Die Tore der Atlanter. 4.Folge. Hermann Büsken
einiger Entfernung dem Treiben zuschaute. Sie hatte eine helle Toga an, darüber eine blaue Palla. Das war ein Frauenmantel aus rechteckigem Stoff. Er wurde über die linke Schulter drapiert, um den Rücken und unter dem rechten Arm hindurchgeführt, und der Rest über den linken Arm getragen. Sie schauten sich an. Die Frau mit dem Stock versuchte, um Kristian herum, wieder ihren Sklaven zu schlagen. »Frau, wenn deinen Sklaven für unfähig hälst, warum verkaufst du ihn nicht?«
»Darüber habe ich schon nachgedacht.« Listig schaute sie ihn an und wägte ab, inwieweit sie mit Kristian ein Geschäft machen konnte. Diesem juckte es in den Fingern. Kristian wusste, dass er nicht alle ungerecht behandelte Sklaven freikaufen konnte. »Was soll er kosten?«
»Du willst ihn kaufen?«
»Das kommt auf den Preis an.«
»Für dreihundert gehört er dir.« »Frau, für so einen ungeschickten Sklaven gebe ich dir keine dreihundert Denare. Du weißt nicht zufällig, wer es sich leisten kann, Duftwasser aus Ägypten zu kaufen? Es ist einer Königin würdig, aber warum sage ich dir das, du siehst nicht so aus, als würdest du dir das leisten können.«
Um sie hatten sich die Menschen gesammelt. Er gab Jeanette ein Zeichen. »Nimm die Gesichter auf,« sagte er lautlos zu ihr. »Dann wollen wir mal weitergehen«, sagte er und tat so, als wäre für ihn die Sache erledigt.
»Halt«, schrie die Frau, »kannst du mich den Duft einmal riechen lassen?«
»Wenn du es unbedingt willst, ich sagte schon, der Duft wurde für eine Königin gemacht.« Er holte das Fläschchen aus der Tasche, gab einen Tropfen auf seinen Handrücken und verrieb ihn. Dann hielt er der Frau die Hand entgegen. Sie roch daran. Verzückt sog sie den Duft ein. Reihum ließ Kristian die Neugierigen riechen. »Ich will es haben«, rief sie.
»Du kannst meinen Sklaven für zweihundert haben.«
»Ich gebe dir einhundert und das Duftwasser. Dazu duftende Seife, mit der du dich waschen kannst. Sie kommt ebenfalls aus Ägypten. Hier, du kannst sie ausprobieren.« Er hielt ihr ein kleines Stück Hotelseife hin. »Wenn wir uns einig sind, bekommst du ein größeres Stück.« Sie kämpfte mit sich. »Ich bin morgen um die gleiche Zeit wieder hier, falls du kommst, bringe die Besitzurkunde des Sklaven mit.« Er bahnte sich einen Weg durch die Menge«. Die Frau mit dem blauen Mantel stand noch an der gleichen Stelle.
»Ihr seid nicht von hier«, sprach sie ihn an.
»Das ist nicht schwer zu erraten«, erwiderte er.
»Würdet ihr mir die Ehre erweisen, meine Gäste zu sein?« Jessika kam an seine Seite und sagte, »wir würden uns freuen.«
»Dann folgt mir.« Der Frau folgte eine Sklavin, die einen Einkaufskorb trug. Sie waren ein paar Minuten unterwegs, vorbei an einfachen Häusern. Dann plötzlich änderte sich das Bild. Die Häuser waren aus Stein, hatten einen Garten. Das Haus, auf das sie zugingen, war einstöckig, der Eingang wurde von zwei Säulen flankiert, darüber ein Spitzdach. »Tretet ein.« Jeanette folgte als Letzte, die Kamera im Anschlag. Die Frau führte sie in ein Zimmer, dessen eine Wand mit einer Landschaft bemalt war. Ein langer Tisch mit Stühlen davor. An den Wänden hingen Bilder, darunter Schränkchen, auf denen Vasen und Schüsseln mit Obst standen. Ein glatter Fußboden, der rötlich gestrichen war.
