Love@work - Der Rivale. Dani Merati
Markus realisierte, dass er nie wieder einen normalen Blick auf Heinrich Merker werfen könnte. Besser noch, den Mann überhaupt nie wieder ansehen. Punkt! Verdammt, wenn er geahnt hätte, welche Abgründe sich bei seinen Spionagetätigkeiten ergaben, wäre er lieber geflüchtet - selbst auf die Gefahr hin, seiner Nemesis in die Arme zu laufen.
„So. Ihr macht also ständig miteinander rum?“, fragte der Unbekannte, der offensichtlich scharf auf die Details zu sein schien.
„Oh ja!“
Hoffentlich erstickte dieser Bastard an seinen dreisten Lügen!
„Wo denn überall?“
Markus vergrub seinen Kopf in den Händen. Wie es aussah, würde er hier nicht vor Feierabend wegkommen. Die Klatschrunde neben ihm brauchte wohl noch eine Weile.
‚Kein Wunder, dass die Frauen dabei sind, die Weltherrschaft zu übernehmen‘, dachte er spöttisch.
Während die Neandertaler seiner Gattung hier Pornos diskutierten, arbeitete die weibliche Belegschaft in der oberen Etage nämlich fleißig.
„Nun, was soll ich sagen, Bernd. Wir treiben es überall und so oft es geht - und es geht sehr oft. Schon mal vom Gay-Kamasutra gehört? Well, Markus könnte das gesamte Buch neu schreiben.“
„Kumpel, das ist der Hammer!“
Bernd stand anscheinend kurz vorm Herzinfarkt, wenn Markus das hohe Pfeifen, welches seine Worte begleitete, als Indikator nahm. Von den anderen beiden kam nur noch unverständliches Grunzen. Unglaublich!
„Wie steht es mit blasen? Da ist er doch bestimmt besser als die Weiber oder?“ „Nun ja, ich kann bei den Ladys ja nicht aus Erfahrung sprechen, aber so ein geiler Kerl und mein Schwanz zwischen diesen perfekten Lippen - das ist ein wirklich göttliches Ereignis!“
„Und habt ihr zwei so eine Regel, dass ihr Privates nicht mit dem Job vermischt?“, mischte sich Heinrich wieder ein.
Markus hielt die Luft an, als er auf Donahues Erwiderung wartete. Der zögerte keinen Herzschlag mit der Antwort, als ob er tatsächlich sein Lügenmärchen für bare Münze nahm. Verdammt, mit solch einer Oscar reifen Leistung engagierte man ihn in Hollywood bestimmt vom Fleck weg. Mann, er würde ihn sogar eigenhändig zum Flughafen bringen und ihm zum Abschied zuwinken. Goodbye, Nemesis!
„Yeah. Markus hält das für besser.“ „Dachte ich mir. Bender erscheint mir ja immer ein bisschen zugeknöpft. Aber stille Wasser sind tief, was Kumpel?“
Und dass ausgerechnet von Heinrich Merker, der das Wort ‚bieder‘, erfunden zu haben schien, wenn man ihn in seinen altmodischen Klamotten herumlaufen sah.
„Nun, ihr kennt doch diese Sorte“, kam die Aussage seiner Nemesis, als ob dass alles erklären würde.
Sorte? Was für eine verdammte Sorte? Markus war in seiner Familie berüchtigt für seinen Hitzkopf, aber die heiße Welle, die ihn jetzt überrollte und allerlei gewalttätige Visionen mit sich brachte, überraschte ihn selbst. Das Bedürfnis aufzuspringen, den Herren hinter dem Wandschirm einen gewissen Körperteil abzuschneiden und in den Rachen zu stopfen, hielt ihn einen Moment gefangen. Doch auch die Vorstellung solch einer extremen Gewaltorgie beruhigte sein kochendes Blut.
Überschäumendes Gelächter drang zu ihm. Markus knirschte mit den Zähnen. Seine Nemesis und dessen Anhänger amüsierten sich ja königlich und er musste wirklich an sich halten, nicht den Schirm aufzuschlitzen und dann dasselbe mit diesen Idioten anzustellen. Die Anstrengung, es nicht zu tun, schüttelte ihn regelrecht. Weißglühende Flammen versengten seine Eingeweide, erhitzten seine Haut, die sich gerade bis zur Unkenntlichkeit rot färbte.
Er war selber kein Kind von Traurigkeit, aber bei seinen Eroberungen hielt er es nach dem Motto: ‚Ein Gentleman genießt und schweigt‘.
Die Unverfrorenheit von Donahue jedoch schlug jedem Fass den Boden aus. Markus hatte ihn ja schon immer für einen aufgeblasenen Wichtigtuer gehalten, doch solch eine Perfidität hätte er ihm nicht zugetraut.
