht lange fort, als ich in der Küche stand und mir eine Tasse Kaffee gönnte, da klingelte es bereits wieder an der Tür. Weil ich annahm, Mica wäre vielleicht doch wieder zurückgekommen, er könnte ja auch etwas vergessen haben oder Geld für den Bus brauchen, ging ich diesmal hin, um zu öffnen. Ich drückte den Knopf, damit er ins Treppenhaus konnte, und öffnete die Tür halbnackt in Shorts, mit einer von Christophers Kippen im Mundwinkel und meinem Kaffee in der Hand.

      Ich liebe übrigens Kaffee. Nicht diesen ganzen süßen Scheiß wie Schokoladen-Cappuccinos oder Vanille-Latte-Macchiatos, sondern den stinknormalen Kaffee, schwarz. Es gibt nichts Geileres als den Geruch frisch gebrühten Kaffees, egal zu welcher Tageszeit, aber am liebsten werde ich davon geweckt. Nicht, dass es je dazu kam, aber ich stellte es mir sehr schön vor.

       Aufwachen, Luca, dein Kaffee wartet schon.

      Herrlich!

      Es war nicht Mica, der die Treppe nach oben kam.

      Als ich ihn erkannte, stockte mir der Atem. Ich fluchte sofort. Meine Kippe landete in meiner Tasse und ich wedelte panisch mit der Hand durch die Luft, um den Qualm zu vertreiben. Scheiße, ich wollte nicht, dass mein Atem nach Nikotin roch, denn Mundgeruch war so ziemlich das Abstoßendste, das ich mir vorstellen konnte. Außerdem kam ich mir gerade äußerst nackt vor, man stand ja nicht alle Tage nur in Shorts vor seinem Geschichtslehrer.

      Ob er noch riechen konnte, dass ich letzte Nacht Sex hatte?

       Weißt du, dass ich dabei an dich dachte?

      Mr. Olsson kam die Treppe hoch und nickte mir zu, wie er es immer bei Schülern tat, die ihm über den Weg liefen, als würde er gleich einfach nur an mir vorüber gehen.

      Doch er blieb stehen. Natürlich blieb er stehen, er hatte ja geklingelt, ich Dummkopf.

      »Guten Morgen, Luca.« Ein kühler, höfflicher Gruß.

      Ich starrte ihn an, als stünde er im Adamskostüm vor mir. »Ähm … G-Guten Mo-Morgen …?«

      Verdammt, warum stotterte ich nur so?

      Er blieb ganz cool, schmunzelte nicht einmal. Viel mehr schien er in Eile und nicht sonderlich froh darüber, hier zu sein.

      Was wollte er?

      Bevor ich meine Sprache wieder fand, um ihn danach zu fragen, streckte er die Hand aus und hielt mir etwas entgegen: Mein Handy.

      »Du hast es liegen lassen«, erklärte er schlicht.

      »Ja«, stimmte ich zu und nahm es an mich. Dabei achtete ich darauf, dass meine Finger seine Hand berührten. Mir wurden die Knie weich wie Pudding, als ich flüchtig seine Haut fühlte. Sie war so warm.

      Wusste er, dass ich es mit Absicht tat?

      Ich sah ihm direkt ins Gesicht, doch darin war nichts zu erkennen, außer einem unnahbaren Blick.

      Und dann, ganz kurz, wanderten seine Augen über meinen Körper. Es war ein normaler Blick, als würde er nur registrieren, was ich trug. Und das war so gut wie nichts. Aber trotzdem wurde mir ziemlich warm in der Lendengegend, denn nichtsdestotrotz wusste er nun, wie mein Körper unter den Klamotten aussah.

      Ob es ihm gefiel? Ob ich ihn so heiß machte, wie er mich? Wohl eher nicht.

      »Wollen Sie einen Kaffee?«, platzte es unversehens aus mir heraus.

      Fuck, was machte ich da nur? Ich wollte mir sofort gegen die Stirn schlagen. Ebenso gut hätte ich ihn gleich fragen können, ob er mich flachlegen wollte. Wie blöd war ich eigentlich? Welcher Schüler bat den Lehrer freiwillig herein und bot ihm Kaffee an? Wobei, vielleicht konnte ich es als reine Höflichkeit abtun. Ich würde einfach behaupten, es wäre eine Floskel gewesen, wie wenn man jemanden einen guten Tag wünscht, nur um kein Arschloch zu sein.

      Er ließ sich nichts anmerken, atmete tief ein und aus und wollte dann einfach, meine Einladung ignorierend, wieder gehen. »Also dann. Komm pünktlich am Montag.«

      Für dich doch immer, ich komme, wann du es mir befiehlst. »Natürlich, Mr. Olsson.« Noch bevor ich mich besinnen konnte, waren die Worte viel zu anzüglich über meine Lippen gekommen.

      Und plötzlich wurde ich schüchtern. Als er auf der Treppe stehen blieb und sich noch einmal umdrehte, huschte ich schnell in meine Wohnung – meinen sicheren Kaninchenbau – und warf die


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