Gut leben mit Arthrose. Dr. Alexander Rümelin
Funktionen sie erfüllen und wie sehr unsere Lebensqualität von gesunden Gelenken abhängt.
Die Gelenke müssen harte Stöße und abrupte Bewegungen abdämpfen. Schon das Joggen z. B. bedeutet eine Belastung der Gelenke, die das 2-3fache des Körpergewichts beträgt. Zum Gelenk gehört auch der Gelenkknorpel, ein Gewebe, das die Enden der Gelenkknochenoberfläche überzieht. Der gesunde Knorpel garantiert eine reibungslose Bewegung, verteilt die Belastung auf die Gelenkflächen und schützt die unter ihm liegenden Gelenkknochen vor Abrieb und Stoßbelastungen.
Auf den Knorpel kommt es an
In der Umgangssprache wird die Arthrose auch „Gelenkverschleiß“ genannt und drückt damit die Entstehungsgeschichte der Erkrankung aus. Die Arthrose basiert auf einem degenerativen Prozess, es kommt zu einer fortschreitenden Schädigung des Gelenkknorpels und später auch des Knochens. Der Gelenkknorpel ist der Schlüssel für die Gesundheit der Gelenke – ohne ihn läuft nichts. Der Knorpel ist ein ganz besonderes Gewebe.
Anders als andere Gewebeformen in unserem Körper wird der Knorpel nicht durchblutet. Dies hat eine entscheidende Bedeutung für das Verständnis der Arthrose. Im Gegensatz zu anderen Geweben wie der Haut oder Muskeln wird der Knorpel nicht über das Blutsystem ernährt und kann bei einer Verletzung nur bedingt heilen. Ist der Knorpel einmal zerstört, kann er (noch) nicht wieder ersetzt werden.
Der Knorpel erhält seine lebenswichtigen Nährstoffe aus der Gelenkschmiere (Synoviale Flüssigkeit). Diese wird von der Innenhaut der Gelenkkapsel abgesondert. Sie füllt den Gelenkspalt zwischen den Knochen aus und sorgt für die notwendige Schmierung des Gelenks. Der Hauptbestandteil der Synovialen Flüssigkeit ist Hyaluronsäure. Um die Nährstoffe auf dem Knorpel zu verteilen, ist es notwendig, dass das Gelenk bewegt wird.
Der Wechsel von Belastung und Entlastung garantiert eine ausreichende Nährstoffversorgung der Knorpelzellen (Chondrozyten). Verbrauchte Stoffe und Schadstoffe werden bei Belastung aus dem Knorpel herausgepresst und neue Nährstoffe mit der Gelenkschmiere in der Entlastungsphase im Gelenkspalt verteilt.
Ein gesundes Hüftgelenk
Die Knorpelzellen bilden eine gelartige Matrix, den eigentlichen Knorpel. Deren Hauptbestandteile sind Kollagenfasern und Proteoglykane. Die Kollagenfasern bilden das stabile Rahmengerüst, das dem Knorpel Stabilität und Struktur verleiht. Dieses wird von Proteoglykanen umgeben, die die Kollagenfasern zusammenhalten und durch ihre Fähigkeit, Wasser aufzunehmen, für die Elastizität und Stoßdämpfung sorgen. Außerdem enthält die Matrix Glykosaminoglykane, zu denen ebenfalls die Hyaluronsäure, aber auch Chondroitinsulfat gehören. Sie tragen dazu bei, die Proteoglykane an der Matrix festzuhalten und bilden ein Gerüst, an das sich die Proteogykane heften können. Weitere Bestandteile sind Proteine und Lipide.
Dies hört sich sehr kompliziert an, Sie müssen sich die einzelnen Begriffe auch nicht merken. Sie werden aber sehen, dass die Kenntnisse über den Aufbau und die Versorgung des Knorpels wichtige Konsequenzen für die Therapie hat. So gibt es mittlerweile medikamentöse Therapien, die versuchen, die natürlichen Knorpelbestandteile zu ersetzen.
Verschleiß ab dem 35. Lebensjahr
Ältere Menschen sind von der Krankheit häufiger betroffen, aber auch Kinder und jüngere Menschen können eine Arthrose bekommen. Verletzungen, Freizeitsport sowie Fehl- und Überbelastungen führen dazu, dass immer mehr jüngere Menschen unter Arthrose leiden. Schon ab dem 35. Lebensjahr wird es kritisch, bei jedem Zweiten sind dann bereits Verschleißerscheinungen der Gelenke festzustellen. Mit zunehmendem Alter nimmt die Elastizität des Gelenkknorpels ab und ab dem siebten Lebensjahrzehnt hat praktisch jeder Mensch Einbußen am Knorpel erlitten. Aber das sind normale Rückbildungen und keine krankhaften Verschleißerscheinungen. Die wenigsten sichtbaren Gelenkveränderungen führen auch zu Beschwerden.