Vielleicht war es, besser die ganze Sache zu vergessen, einfach zu verschwinden und so zu tun, als hätte er es nie gehört. Seine Kollegen waren sogar bestimmt der Ansicht, dass er sich geschmeichelt fühlen sollte, vom großen Meister persönlich wahrgenommen zu werden. Aber zum Teufel noch mal, er wollte sich nicht beruhigen. Er fühlte sich irgendwie in seiner Würde verletzt, besonders da er wusste, dass Donahue ihn für einen Loser hielt.
„Hey Leute, wie wäre es mit einem Smoothie unten im Spa, ehe wir wieder in der Denkfabrik unsere Gehirnzellen strapazieren?“
Das kam von seiner Nemesis, und obwohl keine offizielle Antwort zu vernehmen war - seine werten Kollegen schafften offenbar den Sprung vom Neandertalerstatus in den Normalmodus nicht, wenn man von den Grunzlauten ausging -, hörte er erleichtert sich entfernende Schritte.
Erst nachdem absolute Stille in der Denkerlounge eingekehrt war, erhob Markus sich aus dem Sessel und umrundete den Wandschirm. Wie von einem Laser ferngesteuert näherte er sich der Sitzgruppe, in der gerade sein Ruf in der Luft zerrissen worden war.
Er musste etwas unternehmen!
Es ging ja gar nicht, dass er dieses Verhalten seines Rivalen tolerierte. Bisher hatten sie ihr Sparring immer auf beruflicher Ebene ausgetragen, aber nun hatte Grayson Donahue die goldene Regel verletzt. Zeit, die Samthandschuhe auszuziehen und die harten Bandagen hervorzuholen!
Was Markus am meisten wurmte, war die Tatsache, dass seine Nemesis - obwohl überhaupt nicht sein Typ - leider öfters in gewissen Fantasien eine durchaus entscheidende Rolle spielte. Und zwar die Aktive, die er eigentlich selbst bevorzugte! Verdammt!
War der Kerl jetzt auch noch ein Medium? Konnte er Gedanken lesen? Hatte er irgendwie Zugang zu seinen geheimsten Wünschen, die er in den Untiefen seines Gehirns vergraben hatte? Oder klebte an seiner Stirn für alle sichtbar ein Schild, mit dem er der Welt schamlos verkündete, wie gerne er sich mal von seinem Rivalen ficken lassen würde - obwohl der das arroganteste Arschloch der Nation war, ach was, des ganzen Erdballs!
Aber damit war jetzt Schluss! Diese Fantasien gingen nun in die Sendepause - und wenn er sie mit einem Skalpell aus seinen Gehirnwindungen kratzen musste! Was nun das Gerücht anging ...
Markus wollte nichts lieber, als dem Kerl die Fresse zu polieren. Ihn zur Rede stellen, ein für alle Mal zu klären, wie die Dinge standen - doch er vermutete, dass er so nur das genaue Gegenteil erreichte. Gesetzt den Fall, er forderte Donahue heraus, würde er nur verzweifelt herüberkommen - und kindisch.
Zum anderen kam dabei noch die Gefahr hinzu, dass seine Nemesis checkte, wie geil er tatsächlich auf ihn war. Gott bewahre!
Außerdem sähe er sich dann genötigt, zuzugeben, dass er gelauscht hatte. Das bedeutete im Umkehrschluss auch, dass Grayson unweigerlich herausfand, dass seine Kreativität gerade erhebliche Mangelerscheinungen aufwies. Nein! Es musste einen cleveren Weg geben. Und wie durch ein Wunder kam ein Vögelchen angeflogen und zwitscherte ihm eine Idee ins Ohr ...
Ein Zitat, welches er mal vor langer Zeit in einem Promimagazin gelesen hatte, kam ihm in den Sinn.
‚Werde nicht wütend. Ziehe gleich.‘
Das war die Lösung. Genau das sollte er tun. Verschiedene Optionen stolperten jetzt in seinem Verstand umher und im Augenblick war er noch zornig genug, jede auszuführen. So gemein und rachsüchtig wie möglich. Alles zu tun, um Donahue klarzumachen, dass er so nicht mit anderen umspringen konnte - mit ihm nicht so umspringen konnte.
Oh ja, Markus würde es ihm zeigen. Er würde seinen Stolz in den Staub treten, sein aufgeblasenes Ego zerplatzen lassen, ihn kastrieren - natürlich nur sinnbildlich gesprochen.
Ein hässliches Gerücht, geschickt gestreut, um dem Großkotz vor Augen zu führen, wie weit er tatsächlich davon entfernt war, jemals mit seinem Schwanz auch nur in die Nähe seines Arsches zu kommen. So unmöglich wie eine Reise zum Mittelpunkt der Erde.
Und Markus selbst? Seine lächerliche