Die Pueblo-Kulturen. Werner-Wolf Turski
Krankheit, Bedrohung usw. soll vermieden werden. Von der Stelle, wo der Mensch ihn erleidet oder er ihm droht, weicht er, geht er fort. Je größer der Schmerz oder das Schmerzpotenzial, desto schneller und weiter bewegt er sich von dieser Stelle – so er kann, bis das Angstpotenzial wieder auf ein für ihn gewohntes und/oder erträgliches Maß zurückgegangen ist. An Stellen mit niedrigem oder zulässig niedrigem Angstpotenzial verweilt er, aber im Bewusstsein, dass dieses Potenzial sich immer in seiner Intensität ändert (es agiert!) und der Mensch darauf reagieren wird und zum Teil auch muss (bei Strafe seines Untergangs).
Die Befriedigung, ja schon die Aussicht (= Hoffnung) auf Befriedigung seiner Bedürfnisse ist dem Menschen eine Lust, eine Freude. Wo er einen Ort für die Befriedigung seiner Bedürfnisse vermutet oder weiß, dort zieht er hin. Je größer das echte oder vermeintliche Potenzial für die Befriedigung seiner Bedürfnisse ist, desto schneller – es könnte ihn vielleicht jemand zuvorkommen oder andere Kräfte könnten dieses Potenzial mindern oder eliminieren – bewegt er sich auch über schwierige Wege zu diesem Ort. Je größer das vermutete Befriedigungspotenzial ist, desto größeren und länger währenden Angstpotenzialen stellt er sich, die ihn bei seinem Zug zum Ort zur Befriedigung seiner Bedürfnisse entgegentreten.
Der nomadische Mensch der Urgesellschaft hat, trotz mancherlei ENTwicklung und FORTschritt, auf seinem Weg bis zum heutigen Menschen viele seiner Trieb- und Bewegungskräfte und –motivationen erhalten und weitergegeben. Die Kräfte und Motivationen haben sich durch den Zustand der sogenannten Sesshaftwerdung nur in ihrer Wichtung verändert. Die Sesshaftwerdung ist im Leben eines Menschen nur eine äußere Erscheinungsform. Seinen Nomadencharakter, seine physische und geistig-mentale Beweglichkeit, muss er sich bewahren. VERändern darf und muss er sich, aber wenn er sich von diesem Zustand FORTschreitend ENTwickelt, nähert er sich dem Ende seines individuellen und gesellschaftlichen Lebens.
1.3. Die Arbeitsteilung Wann und warum wird welche Arbeit aufgeteilt?
Was ist Arbeit? Als Arbeit bezeichnet man alle aneignenden, produzierenden und verteilenden Aktivitäten des Menschen, die primär dem physischen und geistigen Selbsterhalt des Individuums und seiner Gemeinschaft/Gruppe/Spezies dienen. Arbeit ist der Erwerb von physischer und/oder mental-geistiger Energie für den individuellen und gemeinschaftlichen/gesellschaftlichen Lebenserhalt.
In der ursprünglichen Gemeinschaft macht jeder für seinen physischen und geistigen Erhalt alles. (Nahrungsbeschaffung, Trinken, Klimaschutz, Kommunikation, Informationssammlung). Das Großziehen des Kindes ist im Milchalter keine Versorgungsarbeit zum individuellen Erhalt, sondern nur ein die Mobilität/Aktivität der Betreuenden einschränkender, instinktiv gesteuerter Vorgang. Alle Gruppenmitglieder beteiligen sich an Erwerb von fester, flüssiger und informeller Nahrung/Energie. Auch eine aufgenommene Information entspricht einem lebenserhaltenden Energiequantum.
Jede Person sammelt, was sie kann, was ihr schmeckt und was sie in der benötigten Menge (soweit und solange vorhanden!) erreicht. Eine geschicktere und aufmerksamere Person als eine andere kann von anderen nicht erreichbare Früchte vom Baum schütteln oder durch Beobachtung Informationen sammeln, alle können von dieser Leistung im Rahmen ihres Magens und ihrer mentalen/intellektuellen Kapazität profitieren – einschließlich der geschickteren Person, der aber außer der eventuellen Anerkennung von der Gruppe kein besonderer Vorteil aus dieser Situation zufließt. Auch sie kann sich wie jede andere nur sattessen oder Informationen speichern und „verdauen“. Jede(r) jagt, was sie (er) kann. Bei Kleinwild reicht eine Beute meist nur für den Verzehrbedarf des oder der Jagenden. Eine sinnvolle Möglichkeit zum Teilen mit anderen Gruppenmitgliedern besteht praktisch nicht. Bei Informationen, der nicht physisch gebundenen Energie, liegt die Sache anders. Dort ist Kommunizieren gleich Teilen. Beim Erlegen größerer Beutestücke oder Ausbeuten größerer Pflanzenressourcen sind alle Gruppenmitglieder entsprechend ihren Fähigkeiten im Einsatz und sind auch an seinem Verzehr/Verbrauch anteilig beteiligt.