»Setzt euch.« Jeanette sah Jessika bittend an. Diese verstand und übernahm die Kamera. Jeanette setzte sich an Kristians Seite. Eine Sklavin brachte Gläser und Wein. Sie tranken einen Schluck. »Du willst den Sklaven der Frau?«
»Eigentlich nicht, ich hatte nur Mitleid.«
»Bist du sicher, dass das Duftwasser den Wert eines Sklaven aufwiegt?«
»Ich glaube nicht, ich wollte nur sehen, wie weit die Frau zu gehen bereit war.«
»Sie ist bekannt dafür, dass sie ihre Sklaven schlecht behandelt. Ich habe mich noch nicht vorgestellt. Mein Name ist Fabia. Mein Mann Vibius ist Händler und kommt in ein paar Tagen zurück.«
»Das trifft sich gut, ich bin auch ein Händler. Womit handelt dein Mann«? fragte er.
»Wir handeln mit Gebrauchsgegenständen, Vasen, Schüsseln, Glaswaren und Schmuck.«
»Und was bietest du an?«
»Duftwasser«, sagte er grinsend, »Sachen die eine Frau schöner machen. Kennst du die Händlerin Riga?«
»Ja, ich habe gesehen, dass sie fremdartige Waren verkauft.« »Riga ist meine Geschäftspartnerin.«
»Mein Mann hat sich für ihre Waren interessiert, aber sie waren schnell ausverkauft.«
»Morgen bringt sie neue Ware mit.« Er holte das Parfümfläschchen aus der Tasche.
»Darf ich dir das schenken?«
»Du machst wertvolle Geschenke.« Fabia nahm es aus seiner Hand entgegen, öffnete das Fläschchen und roch daran.
»Von einer Königin«? fragte sie lächelnd.
»Es verkauft sich so besser. Das hier ist Seife, wir waschen uns damit.« Sie roch daran. »Warum schenkst du mir das?« »Vielleicht weil ich mit deinem Mann Geschäfte machen möchte?«
»Kommst du morgen, um dir den Sklaven zu holen?«
»Wenn die Frau dem königlichen Duft nicht widerstehen kann, ja.«
»Sagst du mir deinen Namen und den deiner Frauen?«
»Ich heiße Kristian, das hier ist Jeanette, die Freundin meiner Frau Jessika.« Jessikas Augenbraue fuhren nach oben.
»Ihr seht anders aus.«
»Ähnlich haben wir auch gedacht, als wir in euer Land kamen. Dürfen wir dich morgen wieder besuchen und dir einen kleinen Teil unseres Warenangebots zeigen?«
»Ich würde mich freuen.«
»Dann bis morgen.« Auf dem Rückweg sahen sie, dass es den Häusern nach hier eine Menge reicher Leute geben musste. Er kaufte noch zwei schöne Glasschüsseln und gab sie Riga, damit diese sie heil zu Cornelia bringen sollte. Dann erzählte er ihr von der Frau mit dem Sklaven.
»Könntest du Hilfe gebrauchen?«
»Du willst, dass er hier arbeitet?«
»Nur wenn du willst?« »Ich könnte schon Hilfe gebrauchen, und sei es nur zu meinem Schutz.«
»Weißt du denn, wo er schlafen könnte«? fragte er. Sie druckste herum.
»Was ist, sag schon, was du denkst.« »An Cornelias Grenze gibt es ein brachliegendes Stück Land. Sogar ein Haus steht darauf. Cornelia meint, ich könnte es pachten und später vielleicht kaufen.«
»Das hört sich gut an, wir reiten jetzt zurück. Morgen um diese Zeit kommen wir wieder.« Der Accu war leer. Lena würde sich darum kümmern, ob jemand Interesse an ihren Film hatte. Gemächlich ritten sie zurück und sprangen dann.
Abends, Jeanette war schon gegangen, zeigten sie Großvater und Maria den Film.
»Junge geht das, dass ich Riga mal kennenlerne?« Dass da noch keiner daran gedacht hatte. Großvater hatte das Mittelalter kennengelernt, nicht aber die Römer, bis auf einen kurzen Blick auf das Kastell.
»Großvater, kannst du warten, bis Riga ihr neues Haus bezogen hat?«
»Junge, denke daran, ich habe nicht mehr viel Zeit.« »Großvater, fühlst du dich krank?«
»Wieso?«
»Weil du ans Sterben denkst.«
»Man kann die Zeit nicht anhalten.« Großvater war um die achtzig Jahre alt.
»Großvater, die neunzig schaffst du noch. Jessika, was hältst du davon, wenn wir Urlaub machen?«
»Wieso Urlaub?«
»Urlaub heißt Sachen packen und verreisen.«
Wo willst du denn hin?«
»Ich