Eine gute Gelenkpflege kann massive Schädigungen vermeiden. Die Erkrankung wird verhindert oder zumindest aufgehalten. Leider wird der überwiegende Teil der Patienten nicht so behandelt, wie es wünschenswert wäre. Nur etwa zwei Millionen der Arthrosekranken sind wegen ihrer Erkrankung in ärztlicher Behandlung. Je früher und konsequenter die Therapie beginnt, desto besser kann man den Verlauf der Krankheit aufhalten, das gilt für junge wie für ältere Patienten.
Die Arthrose kommt schleichend
Eine Arthrose entsteht nicht von heute auf morgen. Das ist tückisch, denn zu Beginn merkt man meist gar nichts von der Erkrankung, sondern erst, wenn die Arthrose weiter fortgeschritten ist. Nicht selten finden sich daher bei einigen Patienten arthrotische Gelenkveränderungen per Zufall im Röntgenbild, ohne dass der Betroffene Schmerzen verspürt.
Das Frühstadium
Zunächst verliert der Gelenkknorpel seine Elastizität. Einzelne Knorpelzellen sterben ab und das Knorpelgewebe wird immer dünner, raut auf und reißt ein. In diesem Stadium spricht man noch nicht von einer Arthrose, sondern von einem Knorpelschaden. Dieser ist anfänglich meist noch so klein, dass er oft nicht bemerkt wird. Er löst aber bereits schwerwiegende Veränderungen aus. Durch diese Schädigung wird nämlich die Belastungsverteilung auf den Gelenkflächen verändert. Die gesunden Knorpelanteile müssen die Last der geschädigten mit tragen, die Belastung auf den gesunden Knorpelflächen steigt an. Auf bestimmte Gelenkanteile treffen dadurch sehr hohe Belastungsspitzen. Schon bei Alltagsbelastungen müssen die tragenden Gelenkanteile dann
„Höchstleistung“ vollbringen. Durch diese zunehmende Belastung wird nach und nach der darunter liegende Knochen angegriffen, der nun nicht mehr durch den Knorpel geschützt ist. Der Knochen versucht den fehlenden Knorpelschutz auszugleichen, er verdichtet und verhärtet sich. Dies sieht man nun auch auf dem Röntgenbild und wird in der Fachsprache „subchondrale Sklerosierung“ genannt. Erst jetzt spricht man von einer Arthrose.
Merke: Eine Arthrose liegt nur dann vor, wenn Knorpel und Knochen geschädigt sind. Ist nur der Knorpel angegriffen, spricht man von einem Knorpelschaden.
Durch die rau gewordene Knorpeloberfläche ist der reibungslose Bewegungsablauf der Gelenkpartner nicht mehr möglich. Kleine Knorpelteilchen können sich ablösen, die in der Gelenkflüssigkeit schwimmen und im Gelenk wie „Sand im Getriebe“ wirken. Dies kann zum einen
schmerzhaft sein, reizt aber auch die Gelenkinnenhaut, die mit einer Entzündungsreaktion antwortet. Die Folge ist ein immer schnelleres Fortschreiten der Erkrankung, wenn man diesen Teufelskreis nicht möglichst frühzeitig durchbricht. Je früher also eine Arthrose behandelt wird, desto eher kann man tief greifende Schädigungen vermeiden.
Mittleres Stadium
Wegen des fehlenden Schutzes durch den Gelenkknorpel erhöht sich die Belastung auf den Knochen. Der Körper versucht, den erhöhten Druck auszugleichen, indem er die Gelenkfläche vergrößert. Am Rand der Gelenkflächen kommt es zu knöchernen Auswachsungen, es bilden sich wulstige Knochenvorsprünge, die sogenannten Osteophyten. Diese Deformierung des Knochens ist manchmal sogar sichtbar und spürbar und schränkt die Beweglichkeit des Gelenkes zunehmend ein. Schreitet der Prozess weiter fort, wird der Gelenkspalt immer enger. Auch der Knorpelschaden breitet sich durch die zunehmende Belastung auf immer kleiner werdende Gelenkanteile weiter aus. Die Patienten leiden unter phasenweisen Schmerzen, Schwellungen, Muskelverspannungen und Bewegungseinschränkungen im Bereich des betroffenen Gelenkes.
Spätstadium
Greift man in diesen fortschreitenden Krankheitsprozess nicht ein, wird die Knorpelschicht nach und nach vollständig abgerieben und die darunter liegenden Knochen liegen frei. Die gelenkbildenden Knochen reiben dann direkt und ohne Schutz aufeinander. Ist der Gelenkspalt im Endstadium