Kannst Du lieben?. Alice Zumbé
luden uns ein uns auf die Steinbänke zu legen und begannen mit ihrem Ritual. Meine Sirene nahm den Handschuh und fing an meinen Körper abzuschrubben. Ich schloss die Augen, ergab mich dem Erlebnis und genoss jede Berührung meines Körpers. Von den Fußspitzen bis zum Scheitel wurde ich abgerieben und nach der fertigen Vorderseite drehte ich mich um, so dass dieses Ritual von neuem beginnen konnte. Ich war völlig im Moment aufgelöst und fühlte wie mein Körper und meine Seele eins wurden. Die absolute Zufriedenheit machte sich breit und ich fühlte pures Glück. Als sie ihre Tätigkeit beendet hatte, erhob ich mich und wurde wieder mit Wasser gereinigt, nicht ahnend, dass diese Reise noch nicht zu Ende war. Sie bat mich zum zweiten Mal sich auf die Steinbank zu legen. Dann nahm sie einen Baumwollsack, füllte in mit flüssiger Seife und schwenkte ihn in großen Bewegungen hin und her, so dass er mit Luft gefüllt wurde und eine unglaubliche Menge Schaum entstand. Diesen verteilte sie dann auf meinen Körper und reinigte diesen sanft von unten bis oben. Ich war im Paradies angekommen und ich glaubte, dass es nicht besser werden könnte. Wie sehr sollte ich mich doch irren.
Nach einer erneuten Reinigung mit Wasser nahmen wir ein kurzes Fußbad und gingen von dort in den Ruheraum, in dem uns heißer, schwarzer Tee gereicht wurde. Dort warteten wir dann auf den letzten Programmpunkt. Die 25-minütige Ganzkörper-Entspannungsölmassage mit anschließender 5-minütiger Kopfmassage.
Die Masseurin forderte mich auf ihr zu folgen und ich legte mich in einem kleinen Raum auf die Massageliege. Sie legte eine CD mit sanften Klängen ein und begann mit der Massage. Ich kann kaum mit Worten beschreiben, wie ich mich in diesem Augenblick fühlte. Nach sehr langer Zeit fehlender körperlicher Nähe hatten Menschen in dieser intensiven Form meinen Körper berührt. Ihm Gutes getan. Es war für mich eine unvergleichliche Wohltat, die nicht besser in meiner Vorstellung hätte sein können. Ich bekam an diesem Tag ein Geschenk, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Ich wurde berührt und das nicht nur körperlich, weil dieser Dienst dieser Frauen auch die Seele berührt.
Nachdem die Massage beendet war, erhob ich mich und streifte meinen Bademantel über. Ich sah die Masseurin an, um mich zu bedanken und sie antwortete mir: „Schauen Sie in den Spiegel. Sie müssen sehen, wie glücklich Sie aussehen.“ So schaute ich hinein und sah die Liebe. Die Liebe zu mir selbst. Als wir den Hamam verließen, zeigte die Sonne ihr strahlendes Gesicht. Es war der perfekte Moment.
4. Kapitel: So richtig verliebt sein...
„Die Liebe geschieht in Freiheit, ohne jede Erwartung an den anderen, auch ohne Erwartung etwas für die eigene Liebe zu bekommen, nämlich Gegenliebe. Die Liebe ist kein Geschäft. Die Liebe ist ein Ausdruck des Lebensglücks. Lieben heißt geben, heißt fühlen, sich entfalten, sensitiv im Augenblick...“ (Peter Lauster, „Die Liebe – Psychologie eines Phänomens“)
Einen Tag später schwang noch ganz viel von dem Hamam-Erlebnis mit und das wollte ich teilen. Dieses Gefühl von Glück. So erzählte ich bei einer spontanen Begegnung mit einem Bekannten in meinem Stamm-Café von dieser Geschichte und bekam ein Gespür dafür, was es bedeutete „Glück zu teilen“. Es äußerte sich in der Freude meines Gegenübers meinen Worten zu lauschen. Er war mein Spiegel, denn wenn wir uns tatsächlich vor einen Spiegel stellen und uns ein Lächeln schenken, dann lächelt unser Spiegelbild zurück. Genauso passierte es bei ihm.
Immer dann, wenn ich in den folgenden Monaten diese Offenheit und die Liebe zu mir selbst zeigte – und es sollte noch jede Menge Momente davon geben – erlebte ich wunderbare Augenblicke mit Freunden, bekannten und unbekannten Menschen mit tollen Geschichten voller Nähe und Liebe. Die Herausforderung für mich war zu lernen, dass es diese Momente sind, die das Leben bereichern, diese aber auch zu Ende gingen und ich loslassen musste. Ich lernte darauf zu vertrauen, dass neue Momente kommen würden, ohne zu wissen wann und mit welchen Geschichten sie mich beschenken würden. Ich freute mich auf das Unbekannte und würde noch oft die Gelegenheit bekommen mich daran zu üben geduldig zu sein und loszulassen.
An diesem Montag verabredete ich mich mit Nina am frühen Abend wieder in dem Café. Sie ließ mich am Nachmittag wissen, dass sie für die nächsten Tage Besuch von einem Freund erwartete, der noch heute anreisen wollte und sie ihn deshalb direkt mitbringt. Ich freute mich auf sie und auf den Unbekannten.