Die Verzehrreihenfolge entspricht den geschlechtlich/sexuell bedingten Rangfolgen innerhalb der Gruppe. Die sexuell dominanten „a“-Personen sind als erste an der Beutenutzung/dem Verzehr beteiligt und haben damit bei einem begrenzten Fleisch-/Nahrungsstoffangebot eher Chancen auf eine vollständige Sättigung. Dieser „Vorteil“, der zeitlich nur auf die „a“-Zeit begrenzt ist, ist naturbedingt und dient der Gewährleistung des biologischen Reproduktionsprozesses der Gruppe und Spezies. Deshalb sind in einer akuten Nahrungsmangelsituation auch stets die Jüngeren und die Älteren bis zur Todesfolge betroffen, da sie nicht mehr oder noch nicht zum Reproduktionskern der Gemeinschaft gehören. (Dies ist ein natürlicher Mechanismus und hat absolut nichts mit „lebensunwert“ nach „sozialdarwinistischen“ Maßstäben zu tun.) Dem äußeren zivilisationsgeprägten Anschein nach nimmt ein rücksichtsloser Stärkerer einem Schwächeren die knappe Nahrung weg, im Kern aber ist es ein natürlicher Mechanismus zur Erhaltung der Art. (Naturmechanismen und Sozialdarwinismus sind zwei völlig unterschiedliche Verhaltensformen. Der eine dient - wie schon erwähnt - der Arterhaltung, der andere versucht damit in einer hierarchischen Machtstruktur seine individuellen und/oder gesellschaftlichen Raubgelüste zu kaschieren.)
Im Verteidigungsfall gegen tierische oder menschliche Feinde wird das der sexuellen Auslese dienende Kraft- und Imponiergehabe der oder nur einiger männlicher Menschen angesprochen. Der sich als der Kräftigste erweist, hat die Möglichkeit zur Vermehrung/sexuellen Befriedigung. Wer sich im Konkurrenzkampf der physischen und/oder mentalen Kräfte nicht durchsetzen kann, wird von den Weibern seiner Gruppe nicht zur Vermehrung zugelassen und muss selbsterhaltend den derzeitigen Ausschluss vom Vermehrungsmechanismus anerkennen und/oder den Platz räumen. Dieser Mechanismus der Sexualhierarchie unter den Männern (Platzdominanz) wird im Verteidigungsfall der Gruppe angesprochen. Bei den Weibern reagiert der Mutterinstinkt zur Verteidigung der Kinder. Der Dominanztrieb der Männer und der Mutterinstinkt der Weiber haben unterschiedliche Initiale, werden aber gemeinsam in Aktion gebracht, die nur ein Ziel hat, den Erhalt des Status Quo der Gruppe. Es gibt damit kein geschlechtlich begründetes Verteidigungsprimat für Männer, wie dies aus patriarchaler Sicht immer wieder gern hervorgehoben wird. Die Männer haben aber eventuell den Vorteil des höheren Kräfteeinsatzes und der höheren Mobilität/Aktivität, da diese nicht durch eine physische und/oder mentale Kinderbindung eingeschränkt sind wie die Weiber mit Kindern.
Dominanztrieb und Mutterinstinkt stehen in einem mehr oder minder starken Konflikt zur selbsterhaltenden Flucht und werden beide sowohl im individuellen als auch im gesellschaftlichen Bereich praktiziert. Der derzeit schwächere Mann bewahrt seine Chancen für die nächste eventuell für ihn aussichtsreichere Gelegenheit des Kräftemessens und die Mutter bewahrt sich für die nächste Zeugung und überlässt ihr derzeitiges Kind dem Stärkeren. Wenn sie dem Stärkeren weiter Widerstand leisten würde, stürben sie und ihr Kind.
Ab welchem Zeitpunkt gibt es eine Arbeitsteilung? Was ist eine Arbeitsteilung? Als Arbeitsteilung wird die Trennung und Verselbständigung verschiedener Arbeiten der Produktionsprozesse zur Herstellung materieller Güter bezeichnet. Sie führt zur Herausbildung bestimmter sozialer, technischer und ökonomischer Strukturen der Gesellschaft. Diese Definition aus dem patriarchalen Produktionsprozess ist trotz ihrer Richtigkeit aber nicht ausreichend. Die Arbeitsteilung ist die Ausführung einer begrenzten/spezialisierten Tätigkeit, die spezielle Geschicklichkeit und Übung erfordert, die nur an einzelne Personen oder einzelne Personengruppen/Gemeinschaften gebunden ist. Arbeitsteilung beinhaltet eine spezialisierte Aneignungs-, Produktions- und/oder Verteilungsaktivität und betrifft den physischen und den energetischen Lebensbereich. Die Aufteilung eines Arbeitsquantums ist noch nicht identisch mit der Arbeitsteilung, kann aber bereits bestimmte individuelle Geschicklichkeiten berücksichtigen, ohne dass hier schon eine klassische Arbeitsteilung vorliegt.
Die Arbeitsteilung beginnt als so genannte natürliche Arbeitsteilung. Sie ist laut gängiger Auffassung die ursprünglichste Form nach Geschlecht und Alter und beginnt bereits frühzeitig in der Urgesellschaft. Die Differenzierungskriterien „Geschlecht“ und „Alter“ erscheinen aber in ihrer herausgehobenen Stellung als sehr zweifelhaft. Sie