Es war ein schöner, warmer Frühsommertag mit viel Sonne und so wartete ich bereits auf der Terrasse des Cafés, als ich Nina und ihre Begleitung schon von weitem erblickte. Es traf mich wie ein Blitz. Ich erinnere mich noch genau, dass ich Nina einige Meter vor unserem Zusammentreffen anschaute, dann mein Blick zu ihm wanderte und ich völlig verwirrt in der Sekunde der Begrüßung nicht wusste, wen ich zuerst umarmen oder die Hand reichen sollte. Da Nina vorweg trat, wurde meine Verwirrung erst einmal außer Kraft gesetzt. Dann reichte ich ihm meine Hand mit einem strahlenden Lächeln und einem „Hallo“. Er verabschiedete sich zugleich wieder mit den Worten, dass er erst einmal die Toilette aufsuchen müsste und entschwand im Café. Kaum hatte Nina Platz genommen, bestürmte ich sie mit Fragen. „Wer ist denn das?“, „Woher kennt Ihr Euch?“, „Erzähle mir bitte schnell etwas über ihn.“. Es war nur wenig Zeit, die zur Beantwortung meiner Fragen blieb und nach seiner Rückkehr zwang ich mich wieder im Hier und Jetzt zu verweilen und mich dem Fluss des Lebens hinzugeben. Ich erinnere mich nicht mehr genau über was wir uns unterhielten, doch eines war gewiss: es hatte mich erwischt, ich war verliebt.
Den Abend verbrachten wir zu dritt kurz im Café und später ausgiebig bei Nina zu Hause, mit viel Lachen, Freude und Spaß. Bis in die Nachtstunden saßen wir zusammen, tranken Wein, aßen, redeten. Unweigerlich kam dann doch der Moment der Müdigkeit bei uns allen, der mich veranlasste mich aus dem Geschehen zu verabschieden. Zu Hause angekommen schrieb ich Nina sofort Nachrichten, da ich neugierig war, ob er schon in meiner kurzen Abwesenheit etwas über mich gesagt hatte und ich schrieb ihr, dass es mich erwischt hatte. Und soviel sei gesagt: er war genauso neugierig und löcherte Nina mit jeder Menge Fragen über mich.
Geplant hatte er seinen Besuch für insgesamt vier Tage. So lagen volle zwei Tage bis zu seiner Abreise noch vor uns und da ich in dieser Zeit alle Verpflichtungen verschieben konnte, wusste ich genau mit wem ich sie verbringen wollte. Am Dienstag trafen wir uns alle dann am späten Nachmittag wieder im Café. Nina hatte noch einen gemeinsamen Freund dorthin eingeladen und so gesellte sich dann auch Robbie dazu. Mein Herz schlug gefühlt doppelt so schnell, als ich Nina´s Besuch wieder sah und es meldete sich bei mir das Bedürfnis ihm Nahe sein zu wollen. In einem Moment mit Nina alleine, erzählte sie mir dann, dass er ihr gesagt hatte, dass er sehr gerne mit mir ein Date hätte, aber nicht wusste, wie er es anfangen sollte. Mein Herz sprang vor Freude auf und ab und ich teilte ihr mit, dass ich ihn dann einfach fragen würde. Das Wissen um seinen Wunsch machte mich mutig und offen und so trat ich vor ihn und fragte ihn, ob er Lust habe den Abend mit mir alleine zu verbringen. Er strahlte mich an, bejahte meine Frage und ich schenkte ihm ein ebenso strahlendes Lachen zurück mit den Worten: „Gut, dann haben wir jetzt ein Date.“
Zunächst machten wir uns allerdings alle zusammen auf den Weg zu Nina nach Hause, da sie noch für uns kochen wollte. Es war eine fröhliche Runde, die noch von Olav erweitert wurde, einen weiteren Freund. So aßen, tranken und redeten wir und ich erinnere mich an die Augenblicke, wenn sich seine und meine Augen trafen, in denen sich die Freude auf den Verlauf des weiteren Abends widerspiegelte.
Gegen 20:30 Uhr verabschiedeten sich Robbie, er und ich aus der Runde und wir gingen zu dritt noch ein Stück gemeinsam bis zu Robbie´s Auto, wo die nächste Verabschiedungsrunde eingeläutet wurde. Nun waren wir zu zweit allein.
Ich schlug vor, dass wir eine Cocktailbar ganz in der Nähe aufsuchen könnten und er nahm diese Idee gerne an. So begaben wir uns dorthin und nahmen an einem Tisch drinnen Platz, ließen uns völlig frei und offen auf die weiteren Geschehnisse ein. Wir genossen den Moment ohne Gedanken daran, wohin uns dies alles führte. Wir redeten viel und ich muss an dieser Stelle gestehen, dass mein Anteil daran weitaus größer ausfiel.
Irgendwann, es waren wohl schon zwei Stunden vergangen und der ein oder andere Cocktail in unsere Kehlen runter geflossen, beugte er sich zu mir nach vorne und unsere Münder trafen sich zum ersten Kuss. Ich war selig, fühlte mich berauscht und völlig losgelöst. Es folgten